Aprilwetter

2.7K 192 45
                                    

Lily P. o. V.

Ich wurde zunehmend nervöser, da die Prüfungen im Juni stattfinden würden und wir bereits April hatten. Merlin sei Dank zeigten James und meine Freunde alle Verständnis dafür, auch sie gerieten langsam in den Lernstress, ob sie es nun wollten oder nicht. Die Wiederholungen waren schon in vollem Gange. Eines Abends schien Sirius einem Nervenzusammenbruch nahe: "Alter, was soll die Scheiße? Nö, ich lerne nicht mehr. Keine Chance! Vergesst es. Nope. Ich habe noch den ganzen Mai Zeit, und den Anfang des Juni, das ist genug. Mir reicht's." Er lehnte sich provozierend gleichgültig in seinen Sessel zurück und verschränkte die Arme. James und ich sahen einander an und prusteten amüsiert los. Sirius grinste breit, bis Mary ihm kräftig von hinten auf den Kopf schlug. "Spinnst du?", keifte sie und baute sich in voller Größe vor ihm auf. Egal wie klein sie war, wenn es darauf ankam konnte sie sehr beängstigend sein. "Willst du in den Prüfungen versagen? Du weißt schon, dass du bestehen musst, um versetzt zu werden? Jetzt setz dich gefälligst auf den Hosenboden und lerne !", forderte Mary ihn mit funkelnden Augen auf. Sirius sah sie mit großen Augen an und brachte kein Wort heraus. "Okay!", murmelte er dann bemüht genervt, es klang jedoch etwas eingeschüchtert. Wir anderen senkten schnell unseren Blick auf unsere eigenen Hefter, hin und her gerissen zwischen Besorgnis und Belustigung. Sirius schien sich nicht ganz auf seinen Hefter konzentrieren zu können, womit er sich einen erneuten Seitenhieb von Mary einfing. Diese zeigte sich anschließend aber versöhnlicher und half ihm beim Pauken. So ging das auch die nächsten Abende. Wenn einer von uns unmotiviert oder am Verzweifeln war, bauten die anderen ihn auf. Als ich an einem besonders verregneten Abend fast über meinen Aufzeichnungen für Zauberkunst zusammenbrach, nahm James mich zur Seite. "Ich glaube, du brauchst jetzt mal eine Auszeit, Lily", stellte er entschieden fest. Wir warteten, bis der Regen versiegt war und rannten dann über den nassen Rasen hin zur Hagrids Hütte. Ein Einhorn hatte in der letzten Woche Babys bekommen und nichts wirkte so beruhigend wie ein kleines, goldenes Einhorn! James blieb einige Meter entfernt am Zaun stehen, während ich mich unter Hagrids Aufsicht an die Tiere heranwagte. Due Mutter beäugte mich erst misstrauisch, doch ich lächelte unentwegt weiter, bis sie mich zu ihren Jungen ließ. Das feuchte, zerstrubbelte Fell fühlte sich gut an, am liebsten wäre ich gar nicht mehr weggegangen. "Du kannst morgen wieder 'komm, wenn du willst!", bot Hagrid mir offen an. "Danke . . .", murmelte ich erfreut, konnte mich aber noch immer nicht von dem Einhorn lösen. Ach Gott, das war so schnuckelig! Ein echtes Prachtexemplar! Erst als James mich grinsend darauf hinwies, dass das ein Wink mit dem Zaunpfahl gewesen war, trat ich peinlich berührt einen Schritt zurück. "Sorry", meinte ich verlegen. "Dann bis bald! Mach's gut, Hagrid!", wir winkten zum Abschied, Hagrid hob ebenfalls breit strahlend die Hand. Entspannt schlenderten James und ich am Ufer des Schwarzen Sees entlang, die Hände in den Taschen. Ich seufzte und schloss die Augen, als es plötzlich erneut anfing zu schütten. Anstatt uns irgendwo unter zu stellen oder den langen Weg ins Trockene anzutreten, wandten James und ich uns nur einander zu. Das Feuer in seinen Augen war unübersehbar und ohne groß darüber Nachzudenken, umfasste ich mit meiner Hand seinen nassen Hals und zog ihn zu mir heran. Das Wasser tropfte uns von der Stirn und binnen weniger Sekunden waren unsere Klamotten komplett durchnässt. Aber das war mir in diesem Moment nun wirklich egal. James Brust hebte und senkte sich rhythmisch und im gleichen Takt zu meinem Herzen. Unsere Küsse wurden immer heftiger und leidenschaftlicher, bis wir schließlich atemlos Kopf an Kopf im Regen stehen blieben. Das kalte Wasser lief mir mittlerweile den nackten Rücken hinab, doch das nicht konnte nicht der Grund für das wohlig-warme Schaudern sein, von dem ich in diesem Moment erfasst wurde. James' warme Hände waren überall und er bedeckte meinen ganzen Hals mit liebevollen Küssen. Mein rotes, klitschnasses Haar hing uns beiden im Gesicht und der kräftige Regenschauer mit den prasselnden Tropfen erschwerte das Küssen zusätzlich, machte es zugleich aber auch angenehmer. Seine feuchte Wange presste sich an meine und meine Hand krallte sich verlangend in seine Brust. Nur nebensächlich nahm ich das ohrenbetäubende Prasseln des starken Regens war, allerdings erinnerte uns das laute Donnergrollen über unseren scheinbar zusammen klebenden Köpfen daran, dass wir nicht ewig knutschend im Regen standen konnten. Obwohl. Konnten wir schon. Aber es war an der Zeit, zurück ins Schloss zu kehren. Die Luft roch nach James und Regen. Die Luft roch verdammt gut und ich konnte den Duft gar nicht lange genug einatmen. Das war doch mal eine angenehme Abwechslung vom ganzen Lernen gewesen! Kichernd und händchenhaltend kamen wir in der Eingangshalle an. "Mr Potter?", die Stimme von Professor McGonagall erklang und sie musterte uns mit einem seltsamen Blick. Schuldbewusst sahen wir an unseren tropfenden Kleidern herunter: Zu unseren Füßen hatte sich bereits eine Pfütze gebildet. Oh oh, das würde Ärger geben, Filch rastete ja schon bei einem Spritzer Matsch aus, was würde er erst zu dem ganzen Wasser sagen, das wir von draußen herein brachten? "Professor, wir können das erklären!", stammelte ich rasch und lief rot an. Die stellvertretende Schulleiterin wandte sich mir zu. "Ms Evans, ich muss sie nun bitten, mich und Mr Potter alleine zu lassen. Bitte warten sie dort drüben mit den anderen Schülern!", sie klang barsch, doch ihr sicherer Ton schien zu schwanken. "Es gibt nichts, was sie mir nicht vor Lily sagen könnten, Professor! Wir haben keine Geheimnisse voreinander und sie darf alles hören, was auch immer sie mit mir besprechen wollen!", sagte James mit rebellischer Miene. Dankbar drückte ich seine Hand, obwohl ich wusste, dass McGonagall das so garantiert nicht akzeptieren würde. Tatsächlich schien sie sich schon wieder anzuspannen und war kurz vor der Explosion, aber zur unserer großen Überraschung ließ sie die Schultern sogleich protestlos wieder sinken. "Nun gut", meinte sie lediglich. "Bitte kommen sie mit in mein Büro." Zu dritt eilten wir durch die Halle. Beunruhigt stellte ich fest, dass überall vereinzelt Gruppen von Schülern herumstanden, einander weinend in den Armen lagen und die gesamte Stimmung ziemlich bedrückt war. In McGonagalls Büro nahmen wir gegenüber von ihr Platz und sahen erwartungsvoll zu ihr auf. Sie holte tief Luft und setzte bemüht sachlich an: "Es tut mir sehr Leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass es einen Anschlag auf das Ministerium gegeben hat. Mr Potter, Ihre Eltern haben sich in einer Pressekonferenz wegen ihres aktuellen Falls befunden und sind bei der Attacke ums Leben gekommen."

CollideWhere stories live. Discover now