Kapitel 23

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Reeve

Mein Vater erwartet mich bereits im Flur und schaut mich grimmig an. Er soll sich nicht ständig in solche Dinge hineinsteigern, denn ich bin alt genug, um selbst Entscheidungen zu treffen. Ich ziehe meine Schuhe aus und ignoriere seinen prüfenden Blick auf mir.

»Dürfte ich wissen, warum du nass bist?«, fragt er dann gerade heraus. Ich weiß, dass er nur „freundlicher Weise" es als Frage formuliert, denn er erwartet so oder so eine Antwort.

»Ich war im Aquapark, mehr nicht.«

»Du bist oft dort«, stellt er fest und ich sehe, dass ihm der Gedanke nicht gefällt. Es ist mir egal, denn es ist meine Freizeit, die ich verbringen darf, wie ich will.

»Na und? Was kümmert es dich?«

Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen und er rümpft die Nase. Ich verdrehe nur die Augen und gehe in mein Zimmer. Seine Meinung ist mir schon lange egal geworden.

In meinem Zimmer lege ich mich in mein Bett, verschränke die Hände hinter meinem Kopf und schaue aus dem Fenster. Die Sonne geht schon unter und wirft orangenes Licht an die Hauswand gegenüber. Six' Zimmer sieht verwaist aus und ich frage mich, was sie jetzt wohl macht. Ob sie ihre Kartons ausräumt? Bei dem Gedanken schmunzele ich und erinnere mich an den Tag zurück, als ich sie dort überrascht habe.

Ich erwische mich dabei, wie ich über sie nachdenke. Sie ist so ganz anders als all die anderen Leute, die ich kenne. Obwohl sie mit Maddy Ähnlichkeiten teilt, bringe ich sie nicht in Verbindung mit ihr. Ihre bunten Strähnchen verstärken ihre Unterschiedlichkeit gegenüber den anderen Mädchen. Auch wenn ihre große Klappe mich manchmal bis zum Rand meiner Grenzen bringt, finde ich sie irgendwie liebenswert.

Es ist ein seltsames Gefühl, was sich in mir ausbreitet, aber es fühlt sich willkommen an. Und das überrascht mich mehr als gedacht, denn ich kenne sie nicht gut genug, um so etwas zu denken. Sie trägt immer noch ein Geheimnis mit sich herum. Dieses Geheimnis kann alles sein. Vielleicht ist es auch total unspektakulär, aber ich will es wissen. Ich habe das Gefühl, dass ich sie dadurch besser verstehen werde.

***

Ich räume meine Bücher in den Spind und werde plötzlich an meiner Schulter gepackt. Jared.

»Was geht, Reeve?«, fragt er und lehnt sich an die Spinde. Ich schlage meinen zu und laufe an ihm vorbei durch den Flur. Er folgt mir.

»Das übliche, aber Smalltalk ist nicht mein Ding, also überspringen wir diese Unterhaltung einfach und du sagst mir, was du eigentlich willst«, antworte ich.

Jared grinst, überholt mich und läuft rückwärts vor mir her. »Was tust du an deinem Geburtstag? Denn wenn du keine legendäre Party schmeißt, bin ich echt enttäuscht von dir.«

»Dann sei enttäuscht, denn mein Vater wird es mit Sicherheit nicht erlauben, so viele schwanzgesteuerte Jungen in seinem Haus herumlaufen zu lassen.«

»Ach, lass das mal meine Sorge sein. Du wirst eine Party schmeißen, oder besser gesagt: Ich werde sie schmeißen«, sagt er geheimnisvoll, reibt sich die Hände  und verschwindet. Alles klar.

Ich laufe zum Klassenzimmer und begegne Six und Finnick, wie sie sich davor unterhalten. Finnick lächelt sie an, berührt sie total zufällig am Arm und Six scheint es nichts auszumachen.

Automatisch balle ich meine Hände zu Fäusten und in mir kocht etwas, was dringend an die Oberfläche muss, dennoch halte ich mich unter Kontrolle.

Finnick ist falsch, seine Person ist falsch. Er hat etwas zu verbergen und ich weiß, dass es etwas mit Six zu tun hat. Ich erinnere mich an das Foto, was ich in ihrem Zimmer gefunden habe. Es wäre zu zufällig, als dass das alles nichts miteinander zu tun hat.

Ohne Six oder Finnick zu begrüßen, laufe ich an ihnen vorbei in die Klasse und überlege mir, wie ich mehr herausfinde, was Six betrifft, aber auch was ihn betrifft. Ich traue ihm nicht.



Nach dem Unterricht fange ich Finnick hinter der Schule ab und drücke seine Schultern mit meinem Unterarm an die Wand.

»Wa? Reeve, was soll das? Was tust du da?«, keucht er und versucht mich von sich zu schieben, doch ich lasse nicht locker.

»Tu nicht so als ob du keine Ahnung hast. Ich habe dich gesehen und wage es ja nicht, das zu leugnen«, zische ich und drücke fester zu.

Er verzieht sein Gesicht und hört auf sich zu wehren. »Reeve, ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber ich habe nichts mit alldem zu tun. Ich weiß nicht einmal, worüber du redest«, gibt er wider.

Denkt er tatsächlich, ich wäre so blöd?

»Ich habe gesagt, du sollst es nicht leugnen. Damals im Cafe. Denkst du, ich hätte es nicht mitbekommen? Erinnerst du dich nicht mehr?« Meine Stimme ist leise und gefährlich und wenn er es noch einmal leugnet, kann ich für nichts mehr garantieren.

Doch anstatt mir weiter Lügen aufzutischen, wird sein Gesicht blass und er bekommt große Augen. »Du weißt gar nichts«, zischt er dann und drückt mich mit aller Kraft von sich, so dass ich nach hinten taumele und er an mir vorbei rauscht.

Ich sehe ihm nach und ich weiß, dass ich diesen Typen hasse. Ich habe das drängende Bedürfniss Six zu beschützen und von ihm fernzuhalten, doch dazu habe ich keine Erlaubnis.

Das Einzige, was ich tun kann, ist sie davon zu überzeugen, wie wichtig sie mir ist, ihr zu zeigen, was sie mir bedeutet, um sie von ihm fernzuhalten.

Vielleicht geht das alles gerade ziemlich schnell, aber ich bin mir sicher, dass sie es wert ist.

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B: Es gibt ein Problem

A: Und was soll das für eines sein?

B: wir wurden zusammen gesehen

My Bad NeighborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt