37. Arbeitskollegen

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Mein Hosenanzug war unbequem und der Stuhl auf dem ich saß viel zu hart. Die Frau mir gegenüber lächelte gefaket und das Licht der Scheinwerfer viel zu hell in meinem Gesicht.
Kurz gesagt das Interview war gequirlte Scheiße.

"Also kommst du aus Deutschland?" Bei dieser Frage hätte ich fast die Augen verdreht, stattdessen nickte ich nur.

"Ja, ich habe die ersten 17 Jahre meines Lebens in Deutschland gelebt."
"Und wie kam es das du nach England gekommen bist?"

Ich war kurz davor schreiend aus dem Studio zu rennen. "Wegen der Arbeit meines Vaters ist meine Familie umgezogen und als sie wieder zurück nach Deutschland wollten, bin ich hier bei Nico geblieben."

"Rührende Geschichte!", die Moderatorin sah aus als würde die Geschichte sie so sehr berühren, als ob ich ihr von meinem letzten Klogang erzählt hätte.
Bevor sie gleich an ihrem Lächeln ersticken stellte sie die nächste Frage:
"Also du bist noch mit Nico zusammen und die Gerüchte mit Ashton stimmen nicht?"

"Ich bin immer noch mit Nico zusammen, ja und das mit Ashton stimmt nicht. Wir sind einfach nur Arbeitskollegen."

Augenblicklich verrutschte das Lächeln der Moderatorin, sie hatte wohl gehofft eine krasse neue Story hier aufdecken zu können. Tja, Pech gehabt!

"Und Ian Walter? Man könnte ja sagen das du ihn quasi entdeckt hast."

"So würde ich das jetzt nicht ausrücken. Es war eher ein Zufall, dass er jetzt die neue Linie für Puma vertritt, aber ich sag es mal so: er ist wie gemacht für den Job und er ist mein bester Freund, also haben wir schon mal mindestens einen gemeinsamen Interesse Punkt!"

Als ich aus dem Studio raus kam, lehnte Josy bereits an ihrem Wagen und streckte mir einen Kaffee entgegen.
"Und wie war's?"

Seufzend ließ ich mich ins Auto fallen und zog die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zu. "Heute war es irgendwie richtig kacke!"

Hoffnungsvoll checkte ich mein Handy, steckte es jedoch enttäuscht wieder weg.

"Wartest du auf einen Anruf?" Sie sah mich vom Fahrersitz fragend an und startete den Motor.
"Nico hat gesagt er wollte dich um zwölf bei mir melden, jetzt ist es aber schon 14 Uhr. Keine Ahnung, vielleicht bin ich auch einfach zu.... zu anhänglich."

Eine halbe Stunde später, als wir auf dem Parkplatz des Beats  Fitnessstudio angekommen waren, wartete ich immer noch hoffnungsvoll auf eine Nachricht von Nico.

"Also ich lerne jetzt deinen schwulen besten Freund kennen?" Meinte Josy belustigt und folgte mir durch die Flügeltüren ins Innere des Gebäudes.

"Du wirst schon sehen."

Ian lehnte an seinem gewohnten Platz hinterm Tresen, tippte irgendwas auf dem dort stehenden Computer ein und sah auf als wir ankamen.

"Freunde!" Sagte er laut und schwang sich über die Holzplatte, bevor er erst mich und dann Josy umarmte.
"Ich bin Ian." Stellte er sich ihr vor.

"Ich habe schon so einiges über dich gehört!," Meinte sie grinsend.

"Was kann ich denn für die Damen tun?"
"Was machst du da am Computer?" Fragte ich ihn neugierig.
"Lustige Katzenvideos! Hier ist gerade so wenig los."

14 Katzenvideos, eine Doppel-Session Training und drei Stunden in der Maske später, saß ich zusammen mit Josy in ihrem Raum und wartete immer noch darauf, dass Nico sich in irgendeiner Weise meldete. Ich wurde immer wütender, sodass sich mein Magen langsam aber sicher in sich selber verdrehte.

"Komm wir gehen nochmal raus, bevor die Show los geht", meinte Josy, "ich komme gleich nach!"

Als ich Ashton den Gang lang kommen sah, drehte sich mein Magen noch ein Stückchen weiter. Noch bevor er den Mund aufmachen konnte, herrschte ich ihn laut und entnervt an: "Nicht jetzt!"

Verblüfft hob er nur die Hände. "Ich wollte auch eigentlich gar nichts sagen."
Wütend funkelte ich ihn an. "Gut und ich hoffe das bleibt auch so."

Bevor ich mich an ihm vorbei schieben konnte, hielt er mich dich nochmal auf: "Ach, unterhaltsames Interview übrigens."
Ich schloss dir Augen um mich zu beruhigen und drehte mich langsam wieder zu ihm um.

"Danke und jetzt", ich hob den Mittelfinger und ging zwei Schritte nach hinten, "fick dich!"

Eine halbe Stunde später standen wir zu viert vor dem Aufgang zur Bühne und warteten auf unser Zeichen raus zu laufen.

Kurz bevor der Mann vor uns die Tür öffnen konnte, musste Ashton seinen verletzten Stolz von vorhin natürlich nochmal erneuern.

Bevor er Josy und Henry nach draußen folgte, kam er noch einmal zu mir. "Mach dir keine Sorgen!", er zwinkerte mir zu, beugte sich zu mir runter, sodass sein Kopf direkt neben meinem Ohr schwebte und flüsterte, "wir sind doch nur Arbeitskollegen!"

Ich schüttelte lediglich den Kopf und folgte den anderen, setzte mich auf meinen Platz zwischen Henry und Ashton und wartete darauf, dass das Licht aus ging.

Heute war wieder so ein Tag, wo ich den glauben an die Menschheit verlor. Bei machen Leuten konnte ich nicht anders als meinen Kopf in den Händen zu vergraben oder nur mit offenem Mund zu zusehen, wie sie sich vor der gesamten Nation zum Affen machten.

Schließlich waren wir endlich bei der letzten Gruppe angekommen, die eigentlich eine ganz saubere Tanzshow hingelegt hatten.

"Also Josy was sagst du dazu?" Fragte Henry.
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und drehte ihr leeres Glas in den Fingern. "Ich fand's echt gut. Ehrlich ich bin beeindruckt!"

"Lia? Was denkst du?" Fragte er weiter.
"Ja Lia, was denkst du?" Sagte Ashton leise und ich warf ihm einen wütenden Seitenblick zu.

"Ich bin echt begeistert. Euer Talent ist unglaublich!"

Natürlich war Ashton's Angriff noch nicht vorbei: "Ja also wenn meine Arbeitskollegin das sagt, dann werde ich mich da wohl anschließen!"

Ich biss die Zähne zusammen, während Josy sich ein Grinsen kaum verkneifen konnte.
Ashton stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und verbog sein Mikrofon zu sich.

Arschloch !

The Spotlight in your EyesWhere stories live. Discover now