die einsame Puppe

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Den Schlaf der letzten Nacht darf sie nun im Unterricht nachholen. Den Kopf auf dem Tisch und die Arme darum geschlungen lässt sie eine Stunde nach der anderen an sich vorbei ziehen. Niemand sagt etwas oder versucht sie zu wecken, denn wer will schon jemanden wie dieses wahnsinnige Wesen aus dem Land der Träume holen und dann auf sich selbst los hetzen. Mit einem Löwen zu kämpfen wäre wohl viel angenehmer.
Naja, eine Person ausgeschlossen...

Nach dem Klingeln der dritten Stunde ist die große Pause angesagt und dann tritt er vor ihren Tisch und kiptt ihr einfach ein Glas mit Wasser über den Kopf. Sie zuckt nicht auf, schreit nicht oder tut sonst etwas, außer dem Knurren das kurz darauf kommt:"Ich hoffe du hast dein Testament gemacht!" meint sie leiser und hebt den Blick, nur um in ein verdammt fröhliches Gesicht zu blicken. Drake... Timothy Drake. Ein Junge den sie einfach nicht ausstehen kann, aber sie nicht in Ruhe lässt, egal zu welcher Tageszeit.
"Guten Morgen!!" trällert er übertrieben und sie verzieht kurz das Gesicht:"Wurdest du schonmal aus dem Fenster geworfen?" fragt sie und er zuckt mit den Schultern:"Hab schon vieles gemacht, aber das wäre auch mal eine Idee." Sie verdreht die Augen:"Kannst du dir nicht ein anderes Opfer suchen? Ihr Superhelden seid so nervig wie Schmeißfliegen. Das Gute hier und das Gute da... mir wird schlecht." Er zuckt nur mit den Mundwinkeln und setzt sich ihr gegenüber:"Und ihr Bösewichte seid nicht anders: Böse hier ... Böse da-","Nein! nein! Nein! Nein! Du verstehst das wohl etwas falsch! Wir sorgen für den Spaß derjenigen, die keinen auf eine bestimmte Art haben dürfen, weil sie ja dann als gestört und als Mörder bezeichnet werden."
Wieder seufzt er nur über ihre Aussage:"Aus dir werdeich einfach nicht schlau." Sie grinst:"Ich selbst auch nicht." Wie klar das war.

Eine Weile schweigen sie, bis er die Stille bricht:"Gut, ehm.. hast du schon gehört? Heute kommen Leute und wir sollen so Berufswünsche und von den Berufen unserer Eltern erzählen!" Ganz stolz lächelt er:"Da, solltest du nicht schlafen, da kommt dann ein Polizist!" Wie ein kleines Kind freut er sich nun und sie zieht eine Augenbraue hoch, dann räuspert sie sich. Helden waren ihr oft ein Rätsel....

"UHHH!! TOLL!" sagt sie übertrieben freundlich und begeistert, dann haut sie die Ellenbogen auf den Tisch und stützt ihren Kopf auf den Handballen:"Soll ich dann gleich mal beginnen? So zum Einstieg von meinem Vater und seinem ober coolen Job, wo man Mafiabosse und Polizisten die Kehlen aufschneidet berichten. Das ist dann bestimmt richtig spannend und die freuen sich dann alle!!" Timothy murrt etwas, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme im Nacken:"Deine Mutter? Ich meine von ihr kannst du ja erzählen oder ist die auch eine verrückte Ir-" Schlagartig ist sie aufgestanden und starrt ihn bedrohlich an, bevor sie sich über den Tisch beugt und ihn zu sich zerrt:"MEINE MUTTER IST TOT!!" Seine Augen werden groß, mit dieser Reaktion hätte er nicht gerechnet:"Sie kommt nicht wieder! Sie ist auch keine verr---- ich kann es nicht mal sagen! Nimm das nie wieder in den Mund!" fast hätte sie ihn angeschrien, doch sie hält sich zurück und keucht leicht:" Geh mir aus den Augen!" zischt sie nur noch, so geladen ist sie. Ihre Hände zittern als sie ihn loslässt und er sich mit schnellen Schritten davon macht. Urplötzlich wird ihr klar, wie verletzlich sie in diesem Moment eben war. Schnell greift sie ihre Tasche und rennt durch die Flure. Schubst sich ihr in den Weg stellende Schüler grob zur Seite und unterdrückt einen starken Aufschrei.
Es dauert bis sie an einem sicheren Ort, in einem alten Gebäude entdeckt hat und sich dort zusammen gerollt hat und weint. Wieder wurde sie gebrochen und irgendwann ersticken die Tränen im hytserischen Lachen eines erneuten Anfalles.
"Du hast es wieder zugelassen!" Sie schüttelt den Kopf und versucht die Stimme zu verdrängen:"Jetzt zerbrichst du wieder. Was hat Dad immer gesagt? Lachen und Morden... eine bessere Medizin gibt es doch garnicht oder?" Sie wimmert auf und lässt langsam die verkrampften Hände von ihrem Kopf gleiten:"Ich weiß nicht... ich... " Was war nur heute mit ihr los? Sie ist ganz neben sich und sagt Dinge die sie niemals jemanden sagen würde und Gedanken gehen ihr durch den Kopf, vor denen sie sogar zurück schreckt.

Ihre Hand geht wie von selbst zu ihrer Tasche und holt ein kleines Messer heraus, klappt die Klinge auf und sie blickt in ein Stück, eines zerbrochenen Spiegels. Wieder spricht die andere Stimme aus ihr:"Wollen wir denn nicht etwas vergessen? Wie wäre es wenn wir uns ganz aufgeben und endlich mal etwas Verschönerung an uns selbst ausüben, so wie Daddy....."

So wie die Narben ihres Vaters... früher oder später hätte er es selbst in ihr Gesicht geschnitten. Seine Unterschrift.
Früher ... oder... später.... warum dann nicht jetzt?

He Called Me DaughterWhere stories live. Discover now