Kapitel 15

48K 2.1K 479
                                    

»Steh auf, Six«, schüttelt mich meine Mutter, »du kommst noch zu spät zur Schule.«

Verschlafen murmele ich irgendwas vor mich hin und kuschele mich noch tiefer in die Bettdecke. Ich spüre nur, wie sie weiter versucht mich wach zu rütteln, doch ich ignoriere​ es. Auf einmal wird mir die Decke weggezogen und ich liege da. OHNE DECKE.

»Mom«, rufe ich verärgert aus, »ich bin doch schon wach.«

»Steh jetzt auf.«

»Gib mir die Decke wieder«, sage ich warnend und drehe mich auf den Bauch.

»Sei jetzt brav und mach dich fertig«, lacht sie. Sie lacht ? Ist das ihr Ernst?

»Ich bin krank«, sage ich wehleidig und huste gespielt. Leider glaubt sie mir nicht und zieht mich an den Füßen aus dem Bett. »Boah, ist ja gut. Ich bin doch schon längst dabei«, beschwichtige ich sie und seufze laut auf.

In der Zeit sammelt meine Mutter benutzte Wäsche ein und geht Richtung Tür. »Ach, und vergiss nicht, dass dein Vater und ich heute Abend wegfahren«, sagt sie noch, bevor sie ganz verschwindet.

»Jaja«, murmele ich, gehe ins Bad, um zu duschen und mich fertigzumachen.

Unten begrüße ich meinen Dad, setze mich an den Tisch und frühstücke.

An der Schule stelle ich mein Fahrrad in die Ständer und merke, dass keine
Menschenseele mehr hier ist. Vermutlich bin ich zu spät.

Ach was.

Mit meiner Tasche vollgepackt laufe ich zu meinem ersten Kurs, Englisch bei Ms. Henderson. Vor der Tür klopfe ich kurz an und gehe dann rein. Sofort drehen sich alle Augenpaare zu mir um und schauen mich an.

Ich bin doch kein Ausstellungsstück im Museum.

»Ms. Gear, warum kommen sie zu spät?«, fragt meine Lehrerin und sieht mich abwartend an.

»Ich habe älteren Menschen über die Straße geholfen«, lächel ich und lasse mich auf meinen Platz nieder.

Jaa, das entspricht jetzt nicht so ganz der Wahrheit, aber niemand kann es beweisen. Ich bin stolz auf mich und jetzt denkt euch, ich würde ein hinterhältiges Grinsen auf meinem Gesicht tragen.

»Oh«, sagt Ms. Henderson überrascht aus, »das ist natürlich entschuldigt.«

Nachdem sie weiter mit ihrem Unterricht macht, versuche ich aufzupassen und mir Notizen zu machen.

Nach der Stunde packe ich alles wieder ein und verlasse den Raum. Auf einmal spüre ich eine gewisse Präsenz neben mir.

»Omis und Opis über die Straße helfen? Was besseres ist dir nicht eingefallen?«, lacht er.

»Was meinst du?«, frage ich unschuldig.

»Ich weiß, dass du so etwas nicht tust«, sagt er und fängt dann an zu grinsen, »gib doch zu, dass du verschlafen hast, weil du an mich gedacht hast.«

»Ja, okay, ich finde dich eben so extrem heiß, dass ich ununterbrochen an dich denken muss. Tag und Nacht«, klimpere ich mit den Wimpern und gebe ihm ein Fake-Lächeln. »Und jetzt lass mich in Ruhe.«

Reeve lacht nur und funkelt mich amüsiert an. »Weißt du, du solltest nicht immer so grummelig durch die Gegend laufen. Das gibt Falten.«

»Wenn ich gleich mit dir fertig bin, hast du mehr als nur Falten«, knurre ich und laufe weiter.

Plötzlich werde ich mit meinem ganzen Körper gegen die Schließfächer gedrückt. Seine Hände hat er neben meinen Körper abgestützt und sein Gesicht ist nur Centimeter von meinem entfernt. Seine Lippen verziehen sich zu einem Schmunzeln und seine Augen wandern einmal komplett über mein Gesicht.

My Bad NeighborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt