Sie war bereits draußen als ich sie einholte. Es war noch immer dunkel und kalt. Ich griff nach ihrem Arm, weshalb sie stehen blieb. Verweint sah sie mich an. 

»Riley hasst mich«, sagte sie und begann wieder zu weinen. Daraufhin nahm ich sie in den Arm und strich ihr sanft über den Rücken. 

»Er hasst dich bestimmt nicht«, versuchte ich sie zu beruhigen, doch es gelang mir nicht wirklich. Doch als es mir zu kalt wurde, löste ich mich aus der Umarmung, griff nach ihrer Hand und zog sie in die Richtung eines Cafés, welches langsam öffnete. Nach kurzem nachfragen durften wir uns schon hineinsetzten und bestellten uns einen Kaffee. 

Arizona ging kurz zur Toilette und kam nach nur wenigen Minuten wieder. Sie setzte sich in den Sessel, welcher mir gegenüber stand und nahm ihren Kaffee. An diesen nippte sie kurz. 

»Weshalb habt ihr euch gestritten?«, fragte ich vorsichtig nach einer kurzen Zeit der Stille. Sie sah aus dem Fenster hinaus nach draußen, wo gerade die Sonne begann langsam aufzugehen. 

Es würde noch eine Weile dauern, bis es vollends hell draußen war. Doch der Schnee ließ es ein wenig heller wirken und auch die Straßenlampen verfehlten ihre Wirkung nicht. Arizona wirkte ein wenig ängstlich, als würde ich genauso reagieren wie Riley es tat, wenn sie es mir erzählt. 

Dabei musste sie mich doch gut genug kennen um zu wissen, dass ich nicht wie Riley war, egal wie gut er und ich befreundet waren. Riley reagierte schnell über. Eine Eigenschaft, die er vermutlich von seinem gewalttätigen Vater hatte. Kinder eignen sich häufig die Eigenschaften der Eltern an, weshalb Justin und ich aufpassten, was wir Sydney sehen ließen. 

»Ich habe ihm von meiner Vergangenheit erzählt«, sagte sie schlussendlich. Noch immer sah sie nach außen. Sie hatte nie über ihre Vergangenheit gesprochen, doch für keinen von uns war das je ein Thema gewesen. Jeder hatte eine Vergangenheit. Man musste nicht darüber reden. Wir lebten im hier und jetzt. 

»Was ist so schlimm daran?«, hakte ich nach und trank einen Schluck aus meinem Kaffee. Erst jetzt sah sie zu mir. Ihre braunen Augen wirkten traurig und ein wenig leer. 

»Ich bin nicht nur zwei Jahre älter als Riley«, antwortete sie darauf. Verwirrt sah ich sie an. Für Riley war es kein Problem gewesen, eine ältere Freundin zu haben. Doch ich verstand gerade nicht, was sie sagen wollte. 

Eine Weile war es still zwischen uns. Man konnte lediglich die vorbeifahrenden Autos hören, bevor sie dann endlich weiter sprach. 

»Meine Familie war adelig. Etwas seltenes damals«, gab sie von sich. Erst wollte ich nachfragen, was sie mit 'damals' meinte, doch dann ging mir ein Licht auf; Arizona war nicht nur eine Hexe sondern auch unsterblich. Sie hat schon zu früherer Zeit gelebt. Aufmerksam folgte ich weiter ihren Worten. 

»Ich wuchs wie jedes adelige Kind mit Bildung auf und konnte drei verschiedene Sprachen sprechen. Dabei kam der Spaß mit meinen Geschwister aber nie zu kurz.« Während sie davon erzählte, lächelte sie. 

Ich konnte mir nicht vorstellen wie es war damals zu leben, auch wenn Justin und Mary oft davon erzählt hatten. Beide waren nicht adelig gewesen, doch hatten Marys Eltern gute Beziehungen zu Männern von Rang. So auch die von Justin. Auch sie waren also nicht in Armut groß geworden. 

»Doch ich hatte schon als Kind gelernt vorsichtig zu sein, denn Hexen wurden zu dieser Zeit verfolgt. Aus Angst legte meine Mutter einen Zauber über mich, der mich unsterblich werden ließ. Für diesen Zauber ließ sie ihr Leben«, erklärte sie weiter. Ihre Mutter muss sie sehr geliebt haben, wenn sie für sie gestorben ist. 

»Mein Vater heirate bald neu, doch konnte Mutter nie vergessen. Er behandelte mich deshalb liebevoll. Mit 23 hörte ich plötzlich auf zu altern. Durch die Unsterblichkeit nahm ich mir im Elternhaus einige Freiheiten raus. So heiratete ich zum Beispiel nie einen Mann, sondern ließ meiner Schwester den Vortritt.« Auch da musste sie lächeln und ich fragte mich, wie eine Hochzeit damals stattfand. 

dark night ➹ j.b ✓Donde viven las historias. Descúbrelo ahora