16. Anonym

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"Wir haben eben eine Nachricht bekommen. Pass auf, ihr müsst jetzt wirklich ruhig bleiben!..."

Etwas verwirrt nickte ich. 
"Okay."
"Also hör zu, wir wurden eben über eine anonyme Nummer angerufen. Es war eine verzerrte Stimme und die hat gesagt, dass das Haus von Dan und Grace umstellt ist von irgendwelchen Leuten. Wir wissen weder wer, noch was, noch warum.

Die wollen irgendeine Lösegeldsumme haben und sagen, wenn ihr einfach in dem Haus bleibt, passiert nichts, wenn ihr geht oder Polizei kommt, haben sie gedroht, das Haus zu beschießen oder so. Cici hat schon die Polizei gerufen und die gucken, wie man euch am Besten da raus holen kann."

Nicos Stimme überschlug sich als er sprach. Er klang unsicher und besorgt und im Hintergrund konnte man aufgeregte Stimmen hören.

"O-okay", brachte ich hervor, nicht im Stande einen vollständigen Satz auszusprechen.

"Hey, alles wird gut, ja?" Versuchte Nico mich zu beruhigen, "wir holen euch da raus! Versprochen, ich lie...."

Plötzlich war der Empfang weg.
Mit zitternden Händen lies ich mein Handy auf das Sofa fallen und strich mir tief durchatmend übers Gesicht.

Dort draußen waren Menschen, die uns bedrohen wollten, vielleicht -oder sogar mit ziemlicher Sicherheit hatten sie auch Waffen!

"Was ist los? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen!" Stellte Lilly kritisch fest.

Ich sah ihr in die Augen und fing an ihnen zu erzählen was Nico mir berichtet hatte.

"Okay." Sagte Grace sehr verunsichert und strich über Als Hand, die sich in ihren Oberschenkel krallte, "wir dürfen jetzt auf keinen Fall die Nerven verlieren!"

Ryan sah uns etwas verwirrt an, doch widmete sich dann wieder hochkonzentriert seinem Jogurt.

Wenn ich ehrlich war, war ich nicht sehr weit von einer Panikattacke entfernt.
Auch Lilly starrte nur stumm vor sich hin.

"Passt auf", Grace stand schwankend auf, "wir machen jetzt alle Rollläden runter!"

Sie drückte einen Knopf auf einer Universal-Fernbedienung und Augenblicklich fuhren mit einem kurzen Surren und Knacken alle Rollläden runter und tauchten das Penthouse in das unnatürliche Licht der Deckenlampen.

"Sollen wir ins Schlafzimmer gehen?" Fragte Grace in die Runde und nahm ihren Sohn wieder auf den Arm.

Allison nickte stumm und stand zittrig auf, um die Treppen hoch zu gehen, Lilly folgte ihr.

Ich ging einmal um den niedrigen Tisch im Wohnzimmer herum und kniete mich vor Ryan, der auf dem Teppich saß und in Seelenruhe seinen Joghurt aß.

"Komm Großer, wir gehen mit den anderen zusammen hoch."

Er sah mich mit großen Augen an: "Wieso?"     

"Weil...", ich überlegte krampfhaft, wie ich ihm die ganze Situation erklären konnte, "heute morgen, musstest du dich doch vor dem Mann in der Hecke verstecken stimmt's?"

Mein Bruder nickte und sah zu mir, während ich ihm auf den Arm nahm und mit ihm die Treppe zu Grace' und Daniels Schlafzimmer hoch ging.

"Also, dieser Mann ist hier her gekommen und will uns alle durchkitzeln, deswegen haben wir alles dunkel gemacht und gehen ins Schlafzimmer, weil er da nicht reinkommt."

Noch während ich redete, seufzte ich.
"Wenn es doch nur so einfach wäre."

Ich hatte Angst, wirklich große Angst, doch ich wusste auch, dass ich für meinen Bruder und die Anderen stark bleiben musste, sollte.

Lilly und Allison hatten sich auf das große Doppelbett, das mitten im Raum stand gesetzt.
Grace legte gerade Louis in sein kleines Bettchen und ließ sich auf das Sofa daneben fallen.

Auch in dem großen Raum waren die Rollläden heruntergelassen.

