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Am nächsten Morgen wachte ich wieder in meinem Zimmer auf. Langsam versuchte ich mich aufzusetzen, wobei das Bett unter mir leise knarzte. Allerdings hatte ich ziemlich heftige Kopfschmerzen, und ich ließ mich gleich wieder zurück auf die Matratze fallen.

Ungefähr eine Viertelstunde später beschloss ich aufzustehen, da die Kopfschmerzen sowieso nicht besser wurden. Also schwang ich stöhnend meine Beine aus dem Bett und stand vorsichtig auf, was eine erneute Schmerzexplosion in meinem Kopf verursachte. Ich war etwas wacklig auf den Beinen, schaffte es aber problemlos zur Tür. Ich öffnete sie und blickte den langen Flur entlang. Niemand war zu sehen. Ich schlüpfte aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir, bevor ich den Flur entlanglief, jetzt schon mit etwas schnelleren Schritten. Dann verließ ich das Gehöft, und die Sonne schien mir angenehm warm ins Gesicht.

Ich ließ meinen Blick über die Lichtung schweifen, bis ich Newt, der direkt auf mich zukam, entdeckte. Er hatte ein breites Grinsen im Gesicht, und seine rotblonden Haare leuchteten golden im Sonnenlicht. „Na, Grünschnabel. Alles okay bei dir?", begrüßte er mich. „Abgesehen von den Kopfschmerzen geht's mir ganz gut. Wieso?", entgegnete ich. „Weil du gestern ziemlich durch warst. Minho musste dich in dein Zimmer tragen", lachte er. Entgeistert schaute ich ihn an, woraufhin sein Grinsen nur noch breiter wurde. „Echt jetzt?", fragte ich. „Du warst gestern sturzbesoffen", bestätigte er. Nun musste auch ich lachen, ich konnte mich beim besten Willen nicht an gestern Abend erinnern. Vielleicht war das auch besser so.

Ich blickte zu einem der Tore und fragte mich, was Minho wohl gerade machte. Wenn ich mich richtig erinnerte, lief er gerade durch's Labyrinth und versuchte einen Ausweg zu finden. Irgendwie fühlte ich mich nutzlos, weil er versuchte uns allen zu helfen und ich nichts tat.

Newt folgte meinem Blick, als ich fragte: „Also ist Minho gerade da draußen?" Er nickte und sagte: „Aber mach dir keine Sorgen, Grünschnabel. Bis jetzt hat er's noch immer geschafft." „Was passiert, wenn er es nicht schafft?", hakte ich nach. Newt seufzte und starrte auf den Boden, das konnte nichts Gutes bedeuten. „Ich hoffe, dass du das nie miterleben musst", antwortete er schließlich und schaute mir traurig in die Augen. Nach ein paar Sekunden hellte sich seine Miene aber wieder auf und er sagte: „Okay, also ab heute arbeitest du jeweils einen Tag für einen der Hüter, damit wir herausfinden, für welchen Job du geeignet bist." Ich nickte und erwiderte: „Bei wem fange ich an?" „Bratpfanne, er ist der Hüter der Köche", entgegnete er. „Und warum fange ich da an? Weil ich eine Frau bin, oder was?", lachte ich und verdrehte leicht genervt die Augen. Newt fing ebenfalls an zu lachen. Schließlich sagte er: „Komm, ich bring dich mal in die Küche."

Newt führte mich in die Küche, wo bereits ein stämmiger, dunkelhäutiger Junge, der eine befleckte Schürze trug, auf mich wartete. „Da ist ja unser Frischling", sagte er, als wir reinkamen. „Claire, das ist Bratpfanne, unser Meisterkoch", stellte Newt ihn mir vor. „Da hat er absolut recht", lachte Bratpfanne und klopfte Newt auf die Schulter. „Ich geh dann mal wieder, hab noch viel zu tun. Bis heute Abend dann", verabschiedete sich Newt und verschwand aus der Küche. „Bis später!", rief ich ihm noch hinterher, aber ich bezweifelte, dass er es gehört hatte.

„Das ist unser Newt. Immerzu am arbeiten der bekloppte Strunk", witzelte Bratpfanne. „Ja, das habe ich auch schon gemerkt", entgegnete ich lachend. „Weißt du, Ordnung ist für ihn das wichtigste. Er kann es nicht leiden, wenn irgendjemand aus der Reihe tanzt. Er sagt immer, dass dann alles auseinander brechen würde. Dann würde hier gar nichts mehr funktionieren", erzählte Bratpfanne, während er Messer, Teller und andere Sachen aus Schränken und Schubladen holte. „Ja", sagte ich etwas gedankenverloren, während ich mit meinem Finger das Muster in dem Holztisch nachzeichnete.

