Im Zug

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Da saß ich nun allein im Abteil.

Verstört rieb ich mir die Schläfe und lehnte erschöpft meinen Kopf gegen das Fenster. Ich schloss für einen Moment die Augen und träumte vor mich hin.

Ich war noch immer ganz in Gedanken versunken, als plötzlich die Tür des Abteils aufgeschoben wurde. Wahrscheinlich war es eine meiner Freundinnen aus Gryffindor. Um so überraschter war ich, als ich James Potter erblickte, als ich die Augen aufschlug.

„Lily? Ist alles in Ordnung?", fragte er besorgt und wirkte nun gar nicht mehr so arrogant.

„Klar", erwiderte ich schnell und versteifte mich unmerklich, „Wieso?", hängte ich schroff hinterher.

James trat ein und schloss die Tür hinter sich. „Naja, du hast mit geschlossenen Augen am Fenster gelehnt, da wollte ich nur sehen, ob . . .". Ich sah ihn betont gleichgültig mit hochgezogenen Augenbrauen an, obwohl mein Herz aus welchem Grund auch immer wie verrückt in meiner Brust flatterte.

James schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Ob es dir gut geht", meinte er schließlich. „Das ist ja rührend", antwortete ich sarkastisch, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. Er stand einen Augenblick unschlüssig herum.

Wir wussten beide nicht, was wir sagen sollten. In diesem Moment erschien draußen vor der Tür Mary Macdonald, eine meiner besten Freundinnen. Verwundert öffnete sie die Tür. „Hey, Lily! Was machst du denn hier?", fragte sie und beäugte James misstrauisch.

„Ähm, nichts", stotterte ich total überrumpelt.

„Nun, ich wollte Evans nur etwas Gesellschaft leisten, wenn du verstehst, was ich meine!", meinte James lässig und lehnte sich an die Tür. Und schon war er wieder genauso nervtötend und unausstehlich wie immer.

Mary sah irritiert aus.

„Nein, er hat sich einfach nur verirrt!", widersprach ich zornig, „Komm, Mary, wir gehen zu den anderen". Ich zog meine Freundin mit und ging schnellen Schrittes davon.

Kichernd holte Mary mich ein. „Was war das denn?", wollte sie wissen und grinste spöttisch. Ich schüttelte unwirsch mit dem Kopf und erzählte ihr dann von Severus.

Mary sah mich zweifelnd an: „Ich verstehe wirklich nicht, wieso du mit ihm befreundet bist, Lille!". Ich zuckte nur mit den Schultern. Mary war ein sehr nettes, zierliches Mädchen mit blonden Locken und braunen, warmen Augen, doch was Severus Snape betraf, gingen unsere Meinungen weit auseinander.

Den Rest der Fahrt verbrachte ich mit Mary bei den anderen Gryffindormädchen unseres Jahrgangs: Alice Fortescue und Marlene McKinnon.

„Hast du es schon gehört?", fragte Alice irgendwann grinsend und stieß mich von der Seite an, „Marlene hat ein Date mit Sirius Black!" Marlene strahlte über das ganze Gesicht. „Super!", gratulierte ich automatisch, aber irgendwie tat sie mir Leid. Auch Mary sah nicht allzu begeistert aus, denn sie war auf einmal ganz still und spielte nervös mit dem Saum ihres Umhangs.

Marlene schwärmte schon sehr lange für Black, und sicher nutzte er sie bloß aus.

So war Black eben.

Genau wie Potter.

Ich schluckte schwer. Obwohl ich mir der unübersehbaren Tatsache bewusst war, dass er eitel und angeberisch war, musste ich mir eingestehen, dass er ziemlich attraktiv aussah. Ich war mir sicher, dass seine haselnussbraunen Augen so ziemlich jedes Mädchen verzaubern würden.

Trotzdem: Er war und blieb ein Vollidiot.

Ich verdrängte den Gedanken an Potter und hörte lieber Alice zu, die uns von Frank Longbottom vorschwärmte. Die beiden waren schon seit vielen Jahren zusammen, sie passten echt perfekt zueinander.

Danach lästerten die anderen noch ein bisschen über Narzissa und Bellatrix ab. Ich hielt mich raus. Zwar konnte ich keine der Black-Schwestern sonderlich gut leiden, aber von Tratsch und Klatsch hielt ich genauso viel wie von James Potter: Gar nichts!

CollideWhere stories live. Discover now