"Lia ich will nach Hause!" Gestand mein Bruder mir.
Angespannt setzte ich ihn aufs Bett und strich ihm sanft über den Kopf. "Bald okay."

Ryan nickte und kuschelte sich an mich, als ich mich auch auf das Bett gesetzt und an die Wand gelehnt hatte.

Allison hatte die ganze Zeit über keinen Ton von sich gegeben, sie starrte einfach nur starr vor sich hin.

"Alles gut?" Fragte ich sie vorsichtig.
Sie schüttelte nur den Kopf und wimmerte leise, "ich muss hier raus. Ich... ich."

Sie stockte und ihre Augen wurden glasig.
Lilly zog sie zu sich ran und Al vergrub ihren Kopf an ihrer Schulter.

Es herrschte eine unglaubliche Spannung im Raum und jeden Moment schien es, als ob irgendjemand explodieren würde.

Grace schaute auf ihr Handy und zog die Augenbrauen zusammen. "Ich habe keinen Empfang."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Hier hat man eigentlich immer Empfang."

Da fiel mir etwas auf, "deswegen war auch das Signal plötzlich weg, als Nico mit mir telefoniert hat."

Ryan war irgendwann eingeschlafen.
Allison hatte ihren Kopf an Lilly gelehnt und beide hingen still ihren Gedanken nach.

Grace und ich wechselten immer mal wieder Blicke aus, aber wirklich unterhalten taten wir uns eigentlich auch nicht.
Die Situation war dafür einfach zu angespannt.

Jeder von uns dachte darüber nach, was passieren könnte, doch niemand traute sich irgendetwas zu sagen.

Wir saßen etwas länger als eine Stunde im Schlafzimmer und ich hatte das Gefühl, als ob ich schon die ganze Zeit mein Herz spüren konnte, wie es mir bis zum Hals schlug.

Plötzlich ertönte ein lauter Knall und ich zuckte heftig zusammen, sodass Ryan aufwachte und mich verwirrt ansah.

Al gab einen erschrockenen Schrei von sich und riss Lilly mit sich hoch.

Auch Grace war aufgesprungen und fuhr sich aufgeregt über die Haare.

"Schießen die auf uns?" Fragte Al geschockt und hielt sich an der Bettdecke fest, als ob sie ihr den letzten Halt geben würde.

"Ach was", meinte Grace und man hörte eindeutig wie sie versuchte das zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken, "so hören sich doch keine Schüsse an! Es klang mehr wie ein... klopfen?"

Sie sagte es mehr wie eine Frage, als eine Aussage.

"Wir könne ja nachgucken." Schlug Lilly zögernd vor und machte Anstalten vom Bett aufzustehen, doch Al zog sie zurück. "Bist du bescheuert? Wir können doch da nicht raus gehen!"

"Ich gehe", sagte ich sofort, "ich glaube wenn ich noch länger hier drinnen bleibe, springe ich aus dem Fenster."

"Ich komme mit dir." Sagte Lilly und stellte sich neben mich.

Ich richtete mich an Ryan, "Hör zu, bleib bis ich wieder komme bitte immer bei Grace, ja?" Er nickte etwas verängstigt.

"Was machst du?"
Ich zwang mir ein Lächeln ab, "ich gucke ob der Mann in der Hecke immer noch da ist."

Vorsichtig schloss ich die Schlafzimmertür auf uns trat leise zusammen mir Lilly auf die Galerie, die über dem Erdgeschoss aufragte.

Ich lugte über das Geländer nach unten über das Wohnzimmer zu den verdunkelten Fenstern.

Gegen ein etwas abgelegeneres Fenster in der hintersten Ecke Küche schlug immer wieder etwas, sodass die Rollläden an dieser Stelle eingedrückt wurden.

Ich griff nach Lilly's Hand und langsam gingen wir die Treppe runter, bis zur Küche, sodass uns nur noch fünf Meter von dem Fenster trennten.

"Hallo?" rief Lilly laut und für einen Moment verstummten die schlagenden Geräusche.

"Hey", rief eine laute, unbekannte Stimme zurück und allmählich bekam ich es mit der Angst zu tun.

The Spotlight in your EyesWhere stories live. Discover now