Kapitel 26

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»Ich raste gleich aus«, schreie ich durch das Badezimmer bei dem gefühlten dreihundertfünfundsechzigsten Versuch den Lidstrich richtig aufzutragen. Irgendeine höhere Macht hindert mich daran und so langsam ist es nicht mehr lustig. Aggressiv schaue ich mein Spiegelbild an und versuche es noch einmal.

»Was ist passiert? Eine Spinne?«, kommt eine hektische Maddy ins Bad gelaufen, mit meinem Hausschuhe in der Hand und guckt sich mordlustig um.

Wenn das eine Art Rettung sein soll, dann kommt sie etwas spät.

Seufzend schaue ich mir mein misslungenes Auge an und drehe mich darauf zeigend um. »Das ist passiert. Ich kriege keinen anständigen Lidstrich hin«, jammere ich.

Maddy atmet erleichtert aus und wirft den Schuh in den Flur. »Ein Glück, denn ich hatte keine Lust, die wegzumachen. Also, was ist dein Problem?« Habe ich doch gerade gesagt?! Sie scheint sich zu erinnern, denn auf einmal ist sie meinem Gesicht unangenehm nah. »Oh ja, ich sehe schon. Warte mal, das kriegen wir schon wieder hin.« Sie schnappt sich meinen Arm und bugsiert mich zum Waschbecken.

»Danke, dass du das für mich machst«, murmele ich und sehe sie von unten aus an.

Konzentriert schminkt sie meine Augen und lässt sich von nichts ablenken. Nach fünf Minuten begutachtet sie ihr Werk und nickt anerkennend. »Wer sagt's denn?«

Wir gehen wieder in mein Zimmer und finden eine gelangweilte Karen vor. Eigentlich ist das langweilen eher mein Job. Als sie uns sieht, setzt sie sich erfreut auf und gibt einen erleichternden Laut von sich. »Na endlich, wurde aber auch mal Zeit.« Ja, sie hat gut reden. Wenn man anscheinend so unbegabt mit Schminke ist wie ich, ist es nunmal nicht leicht im Leben.

Ich werde wieder melancholisch, das ist nicht gut.

»Können wir dann los? Die warten bestimmt schon auf uns«, sagt Karen und läuft schnurstracks auf die Tür zu. Zustimmend folgen wir ihr und setzen uns in Maddys Auto, um zu Jared zu fahren.

Ich muss gestehen, ich habe für Reeve wirklich einen Fisch gekauft. Haltet mich nicht für verrückt, denn das bin ich nicht, okay?

Ich dachte nur, dass er sich darüber freuen wird. So ein Fisch in seinem Zimmer macht das Ganze bestimmt viel attraktiver. Natürlich werde ich das  Goldfischglas jetzt nicht mitnehmen, ich werde es ihm an einem anderen Tag überreichen.


Vor Jareds Haus stellt Maddy den Motor aus und wir steigen aus. Ich habe mit Finnick ausgemacht, dass wir uns erst dort treffen, weil ich mich vorher mit Karen und Maddy treffen wollte.

Auf der Suche nach dem Geburtstagskind betreten wir das große Haus und ich bin erstaunt, wie viele Leute Jared eingeladen hat. An jeder Ecke stehen Menschen und tun verschiedene Dinge. Na ja, aber wir reden hier von Jared, da ist es vermutlich normal so viele Leute einzuladen. Dazu kommt noch, dass Reeve Hunter seinen Geburtstag feiert.

Es dauert Ewigkeiten, bis wir ihn endlich entdecken. Er steht in einem Kreis voller Jungen und Mädchen, die ihm anscheinend gerade gratulieren, denn sie nehmen ihn kurz in den Arm oder klatschen ihn ab. Während er einen Arm um die Person legt, die ihn umarmt, lacht er halbherzig und löst sich wieder von ihr.

Maddy und Karen beschließen, sich der Gruppe anzuschließen. Als wir vor ihnen stehen, verschwinden die anderen Personen und lassen uns vier alleine. Ein Grinsen schmückt seine Lippen, als er uns alle ansieht. Karen sagt ihm herzlichen Glückwunsch, Maddy umarmt ihn und schließlich schaut Reeve mich abwartend an.

Seine Augen funkeln und seine Mundwinkel heben sich leicht. Ach, scheiß drauf. Ich gehe auf ihn zu und umarme ihn ebenfalls. Überrascht, dass er beide Arme fest um mich legt und näher an sich zieht, lächele ich. »Happy Birthday«, sage ich neben seinem Ohr. Ich löse mich wieder von ihm und sehe ihn echt und warm lächeln. Ein seltener Anblick.

My Bad NeighborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt