(26) Liebe ist, wenn ich dich nicht totschlage, wenn du nervst.

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„Ist wirklich alles okay, Nina? Du kannst sagen, falls-"

„Alter, Liam, lass das! Frag lieber die anderen, ob die okay sind." Obwohl, das waren sie kein bisschen. Dafür, dass wir gerade ein Auto in die Luft gejagt hatten, war ich zugegebenermaßen aber auch viel zu entspannt. Naja, vielleicht hatte das irgendwelche psychologischen Schockbewältigungsgründe, oder es war die Freude darüber, dass wir überlebt waren. Vielleicht war die Band so hollywoodgeschädigt, dass sie das Ganze sogar wirklich cool fand. Ihre Unbekümmertheit war jedenfalls irgendwie ansteckend, und dass Liam immer wenn niemand nachschaute fragte, ob ich Hilfe brauchte, war ja auch eigentlich ganz süß. Trotzdem, das nächste Mal würde ich ihm eine reinhauen.

In dem mir nur von der Landkarte bekannten Wald, durch den wir inzwischen wanderten, war es zwar leicht unheimlich, doch zumindest wurden wir nicht nassgeregnet. Was aber auch der einzige Vorteil war. Wir bewegten uns in etwa in der Geschwindigkeit von querschnittsgelähmten Nacktschnecken voran, und ständig zweifelten die Jungs meine Route an. Da wir gerade erneut vor einer Art Wegkreuzung standen, ging es wieder los. Ich wies wie ein Zauberer, der einen Trick präsentierte, nach rechts, während Motte mal wieder misstrauisch die Augenbrauen in die Höhe zog. „Woher willst du den Weg eigentlich kennen, du warst doch noch nie hier!"

„Ich bin Einbrecherin, Harry. Wenn ich eins kann, dann Fluchtwege finden!"

Louis sprang irgendwo ins Gebüsch. „Also, ich geh hier lang, langsam glaube ich, Nina führt uns in Wirklichkeit wieder zu Deirdre."

„Vergiss es, das ist viel zu weit weg, so lange würde ich mich nie freiwillig mit euch abgeben."

Aber da Louis hinter den Bäumen rumlärmte, hörte mich niemand. „Uh, Leute! Kommt mal her, das müsst ihr euch anschauen!"

Natürlich, auf Louis hörten die Deppen, aber auf mich nicht. Warum vergrub ich sie nicht alle im Schutz des Waldes irgendwo tief unter der Erde und setzte mich dann nach Usbekistan ab? Oder ich ließ sie drei Tage im Kreis laufen, bis sie hungrig und heruntergekommen flehen würden, endlich zurück zu Deirdre zu gehen! Wütend hechtete ich dem Rest hinterher. Hinter dem dichten Gestrüpp breitete sich ein riesiger See in diesem Wald aus. Perfekt! Das hieß, wir waren gar nicht mehr weit vom Krankenhaus entfernt. Irritiert beobachtete ich, wie sehr die Band von diesem in dem Waldgebiet unerwarteten Anblick gefesselt war.

Niall grinste. „Irland hat echt die schönsten Landschaften dieser Welt." Ähm, hallo? Das war ein verschissener grauer See in einem dunklen Wald, der vollgeregnet wurde! Das bewunderten die? Da fand ich die Londoner U-Bahn-Toiletten faszinierender!

Sarkastisch ahmte ich seine träumerische Stimme nach. „Jaaa, schaut nur, dieser graue Himmel! So einzigartig, hab ich noch nie gesehen! Hach, welch wundervoller, seltener Baum, verknotet mit dem kostbarsten Seil der Welt, man sollte dies traumhafte Wunder der Natur fotografieren und Kalender davon drucken."

Louis stürmte zu mir. „Ein Seil? Wo!?"

Geistesabwesend deutete ich auf das in der Luft hängende, an irgendeinem Ast befestigte abgewetzte Seil. Vermutlich war die versteckte Wasserstelle im Sommer ein beliebter Badesee und jemand hatte sich die Mühe gemacht, ein spielerisches Element hinzuzufügen. Bevor ich es verhindern konnte, hatte Louis sich das Ding geschnappt und setzte ein paar Schritte zurück, um Anlauf zu nehmen. „Louis, vergiss es, du wirst nicht-"

„Ich bin Tarzaaaaaaaan!"

„LOUIS!" Unter dem Lachen der anderen schwang sich Louis mit einem lächerlichen Schrei durch die Luft und ich rannte ihm wütend hinterher. Langsam hatte ich echt kein Verständnis mehr für diese Hyperaktivität! Lachend landete Louis wieder auf dem Festland und verteidigte sein neues Spielzeug vor Motte und Niall, um dann jubelnd noch einmal in Richtung See zu pendeln . Anstatt wieder zurückzufinden, fiel er dieses mal jedoch mit einem lauten Platschen in das kalte Nass. Gut, mein Job war es, ihn vor sowas zu schützen. Aber ich stimmte trotzdem in den schadenfrohen Lachanfall der anderen mit ein. Das hatte er jetzt davon! 

(N)One DetectionWhere stories live. Discover now