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Als Newt dann eines Tages zu mir kam und fragte: „Na Grünschnabel, schon gespannt auf den Frischling?", realisierte ich gar nicht so wirklich, dass schon wieder ein Monat vergangen war. Die Zeit war so unglaublich schnell vergangen. Minho hatte Recht, man gewöhnte sich tatsächlich schnell an all das hier. Es erschien einem normal.

Weil wir uns relativ sicher waren, dass es wieder ein Junge sein würde, gingen wir an dem Tag trotzdem ins Labyrinth. Auch wenn es mir wegen meiner großen Neugier schwer fiel, mich zu konzentrieren. Aber als wir dann am späten Nachmittag zurück kamen hatte ich es sehr eilig die Karten zu zeichnen. Danach schleifte ich Minho direkt zu Newt, weil ich den Frischling unbedingt kennenlernen wollte.

Schnell fanden wir Newt, er stand vor dem Gehöft und redete mit Alby. Als er uns näher kommen sah rief er: „Lass mich raten, ihr sucht nach dem Frischling?" „Wo ist er?", fragte ich als wir vor den beiden zum stehen kamen und konnte meine Neugier dabei kaum verbergen. „Im Bau", entgegnete Alby schlicht. „Ihr habt ihn in den Bau geschmissen?", fragte Minho verwundert, während ich Alby bloß ungläubig anstarrte. „Nein nein, er ist vor lauter Angst weggelaufen und hat sich darin versteckt. Er weigert sich mit uns zu reden oder gar rauszukommen. Der klonkt sich gerade bestimmt die Hosen voll", erwiderte Newt und hob selbstverteidigend die Hände, sah aber ein wenig besorgt aus. „Er ist noch... relativ jung", fügte Alby nach einer kurzen Pause hinzu. „Ich werde mal nach ihm sehen", sagte ich, nahm Minhos Hand und ging mit ihm zum Bau.

Er wollte gerade die Tür aufmachen, doch ich hielt ihn auf. „Nein, warte. Lass mich das lieber machen. Du jagst ihm sonst noch eine Heiden Angst ein." „Bin ich so angsteinflößend?", fragte er und grinste mich an. „Ja, mir hast du zuerst auch ziemlich Angst eingejagt." Sein Grinsen wurde breiter. „Also ist beängstigend gleich unwiderstehlich?" „Halt die Klappe", erwiderte ich lachend und schlug ihm spielerisch auf die Schulter.

Dann trat er einen Schritt zurück und ich öffnete vorsichtig die Tür. Zuerst nur einen spaltbreit, aber genug um einen Blick hinein zu werfen. Ein leises Wimmern war zu hören und ich konnte eine zusammengekauerte Gestalt in der Dunkelheit ausmachen. Ich öffnete die Tür etwas weiter sodass Licht in den Raum fiel. Es war ein etwas stämmigerer Junge mit braunem Lockenschopf. Seine Schultern bebten und sein Wimmern wurde nun zum Schluchzen. Er musste mich bemerkt haben, traute sich aber nicht aufzusehen. Vorsichtig ging ich auf ihn zu und kniete mich vor ihm auf den Boden, woraufhin er plötzlich den Kopf hochriss. Sein rundliches Gesicht war ganz nass, seine Wangen rot und seine Augen verquollen. Er musste schon seit Stunden so hier sitzen und weinen.

Erschrocken blickte er mich an und rutschte ein Stück nach hinten. „Hey, alles gut, du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich tu dir nichts", sagte ich leise und hob beschwichtigend die Hände. „Niemand möchte dir hier etwas tun. Dir passiert nichts, du bist in Sicherheit. Und ich werde dir bald alles erklären, aber zuerst musst du mir sagen wie du heißt." „Ch-Chuck", stotterte er mit piepsender Stimme. „Mein Name ist Claire", erwiderte ich und lächelte ihn aufmunternd an, was zu funktionieren schien. Chuck räusperte sich und sagte: „Das ist ein schöner Name." Er versuchte seine Angst zu überspielen, aber man sah ihm an, dass er noch sehr jung war. Ich schätzte ihn auf ungefähr dreizehn.

„Weißt du was? Ich zeig dir jetzt mal die Küche. Da ist es erstens nicht so dunkel und zweitens kann dir Bratpfanne da etwas ganz tolles zu Essen zaubern", schlug ich vor. „Bratpfanne?", fragte Chuck und blickte mich verwirrt an. Ich musste lachen und erklärte: „Das ist der Spitzname von unserem Koch." „Achso", entgegnete Chuck und musste ebenfalls schmunzeln. „Sollen wir?" „Ja", sagte Chuck nickend und wischte sich die Tränen weg. Ich half ihm hoch und wir verließen den Bau. Vor der Tür erwartete uns ein grinsender Minho. „Und wer bist du?", fragte Chuck und versuchte Minho ernst anzublicken, obwohl er knapp zwei Köpfe kleiner war als er. Nun da ich hinter ihm stand, schien er viel mutiger zu sein. „Mein Name ist Minho." „Chuck", erwiderte er bloß und schaute dann zurück zu mir. „Also wer hat Hunger?", fragte ich, woraufhin sich Chucks Gesicht automatisch aufhellte.

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