„Egal, genug davon. Lass uns anfangen, wir müssen schließlich einige hungrige Mäuler stopfen", grinste er und drückte mir sofort ein Messer in die Hand. „Fang schon mal an, das Gemüse zu schneiden", fügte er noch hinzu, und begann selbst damit, das Fleisch zu verarbeiten.

Kurz nach dem Mittagessen, was uns ziemlich gut gelungen war, begannen wir auch schon mit dem Abendessen. Bratpfanne war nett und wir witzelten viel herum. Alles in allem war es ein lustiger, aber auch sehr anstrengender Tag. Ich glaube nicht, dass ich das jeden Tag machen könnte. Auch, weil ich den ganzen Tag nur herum stand und irgendwelches Gemüse zerhackte. Ich muss mich bewegen, muss mich körperlich betätigen. Der Job in der Küche war also schon mal nichts für mich.

Schließlich war ich froh, als wir das Essen ausgeteilt hatten und ich selbst meine wohlverdiente Portion in den Händen hielt. Ich setzte mich damit etwas abseits an einen Baum am Waldrand und schaute in den immer dunkler werdenden Himmel, während ich begann zu essen. Als ich schon fast fertig war, sah ich auf einmal jemanden auf mich zukommen. Es war Minho. Er setzte sich neben mich und blickte ebenfalls in den Abendhimmel.

Ich hatte ihn den ganzen Tag lang nicht gesehen, weswegen ich mich jetzt umso mehr freute, dass er zu mir kam. Die inzwischen leere Blechschüssel stellte ich neben mir im Gras ab. Als sich vorhin die Tore geschlossen hatten und ich Minho nirgends entdecken konnte, hatte mich kurz der Gedanke beschlichen, er hätte es nicht geschafft. Doch hier saß er, mit dem üblichen Grinsen im Gesicht.

„Und, wie war's heute bei Bratpfanne? Die Suppe hat jedenfalls klasse geschmeckt", sagte er schließlich und schaute mich an. „Es war ganz okay, aber ich glaube nicht, dass das was für mich ist. Und danke, habe mir auch viel Mühe dabei gegeben", erwiderte ich und schaute ihn ebenfalls grinsend an.

Eine Weile schwiegen wir uns an, dann traute ich mich schließlich es anzusprechen: „Also, das gestern Abend-„ „war ziemlich lustig. Wenn du betrunken bist, bist du echt niedlich", schnitt er mir das Wort ab und sein Grinsen wurde breiter. Ich wurde leicht rot, versuchte es aber zu vertuschen, indem ich erwiderte: „Ich bin also niedlich?" Jetzt war er es, der beschämt wegschaute. Ich grinste triumphierend und rückte etwas näher an ihn heran. Seine warmen, dunklen Augen blickten nun wieder mich an. Ich sah ihm an, dass er nervös war, und es gefiel mir. Sein süffisantes Grinsen war auch verschwunden und ich hatte ihn anscheinend damit komplett aus der Fassung gebracht. Doch von einem Moment auf den anderen schien er sich wieder zu fangen und kam mir näher. Er hauchte einen Kuss auf meine Wange und flüsterte in mein Ohr: „Das kriegst du zurück." Dann stand er auf und verschwand, ließ mich einfach so da sitzen.

Eine Weile blieb ich noch sitzen und dachte an seine schönen dunklen Augen, wie sie mich ansahen. Dieser Blick brannte sich in mein Gedächtnis und ließ mich nicht mehr los. Irgendwann wurde ich jedoch müde und ging ins Bett.

Während ich schlief, hörte ich auf einmal eine Stimme, die immer wieder meinen Namen flüsterte. „Claire... Claire... Claire!" Langsam öffnete ich meine Augen und blickte direkt in die von Newt. „Was ist?", murmelte ich. „Aufstehen Grünschnabel, die Arbeit ruft!", sagte er während er mich aus dem Bett zog. Ich stand auf und stöhnte: „Ist es schon morgen?" „Jap und die Arbeit wird nicht weniger also komm", tadelte er mich und zog mich zur Tür. Ich mochte Newt wirklich aber sein Arbeitsenthusiasmus ging mir ziemlich auf die Nerven. Wer konnte denn bitte am Morgen schon wach sein und sich auf Arbeit freuen?

Wir verließen das Gehöft und die Sonne blendete mich, weswegen ich zuerst meine Augen zusammenkneifen musste.

„Also bei wem arbeite ich heute?", fragte ich schließlich. Newt wollte gerade etwas sagen, da ertönte eine Stimme hinter mir. „Bei mir." Augenblicklich drehte ich mich um und der Anblick der sich mir da bot, erfüllte mich nicht gerade mit Freude. Es war Gally.

Just Human ⎡ The Maze Runner ⎦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt