Kapitel 30

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Diese Nachricht musste ich erst einmal verdauen. Wie konnten wir nicht vorher darauf kommen? War es vielleicht viel zu offensichtlich? Natürlich kennt man aus Büchern, dass Dämonen für den Teufel arbeiten, aber dass dem wirklich so ist? Wer hätte das schon wissen können. 

Aber andererseits sagt Cole 'in der Regel'. Und die Ausnahme bestätigt doch die Regel, oder? Zudem hatte Hunter gesagt, dass er beurlaubt wurde, also war er bestimmt nicht im Auftrag von ihm hier, oder?

Hunter hatte daraufhin noch immer nichts gesagt. Er schwieg und sah auf den Boden. War es ihm peinlich? 

»Sag was dazu, Hunter«, kam es von Mary, die ihn musternd ansah. Ihr Blick hatte etwas enttäuschtes an sich. Ich wusste wie sie sich fühlte. Erst Julien, dann hat uns Arizona ihre Fehltritte gebeichtet und dann auch noch Hunter? Das wäre zu viel. 

»Was soll ich sagen? Abstreiten kann ich es nicht«, entgegnete er und seufzte dabei. Nein, das konnte er nicht. Aber er konnte sich verteidigen. Sagen, dass er uns nicht hintergehen will und nie wollte. Dass er unser Freund ist. 

Sein Blick wanderte zu mir. »Ich habe keine Freunde, nur Verbündete.« Das war die Antwort auf meinen Gedankengang. Sie erinnerte mich ein wenig an Jorge, der sich auch niemals als Freund bezeichnen würde. 

Es kehrte Stille in den Raum. Niemand sagte noch irgendetwas. Das einzige, was zu hören war, ist das Brabbeln von Sydney während sie auf dem Boden spielt. Als niemand auch nur wagte irgendetwas zu sagen, begann ich zu sprechen. 

»Es spielt keine Rolle. Solange du uns nicht schaden willst, ist mir egal, für wen du arbeitest.« Ich versuchte es so ehrlich klingen zu lassen wie ich konnte. Nicht, dass ich es nicht ehrlich meinte, aber ich wollte meine Enttäuschung, die dennoch vorhanden war, nicht durchklingen lassen. 

Überrascht sah er zu mir. Das überraschte ihn? Er kann meine Gedanken lesen, das sollte ihn nicht überraschen. Niemanden sollte es überraschen. Und Mary konnte man ansehen, dass sie mit meiner Reaktion gerechnet hatte, denn sie seufzte. 

Doch mir war egal was sie dachte. Wenn wir Arizona nicht verurteilten, durften wir es bei ihm auch nicht. Zudem wussten wir sehr wenig über die Lebensweise von Dämonen. Eigentlich wussten wir mit hängen und würgen gerade einmal wie man sie töten konnte. Das war es dann auch schon. 

Schlussendlich willigte Cole ein uns zu helfen, betonte aber, nicht sein Leben für irgendeinen von uns aufs Spiel zu setzen, womit wir alle leben konnten. Hauptsache er half uns. Kurz darauf kam Riley aus dem Schlafzimmer. 

Er war still als er sich zu uns gesellte und blieb dies auch, als Mary ihm alles erzählte. Das einzige was er tat, war zu nicken. Würde er uns trotz des Streits helfen? Ich hoffte es. Vielleicht wird bald Gras über die Sache gewachsen sein. 

* * *

Am nächsten Tag war es so weit. Heute sollte es geschehen. Heute wird Sasha sterben. Justin war in der Nacht zurückgekehrt und hatte sich für sein Verhalten entschuldigt. Wir haben lange darüber geredet und am Ende habe ich ihm auch gebeichtet, weshalb Arizona so sauer auf ihn war. Er konnte es verstehen. Riley hingegen hat die Nacht bei Hunter auf dem Sofa verbracht. 

Schon recht früh kam Mason an. Justin, Mary und ich umarmten ihn. Auch Hunter grüßte ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ob Mason wusste, für wen Hunter arbeitet? Irgendwie denke ich schon. 

Fragend sah Mason sich um. »Samuel?« Er brauchte nur den Namen erwähnen und schon fühlte ich mich wieder schlecht. Mason und Samuel waren nie Freunde und das wären sie bestimmt nie geworden, doch er hatte gerade begonnen zu akzeptieren, dass er ein guter Freund von uns allen war. 

Justin erklärte ihm die Lügengeschichte, obwohl er nicht einmal wusste, dass es eine Lüge war. Doch als einziger von allen, die es bis jetzt erfahren haben, runzelte Mason verwirrt die Stirn. 

»Samuel ist abgehauen? Ich halte nicht viel von ihm, aber er würde euch nie einfach zurücklassen«, entgegnete er. Da hatte er recht und es war nur eine Frage der Zeit, bis die anderen das auch eingesehen hätten. Doch Mason beschleunigte den Prozess. 

Jedoch zuckte Mary nur die Schultern. Scheinbar wollte sie es sich nicht anmerken lassen, wie sehr es sie noch immer verletzte. Erst ist die Beziehung zerbrochen und jetzt scheint es so, als würde ihm unsere Freundschaft nichts mehr bedeuten. 

»Er war nicht mehr er selbst, Mason. Vielleicht ist das ja der Grund«, meinte Justin. Und danach sagte Mason nichts mehr dazu. Er schien diese Antwort zu akzeptieren. Wir redeten über den Tagesablauf. Justin hatte uns allen erzählt, wo Sasha sich aufhalten würde. Gestern war er noch einmal bei Julien, der ihm versicherte, dass er Sasha nichts erzählt habe. 

Doch wir würden erst am Abend gegen ihn vorgehen. Jeder von uns wird eine Spritze voll mit Blut von Hunter haben und diese benutzen. Hunter selbst würde uns nicht helfen sondern stattdessen hier bei Sydney bleiben. 

Als jemand der nur Gedanken übertragen und lesen konnte, wäre er uns so oder so keine Hilfe gewesen. Er würde jedoch mitbekommen, wenn jemand hier her kommen sollte. Und er würde Sydney beschützen, dafür hatte er mir sein Wort gegeben. 

Jedoch hatte dieser Plan auch einen Nachteil. Würden die Spritzen kaputt gehen, hatten wir ein riesen Problem, denn ohne sie konnten wir Sasha nicht besiegen. Und nicht nur, dass Hunter nicht dabei war, es war sogar das letzte Blut, was er uns für eine Weile geben konnte. 

Tagsüber würden wir uns vorbereiten. Riley und ich sollten noch einmal trainieren und die Waffen überprüfen. Aus genau diesem Grund machten wir uns auf den Weg nach draußen zu seinem Auto. Seit gestern hatten wir kein Wort mehr miteinander gesprochen. 

Auch im Auto blieb es still. Es war komisch, denn noch vor kurzem hätte ich ihn als einen der besten Freunde bezeichnet, die ich je hatte. Das war er noch immer für mich, doch irgendwas sagte mir, dass er nicht so empfand. 

Wir kamen an dem See an, an dem wir schon immer trainiert haben. Riley packte Bogen und Pistole aus. Dann setzte er sich in den Kofferraum und begann seine Messer zu schärfen. Ich seufzte und nahm die Pistole, mit der ich dann auf eine Zielscheibe schoss. 

Ich war nicht aus der Übung und ich würde es auch nie wieder sein. Wenn man so viele Wesen der Nacht kennt, dann sollte man sich zu verteidigen wissen. Irgendwann hatte ich genug und mein Blick wanderte zu Riley, der sich nun seinem Bogen widmete. Mich hingegen ignorierte er weiterhin. 

Seufzend steckte ich die Waffe ein und ging zu der kleinen Brücke, die auf den See hinaus führte. Dort setzte ich mich hin und beobachtete das blaue Wasser. Wäre es Sommer, dann würde ich auch meine Beine hineinbaumeln lassen. 

Der See war nicht gefroren, auch wenn überall auf dem Land drumherum Schnee lag, was seltsam war, denn ich glaube, dass es zum gefrieren kalt genug war. Während ich so in Gedanken vertieft war, packte mich etwas an den Beinen und zog mich ins Wasser. Es kostete mich alle Mühe und Kraft, mich an dieser Brücke festzuhalten. 

»Hilfe!«, schrie ich und hoffte inständig, dass ich Riley noch irgendwie wichtig war. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit und ich konnte mich nicht mehr lange halten. Zudem war das Wasser eisig kalt. 

Ein Schatten verdeckte plötzlich die Sonne und ich sah nach oben. Riley hielt mir seine Hand hin, welche ich sofort ergriff. Es kostete auch ihm alle Mühe, um mich dort hinauszuziehen. Nebeneinander lagen wir auf dieser Brücke. 

Schnell stand Riley auf und half mir auf. Dann zog er mich zum Auto, aus dem er eine Decke herausholte und sie mir umlegte. Ich setzte mich in den Kofferraum und sah ihn an. 

»Mich haben menschliche Hände dort reingezogen. Was bitte war das?«, wollte ich zitternd wissen. Er packte alle Sachen zusammen, bevor er mich ansah. »Meerjungfrauen, vermute ich mal.« Meerjungfrauen? Aber leben die nicht in einem Meer? Was zur Hölle machen die in einem See und weshalb habe ich nie erfahren, dass sie existieren?

dark night ➹ j.b ✓Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