44. Verabschieden

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"Hallo Mama!" Sagte ich in den Hörer.
Ich stand im Wohnzimmer von unserem Haus in Spanien, wo wir momentan alle zusammen wohnten.

Die Anderen waren alle an den Strand gegangen, der sozusagen in unserem Garten lag. Zwei Minuten laufen und man war da. Nico und ich wollten gleich nach, doch meine Mutter hatte angekündigt anzurufen.

Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte ein komisches Gefühl bei der ganzen Sache.
1. kündigte meine Mutter sich normaler Weise nicht an, wenn sie anrief und 2. lief in letzter Zeit einfach alles ein wenig zu gut.

"Hallo mein Schatz!" Ihre Stimme klang erschöpft. Ich war ehrlich, vorallem die letzten Tage, nein, sogar Wochen, hatte ich meine Familie ein wenig vernachlässigt. In Deutschland war ich das letzte Mal vor einem halben Jahr an Silvester gewesen und telefonieren taten wir auch nur alle zwei Wochen mal.

Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich keine Zeit hatte, oder der Sache mit Sky versuchte aus dem Weg zu gehen. War das feige oder egoistisch? Wahrscheinlich schon.

"Wie geht's euch?" Fragte ich schließlich. Es bleib kurz still am anderen Ende der Leitung.
"Lia ich muss mir dir reden!"
Oh oh

Ich erstarrte, mein Körper spannte sich komplett an und mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Nico kam gerade aus dem Bad und sah mich mit gerunzelter Stirn an, sagte jedoch nichts.

"Mum was ist los?" Meine Stimme klang seltsam dünn und zittrig.

"Hör zu, es ist nicht leicht für mich dir das zu sagen." Meine Mutter atmete zittrig aus. Ich hörte sie leise schluchzen und die beruhigende Stimme meines Vaters im Hintergrund.

"Was ist mit ihr?" Fragte ich leise und spürte wie Tränen sich in meinen Augen ansammelten. Natürlich wusste mein Mutter, dass ich von Sky redete.

"Sie... sie...",die Stimme meiner Mutter brach, "es geht ihr sehr schlecht!"
Ich fühlte mich gleichzitig erleichtert und vollkommen leer. Sie lebte! Aber...

"Skys Werte haben sich sehr stark verschlechtert, sie ist nicht mehr ansprechbar und hat starke Schmerzen."

"Was soll das heißen?" Ich schluckte, denn meine Stimme klang belegt und ich merkte wie Nico hinter mir einen schritt auf mich zu kam.
"Was soll das heißen, Mum?!" Meine Stimme wurde lauter und ich hob aufgebracht eine Hand an die Stirn.

"Die Ärzte... die Ärzte, haben sie so gut wie aufgegeben und sie... sie haben gesgat", meine Mutter schluchzte erneut, "sie haben gesagt wir sollen uns von ihr verabschieden. Sie wissen nicht ob sie die nächsten Nächte überleben wird."

Ein rauschen hatte mich eingenommen. Entfernt hörte ich wie mein Handy dumpf auf dem Steinboden aufprallte.

Meine Beine gaben unter mir nach. Ich weinte, doch bekam es nicht mal richtig mit.
Ich sackte nach unten, doch bevor ich hart auf dem Boden aufkommen konnte, war Nico mit einer hektischen Bewegung bei mir und hielt mich fest. Wir saßen auf dem Boden und er zog mich an sich. Er sagte nichts, er wusste ja auch nicht was passiert war.

Ich konnte nicht glauben was meine Mutter mir gesgat hatte. Ich wollte nicht akzeptieren, dass die Ärzte sie aufgegeben hatten, dass sogar meine Eltern sie aufgegeben hatten, dass ich mich von ihr verabschieden sollte, dass sie streben würde.
Ich nahm immer noch nichts wahr, außer die Tränen auf meinen Wangen, mein viel zu hektischer Atem und wie meine Stirn erschöpft gegen Nicos Schulter lehnte.

Er hielt mich einfach nur fest, während ich in seinem Armen, auf dem Boden des Wohnzimmers einfach zusammenbrach.

Irgendwann flüsterte er mir leise etwas zu, ich verstand jedoch nicht so ganz was. Behutsam hob er mich hoch und trug mich in unser Schlafzimmer.

Ich saß auf der Bettkante und Nico kniete sich vor mich, sodass wir fast auf Augenhöhe waren.
Er sah mich kurz einfach nur an, bis ich von selbst anfing zu erzählen.

"Dass tut mir so leid, Kleines, es tut mir so so leid!" Er zog mich wieder an sich ran.

"Ich werde morgen nach Deutschland fliegen." Sagte ich schließlich und Nico nickte: "Ich komme mit."

Ich schüttelte den Kopf und wischte mit unter den Augen lang, ich musste schrecklich aus sehen. "Nein, dass musst du nicht."
"Doch, das muss ich!" Seine Stimme klang ganz ruhig und sanft. "Du wirst da nicht alleine durch müssen, okay?"

Ich nickte wieder.
"Ich will sie noch nicht gehen lassen." Schluchzte ich schließlich. "Du musst da nicht alleine durch!"

"Sie kann jetzt nicht sterben, noch nicht!" Ich fühlte mich so unglaublich hilflos.

"Hör zu, vielleicht haben die Ärzte sie aufgegeben und vielleicht stehen ihre Chancen schlecht, aber du glaubst an sie. Du hast sie nicht aufgegeben und du weißt wie Sky ist, sie hat sich auch noch nicht aufgegeben, weil sie stark ist. Sie will leben, also wird sie das auch tun. Wir fliegen morgen nach Deutschland und dann wird passieren was passieren muss."

Ich presste die Lippen zusammen. Es wird passieren, was passieren muss. Doch wer entschied was passieren musste und was nicht? Wer hatte entschieden, dass das Leben so unfair sein musste?!

The Spotlight in your EyesWhere stories live. Discover now