Betrüger!

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Es bahnt sich etwas an.

Die nächsten paar Wochen vergingen für Ana wie im Flug.
Die neue Ausgabe des Fashion und Lifestyle Magazins war erschienen und so erfolgreich gelandet, das die Chefetage bald darauf von expandieren und höheren Verlagszahlen sprach, und wundersamer Weise gelang es Ana sogar, auch ihr Privatleben in einer gesunden Waage zu ihrer einnehmenden Arbeit zu halten.

Romeo stellte sich als Meister der Dateideen heraus und sie trafen sich mehrmals in der Woche zu interessanten Verabredungen, gutem Essen oder besuchten angesagte Vernissagen zusammen und verbrachten auch die Wochenenden miteinander.

Ana hatte ihn auch schon in seiner Schreinerei besucht, was, wie er mehrmals erwähnte, etwas sehr intimes und besonderes für ihn war und Ana ein bisschen rührte. In den hellen, nach Holz riechenden räumen hatte Ana dann sogar ihre erste Holzarbeit mit ihm angefertigt. Eine schöne, wenn auch gewöhnungsbedürftig geformte Uhr, hatte sie mit seiner Hilfe gebaut, die jetzt ihren Flur schmückte und etwas deplatziert an der Wand ihrer durchgestylten Wohnung hing, wo sie die beiden regelmäßig zum Lachen brachte.
"Es ist moderne Kunst!" nahm Ana ihr Meisterwerk dann in den Schutz,
"Sehr modern Süße, die großen Künstler wurden in ihrer Zeit immer missverstanden, in hundert Jahren ist sie ne Million wert!" antwortete Romeo dann und küsste sie.

Es war schön mit ihm, es war sicher und gefestigt mit ihm, kein Drama, kein verstecken. Ana hatte fast vergessen das so etwas normal war, das 'sich kennen lernen', so funktionierte und nicht versteckt und heimlich, Nachts, in einem Hotelzimmer, irgendwo in einem Glasturm in Berlin.

Auch ihre Freunde mochten ihn, aus irgendeinem Grund konnte Romeo mit den borderline asozialen Kreuzberger Jungs von Yasser genauso gut, wie mit Kimbas und ihren Schickimicki Fashion Freundinnen. Und so hätte es besser nicht sein können, das Kennenlernen, das Verlieben, die Aufregung, der Funke.
Aber etwas fehlte. Und es machte Ana fast wahnsinnig, das sie nicht verstehen konnte was es war. Sie fühlte sich schuldig, fast gestört, wenn sie diesen gradezu perfekten Kerl betrachtete und sich der unangenehme, unbenennbare Zweifel in ihr bemerkbar machte.

"Du hast Angst verletzt zu werden Ana!" Sagte Kimba eines Abends, als sie vor einer hippen Bar in Mitte standen und den Rauch ihrer Zigaretten in die Nacht bliesen, während sie beobachteten wie sich Yasser und Romeo drinnen, angeregt an den Theresen gelehnt, unterhielten.
"Das ist es nicht..." sagte Ana gedankenverloren und betrachtete besorgt sein schönes lachendes Gesicht,
"Du wurdest enttäuscht und musst erstmal wieder loslassen können!" Legte Kimba nach,
"Nein, das ist es nicht, er gibt mir ja alle Zeit der Welt, er ist so geduldig mit mir aber irgendwas..."

Aber Ana lernte diesen Gedanken, so wie alle anderen 'unangenehme' Zweifel in ihrem Leben, in ihrem Inneren zu vergraben und ließ sich, mehr und mehr auf sich selbst einredend, auf Romeo ein.

Mitte Juni zeigte Romeo einen weiteren Vorteil seiner Person, Kreativität und connections!
Yasser hatte sich kurz zuvor mit der Bitte, ihm bei der Planung einer Überraschungsparty zu Kimbas 28. Geburtstag zu helfen, an sie beide gewandt und tatsächlich hatte Romeo kurz darauf, eine große Lagerhalle, in der auch ab und zu Konzerte gespielt wurden, ausfindig gemacht, die bezahlbar und seiner Meinung nach, perfekt für den Anlass wäre. Die drei fuhren an einem sonnigen Dienstag, während Kimba zu einem Shooting in München war, also zur Besichtigung dort hin und liefen das recht große Areal gemeinsam ab.
Yasser wollte ein riesiges Event daraus machen und redete von DJs und live Musik und war sofort begeistert von der Halle, begutachtete die Toiletten, die Stromversorgung und sogar den Boden.
"Wieso eigentlich dieser Riesen Aufriss Alter..." Sagte Ana irgendwann als sie einige Zeit beobachtet hatte wie er geschäftigt rumgelaufen, geschwafelt und geplant hatte. Noch nie hatte sie den eher ruhigen und sogar ausgesprochen faulen Yasser, so aufgeregt erlebt.
"Planst du irgend eine andere Überraschung?" Fügte sie beiläufig hinzu und linste auf das Stück Papier in seiner Hand, auf dem er ständig irgendwas zu einer Liste hinzufügte.
Er druckste bei der Erwähnung des Wortes 'Überraschung' herum und grinste breit.
"Ja erzähle ich euch noch!" Kicherte er,
Romeo und Ana sahen sich verdutzt an und lachten,
"Jetzt sag man!" Sagte Ana mit Nachdruck und piekste ihn in die Seite. Sie redeten jetzt beide auf Yasser ein, bis dieser sich geschlagen gab und mit ihnen zusammen zum Auto lief, wo er einen kleinen Umschlag vom Beifahrersitz nahm und ihn nervös Ana überreichte.
Vorsichtig öffnete sie den augenscheinlich leeren Umschlag und griff hinein.
Ein fein gearbeiteter, goldener Ring kam zum Vorschein, die Mitte zierte eine Reihe kleiner weißer Edelsteine und zentriert, ein großer klarer Stein der jetzt in der Mittagssonne wunderschön glänzte.
Ana starrte den Ring wortlos an während Yasser sich nervös räusperte,
"Ich will sie fragen, ich bin nicht gut in so Schmuck Sachen aber als ich den Ring gesehen habe... Er passt so gut zu ihr, ich weiß nicht wie du das findest als ihre beste Freundin aber-"
Mit zwei großen Schritten war Ana auf Yasser zu gestolpert und hatte ihre Arme fest um seinen Hals geschlungen.
Mit, vor Freudentränen, zittriger Stimme flüsterte sie ihm jetzt ins Ohr,
"Er ist perfekt, ich freue mich so für euch!" und löste sich dann gerührt von ihm um sich die Augen zu wischen. Auch Yassers Augen glänzten jetzt verräterisch, bevor er sich energisch räusperte und äußerst männlich blinzelnd, die ausgestreckte Hand Romeos schüttelte.

Berliner Nächte (Shindy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt