Staub und Spinnenweben

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Peete weckte mich vorsichtig, als wir in Distrikt 12 angekommen waren.
Die kalte Luft stieß mir entgegen und ich erschauderte.
Haymitch, der sich während der ganzen Zugfahrt an der Theke bedient hatte, stieg nach uns aus  - total besoffen. Aber es war mir egal.

Vom Bahnsteig bis ins Dorf der Sieger war es nicht weit.
Auf halben Weg kam uns eine Person entgegen.
Es war meine Mutter.
Sie umarmte mich und sagte dann: "Herzlichen Glückwunsch, Präsidentin Everdeen."
Ich musste lachen. Es war so unglaubwürdig.
Sie umarmte auch Peeta, jedoch etwas zögerlicher.
"Ich wollte euch ab Bahnhof abholen, aber ich wusste nicht, wann ihr ankommt.", meinte meine Mutter vorwurfsvoll.
"Kein Problem.", winkte ich ab und so gingen wir wortlos weiter.

Erst als wir im Dorf der Sieger angekommen waren, sagte Peeta:"Ich geh dann mal zu mir. Soll ich nachher nochmal vorbei schauen?"
Ich war erst etwas verwirrt über seine Worte, denn ich dachte er würde mit zu mir kommen. Dann fielen mir jedoch unsere komischen Klamotten aus dem Kapitol auf und ich nickte ihm zu.
Er umarmte mich kurz vor allen und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Stirn.
"Bis nachher", flüsterte er mir zu und ich lächelte.

Bei mir zu Hause angekommen fragte meine Mutter mich, wie lange sie denn noch bleiben könne.
"Mum, das hier ist zum Teil auch dein Haus. Dein und Prims Schlafzimmer habe ich seit dem Krieg nicht mehr betreten. Sie gehören immer noch euch."
Es fiel mir erst etwas schwer, ihren Namen auszusprechen, aber es tat gut. Er war vertraut.

Wir gingen zusammen die Treppe hinauf. Die hölzernen Stufen knarzten unter unseren Schritten.
Es war schön, meine Mutter in meiner nähe zu haben. Es erinnerte mich an früher. An Dad. An Prim.

Oben angekommen, öffnete sie die Tür ihres ehemaligen Schlafzimmers. Kalte Luft führ uns entgegen und ließen mich erschaudern.
Über dem Schrank und dem Bett war ein großes, weißes Laken ausgebreitet. Und überall waren Spinnenweben.
"Du kannst sonst auch auf der Couch schlafen.", meinte ich zögerlich.
"Ach was", winkte sie ab. "Ein bisschen aufräumen und hier sieht es wieder gut aus."

Ich ließ sie mit ihrem Koffer alleine. Schnell zog ich mir etwas frisches und bequemes an. In meinen Klamotten fühlte ich mich viel besser.

Als ich mein Zimmer wieder verließ, sah ich meine Mutter an der Tür von Prims Zimmer lehnen.
Sie hatte sich noch nicht umgezogen.

Stumm ging ich zu ihr und strich ihr mit der Hand über die Schulter.
Prims Zimmer war auch voller Staub und Spinnenweben. Jedoch sah man genau, wer hier gelebt hat. Auf dem Nachttisch stand ihre alte Lampe mit dem rosa farbenden Schirm, die ich ihr einmal geschenkt hatte. In der Ecke war das leicht zerfetzte Kissen, auf dem Butterblume immer gesessen hatte, wenn Prim sie nicht auf dem Arm hatte.

Ich merkte nicht, wie mir eine Träne die Wange runterlief, bis sie meine Lippe berührte und ich das Salz schmeckte.
Meine Mutter blickte mich an, legte die Arme um meine Schultern und weinte leise.
Und so standen wir, Mutter und Tochter, vor dem Zimmer des kleinen Mädchens, das nun nicht mehr bei uns war.

Wir hatten nur noch uns.

Verlorene Hoffnungen (Tribute von Panem FF)Where stories live. Discover now