Es war vermutlich beides. Mitleid, weil es seine Familie war, die Sasha gefangen hielt und Wut, weil er es uns nicht anvertraut hatte, als er uns kennengelernt hatte. Wir hätten ihm doch geholfen. Er hätte nur fragen müssen. 

Justin schnaubte und fuhr sich durchs Haar. Er schien genauso zu empfinden wie ich. Vielleicht lag es auch daran, dass wir drei Jahre mit ihm in einem Haus verbracht hatten. Drei verdammte Jahre in denen er hätte auspacken können. 

»Wir helfen dir«, sagte er schließlich, was Julien überrascht aufblicken ließ. Auch Mary sah zu Justin, als könnte sie nicht glauben, was er gerade sagte. Denn 'wir' würde bedeuten, dass auch sie gemeint war und darauf schien sie nun überhaupt keine Lust zu haben. 

»Und danach verschwindest du mit deiner Familie aus unserem Leben, ist das klar?«, sprach er weiter. Julien nickte und stand auf. Also stand es fest; wir würden ihm dabei helfen, seine Familie von Sasha zu befreien. Doch dazu bräuchten wir zu allererst einen Plan, um ihn zu töten und den hatten wir nicht. 

* * *

Zuhause erzählte Arizona aufgebracht davon, dass Samuel geflohen sei. Hunter und Riley sahen zu mir. Möglichst unauffällig nickte ich ihnen zu, um ihnen mitzuteilen, dass die anderen das ruhig erst einmal glauben sollten. Wenn alles vorüber wäre würde ich es ihnen erzählen. 

Nachdem sich alle erst einmal um Samuel sorgten, erzählten wir Arizona beim Abendessen die Sache von Julien. Dieser würde morgen früh vorbeikommen, um sich mit uns einen Plan zu überlegen. 

»Ich habe mit Travis telefoniert«, sagte Arizona. »Eigentlich um ihn über Samuel zu informieren, doch ich habe auch die Initiative ergriffen und ihn über Dämonen ausgefragt. Er ist recht alt, vielleicht hätte er etwas wissen können, was wir nicht wissen.« Nun hatte sie die Aufmerksamkeit von uns allen. 

Sie erklärte, dass er uns die Sache mit dem Dämonenblut hätte sagen können. Und dass wir vorsichtig dabei seien sollen, Hunter zu trauen. Dabei entschuldigte sie sich gleich dafür und sagte, es seien Travis' Worte gewesen. Hunter nickte nur. 

Wir waren also am Ende nicht schlauer als vorher, denn Travis wusste nicht viel mehr als Hunter, doch er würde seine Augen und Ohren für uns offen halten. 

»Und liebe Grüße von Jaxon«, fügte sie noch hinzu, was Justin lächeln ließ. 

Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, kümmerten sich Arizona und Mary um das Geschirr. Riley und Hunter machten es sich währenddessen auf der Couch gemütlich und Justin brachte Sydney zusammen mit mir ins Bett. 

Ich küsste ihre Stirn bevor ich Justin ansah. Dann umarmte ich ihn einfach. Ich erzählte ihm nicht weshalb, doch das wollte er auch überhaupt nicht wissen. Langsam streichelte er meinen Rücken während ich mich an ihn presste. Genau das brauchte ich jetzt. Ihn. Nur ihn. 

* * *

Am nächsten Morgen war ich die erste, die wach war. Durch den Hunger getrieben, ging ich in die Küche. Dort versuchte ich mir lautlos ein Toast mit Nutella zu bestreichen, als ich Schritte hinter mir hörte. Panisch drehte ich mich mit dem Messer um und ließ dabei das Toast fallen. 

Hunters braune Augen sahen erst mich an und dann zum Toast hinunter, welches er aufhob. »Das hat das Toast nicht verdient«, sagte er und schmiss es sofort in den Mülleimer. 

Ich hingegen atmete erleichtert aus, denn es war nur Hunter und nicht Julien oder Sasha. Auch, wenn Julien uns gestern alles erzählt hatte, traue ich ihm nicht. Um ehrlich zu sein hatte ich panische Angst. 

Besorgt blickte Hunter mich dann an. »Ist alles in Ordnung?« Ich wollte nicken, doch ich konnte es einfach nicht. Stattdessen bildeten sich erneut Tränen in meinen Augen. Hunter wirkte ein wenig verzweifelt, nahm mich dann jedoch in den Arm. 

»Alles wird wieder gut, okay?«, sagte er. Noch immer schien er keine Ahnung zu haben, wir er mich beruhigen könnte. Er hatte wohl nicht so viel Erfahrung mit menschlichen Emotionen. Aber er hätte auch so nicht wissen können, dass er mich nicht hätte trösten können. 

Nach einer Weile lösten wir uns voneinander und ich schmierte mir erneut ein Toast. Er bat mich, von Samuel zu erzählen, denn er war der Meinung, mir würde es dann besser gehen. Also erzählte ich ihm von ihm. 

Ich erwähnte das erste Treffen, bei dem er mir eine riesen Angst eingejagt hatte. Dann von den Hexen, bei denen er mir das Leben rettete und schließlich, wie wir alle irgendwie Freunde wurden. Und er hatte recht; mir ging es wirklich ein wenig besser. Jedenfalls bis es an der Tür klopfte. 

Wir sahen uns an bevor wir zur Tür gingen. Hunter lief voran und ich schnappte mir die Pistole von der Theke. Als Hunter die Tür öffnete und ich sah, wer vor mir stand, packte mich die blanke Wut. Es war Jorge.

Ich ließ die Pistole auf den Boden fallen - dabei war mir egal, dass das laut war - und scheuerte ihm eine. »Wegen dir ist er tot!«, sagte ich, bemüht darum, leise zu sprechen. Doch Jorge sah mich nur fragend an. Erst nach einer Weile schien er zu verstehen. »Samuel«, kam es geschockt von ihm.

dark night ➹ j.b ✓Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu