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"Warte!", ruft eine tiefe, mir nur allzugut bekannte Stimme als wir gerade über den Parkplatz gehen. Ich rede mir einfach ein, er meint nicht uns und halte meinen Kopf weiterhin gesenkt. Mr. Styles aber greift nach meiner Hand und zwingt mich und auch Marc, stehen zu bleiben.

"Es tut mir leid, das war nicht angebracht von mir.", sagt er und sieht mir dabei in die Augen. Seine Augen, die diesen unverwechselbaren Grünton haben, sehen mich an als könnte er meine Gedanken lesen und meine inneren Kampf sehen. Ich nicke nur, vertraue meiner eigenen Stimme in diesem Moment nicht mehr. "Tammy lass uns gehen.", sagt Marc neben mir. Ich hatte kurz vergessen, dass er neben mir steht. Wieder nicke ich nur, lehne mich gegen Marc und lasse zu, dass er mich zu seinem Auto schiebt. Bevor ich einsteige, sehe ich über meine Schulter zurück. Mr. Styles steht noch immer mitten auf dem Parkplatz und sieht in unsere Richtung. Durch die Laternen kann ich seinen Gesichtsausdruck erkennen und als ich leicht lächle, heben sich auch seine Mundwinkel und er hebt seine Hand um mir zu zuwinken.

***

Sonntagmorgen sitze ich an einer Eiche gelehnt am Boden und sehe über die Felder hinterm Haus. Geschlafen habe ich kaum die letzten Tage, Mums und Dads Geschrei hat mich wachgehalten. Es wird sich niemals ändern, sie werden nicht aufhören sich zu streiten. Sie tun es ständig, wegen jeder Kleinigkeit. Mum hat etwas vergessen einzukaufen? Dad wird sauer und schreit. Mum räumt etwas nicht weg? Dad schreit, dass er nicht umsonst arbeiten geht und er der Grund ist weshalb wir ein so schönes Leben haben und meine Mutter doch wenigstens etwas tun könnte. Dass sie den ganzen Tag selbst arbeitet und das Haus sauber hält, interessiert ihn nicht, er bekommt es nicht einmal mit.

Jedes Mal Frage ich mich, wie lange sie das noch so wollen. Wie lange wollen sie noch so miteinander leben? Ich verstehe nicht, wieso man sein Leben mit jemanden verbringen möchte, der einem nur schmerzen zufügt, seelische schmerzen. Jemand der die Liebe die man einem schenkt nicht wertzuschätzen weiß.

Das knacksen von Ästen hinter mir holt mich aus meinen Gedanken zurück in die Realität. Schwarze Turnschuhe neben meinen Knien hinterlassen Spuren im weichen Waldboden. "Es ist etwas beunruhigend jemanden früh morgens auf dem Waldboden vorzufinden.", ich lehne meinen Kopf nach hinten, sehe den grünäugigen Mann an, der mit einen amüsierten Gesichtsausdruck in die ferne sieht.

"Darf ich?", er deutet auf den Platz neben mir und ich Nicke, sehen dabei zu wie er sich mit komischen Bewegungen niederlässt und mich ansieht. "Wie kommt es dazu, dass du in aller Frühe hier draussen sitzt?", er wendet seinen Blick von mir ab, sieht in die aufgehende Sonne und schweigt. Ich höre seine schweren Atemzüge, spüre wie sich sein Oberkörper auf und abbewegt und spüre auch, als er seine Hand hebt um über seine Stirn zu streichen.

"Ich mag den Sonnenaufgang.", murmele ich vor mich hin, denke nicht daran, ihm irgendetwas von meiner Familiengeschichte zu erzählen. Erst jetzt nehme ich ihn richtig war, seine Haare, die zu einem Dutt nach hinten gebunden sind, bringen seine Wangenknochen und Kieferknochen noch mehr zur Geltung. Ich sehe wie sich seine Lippen bewegen, doch höre kein einziges Wort, das diese verlässt.

"Heb dir noch etwas für die anderen Tag auf.", sagt er dann plötzlich, drückt seinen Zeigefinger leicht in meinen Arm. "Was aufheben?", ich Schlinge meine Arme um meinen Oberkörper, merke erst jetzt wie kalt es wirklich ist. "Du starrst mich an, heb dir etwas auf.", sein rechter Mundwinkel hebt sich und er grinst schief. Ein "oh" verlässt meinen Mund als ich nach unten sehe. "Oh.", macht er mich nach, legt seinen arm um meine Schulter und zieht mich an sich.

Mein Körper passt sich seinem Körper an, mein Kopf sinkt gegen seine Schulter doch mein Gehirn sagt, dass ich aufstehen soll und gehen soll. "Du denkst zu viel, erzähl mir von deinen Gedanken.", sagt er, als würden wir uns schon ewig kennen, als würde ich ihm erzählen wieso ich hier sitze. "Du bist mein Chef, du kennst mich nicht und ich kenn dich nicht. Dass hier ist nicht richtig und das im Club, war auch nicht richtig.", Rede ich vor mich hin, entferne mich etwas von ihm und will aufstehen. "Ich heiße Harry Styles, ich bin 22, hab eine Firma, meine Eltern sind toll, ich wollte früher immer Astronaut werden, meine Schwester hat diese perfekte Vorort-Vorzeige Familie, mein rechter Fuß ist etwas schief weil ich ihn mir mit zehn Jahren gebrochen habe und nicht zum Arzt gegangen bin, eigentlich habe ich nicht mal jemandem gesagt, dass mein Fuß blau war und schief und ich schweife ab.", er lacht leicht und auch auf meine Lippen schleicht sich ein kleines lächeln. "Ich liebe meinen Neffen, er heißt Tyler und Gemma ist meine Schwester. Ihr Mann heißt Alexander, komischer Mann aber nett, kümmert sich gut um sie, mein Dad ist der Grund wieso ich hier bin, wegen ihm hab ich diese Firma, meine Mum hat ein paar Katzen und verbringt die meiste Zeit im Garten, ich liebe es ihr zu helfen, Blumen einzusetzen aber eigentlich beobachte ich sie nur, sie ist jetzt immer so glücklich.", er redet ohne Punkt und Komma, lächelt als er von seiner Mutter erzählt. "Achso und mein Lieblingsessen ist Curry mit Reis.", jetzt lache auch ich etwas, lasse mich wieder zu ihm ziehen. "Ich bin kein schlechter Mensch.", ergänzt er und ich fühle mich schuldig. "Ich weiß was man über mich sagt, dass ich arrogant sei, viele Frauen hätte, alles mit Geld kaufe. Aber ich bin nicht so.", sein Lächeln ist traurig und ich würde mich gerne selbst dafür schlagen, so über ihn gedacht zu habe. Ich kenne ihn noch immer nicht, ich weiß Dinge über ihn, die die er mir erzählt hat, aber kennen tu ich ihn immer noch nicht.

"Wir sehen uns Montag.", er zieht mich kurz noch enger an sich, sieht zu mir herab, bevor er aufsteht und zurück in die Richtung geht, aus der er gekommen ist.

Memories | H.S.Where stories live. Discover now