Berliner Nächte (Shindy FF)

Das erste Interview

"Fuck ich bin zu spät an meinem ersten scheiss Tag!"
Keuchte Ana vor sich hin als sie über die Straße auf das große Schild "PapaAri" zu rannte. Schon ihre Mutter hatte ihre Neigung zur Flucherei in stressigen Situationen gehasst und auch die Passanten schienen etwas pikiert als sie mehrfach "Fuck" rufend an ihnen vorbei sauste. Ein Stechen in ihrer Lunge machte sich bemerkbar und sie verfluchte die gelegentliche Kippen der letzten stressigen Zeit bis sie endlich den Parkplatz erreicht hatte. Sie stellte erleichtert fest das dieser noch leer schien und so hoffte sie inständig das vielleicht auch die Herren des HipHop heute zu spät waren.

Es war ihr erster Tag an einem Interview Set, nach 18 Monaten sehr erfolgreicher Arbeit als Urban Musik Kritiker bei zwei verschiedenen Magazinen in Köln und Berlin, hatte man sie an ihrem neuen Arbeitsplatz endlich dazu überreden können, sich nicht mehr hinter der Online Schreiberei zu verstecken. Sie hatte es nicht nötig sich hinter irgendwas zu verstecken, ganz im Gegenteil, hatte ihre neue Chefin ihr eindringlich mitgeteilt, "Du gehörst vor die Kamera du bist der Traum jedes Rappers und Rapfans"
Aber grade das war ihr Problem. Sie mochte eigentlich wie sie aussah und war sich ihrer Wirkung auf die meisten Männer bewusst. Die halb Deutsche-halb Ägypterin legte Wert auf ihr Aussehen.
Die mandelförmigen grünen Augen, umrahmt von langen Wimpern, waren schlicht geschminkt und lagen in einem hübschen mit definierten Wangenknochen versehenem Gesicht, ihren großen Schmollmund, auf dessen Unterlippe sie oft rumbiss wenn sie nachdachte, hatte sie mit einem Nude Ton nachgezogen und die langen, dunklen Haare fielen ihr leicht gewellt über den Rücken. Aber vor allem der gebräunte, sehr kurvige Körper schien dazu beizutragen, grade im HipHop, nicht ernst genommen zu werden. Ob sie Video Vixen oder Groupie sei wurde sie auf Conventions gefragt, das sie jedes Rap Album der letzten 15 Jahre fast studiert hatte war dabei scheinbar egal.
Aber in ihrer Arbeit im online Journalismus hatte sie sich erfolgreich hinter ihren Worten und dem Insidewissen verstecken können. Bis sie nach Berlin kam und man ihr nahelegte in der nächsten Zeit vermehrt bei Interviews dabei zusein, den natürlichen Flow eines Gesprächs zu studieren, als Kamera Assistenz zu fungieren um alsbald selbst vor der Kamera zu stehe.
"Ich mag wie du denkst und was du fragst und man kann auch geil aussehen und dabei faktisch Punkten!" Hatte Layla gesagt, Produktionsleitung von HipHop.de und ihre neue 'Mentorin'. Widerwillig hatte sie zugestimmt und war nun direkt zu einem Doppel Interview eingeteilt, mit Channel Legende Rooz würde sie heute die zwei Größen Bushido und Shindy kennenlernen.
"Wenn ich nicht zu spät bin und direkt nachhause geschickt werde" dachte sie und betrat dabei, immer noch schwer atmend, das Café.

Es war angenehm kühl in dem großen hellen Raum, der vordere Bereich war fast leer, zwei ältere Herren redeten bei einem Glas Tee ernst aufeinander ein und die Bedienung wuselte mit einem
großen Lächeln an ihr vorbei in den hinteren Teil des Cafés das außer ihrem Blickwinkel, hinter einer großen Steinmauer lag. Sie hörte aber eine ihr bekannte, freundliche Stimme und folgte der Kellnerin kurzerhand hinter die besagte Mauer.

Und tatsächlich. Rooz nahm grade sein Getränk entgegen und bedankte sich, um dann direkt wieder mit konzentriertem Blick die Kameras an einen Tisch mittig einer großen Fensterfront anzubringen.
"Hallo!" Sagte Ana und trat gespielt selbstbewusst an den Tisch heran als Rooz zu ihr aufblickte.
"Hi?" Sagte er verunsichert aber höflich und ging auf sie zu...
Er denkt ich bin ein Fan, stellte sie missmutig fest aber verwarf den Gedanken und schüttelte ihm die Hand, "Ich bin Ana... Anima, deine heutige Assistenz und neue Kollegin wir hatten gestern telefoniert?"
"Achja sicher sicher!" Er fuhr sich durchs Haar und lachte verlegen,
"Sorry ich hab mir dich echt anders vorgestellt irgendwie, aber gut setz dich heute einfach dazu, mach ein paar Notizen, wir machen zwischendurch Locationwechsel dann kannst du auch ruhig mal was an fragen stellen und so. Die beiden sind echt easy drauf!"
Er war freundlich, witzig und nahm ihr langsam die Nervosität und als er ihr völlig durch den Wind Kamera und Ton Technik erklärte, musste sie lachen.