Kapitel 16

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Abrupt setze ich mich auf und versuche irgendwelche weiteren Geräusche ausfindig zu machen, doch es bleibt still.

Ich sollte dem lieber auf den Grund gehen. Also schnappe ich mir das nächstbeste, was ich finden kann. Die Fernbedienung. Nicht gerade effektiv, aber müsste man praktisch anwenden können.

Auf Zehenspitzen laufe ich quer durch das Wohnzimmer und drücke mich dann gegen die Wand. Nur für alle Fälle. Nach weiteren Sekunden, in denen ich gelauscht habe, schleiche ich weiter.

Wie ein Einbrecher hüpfe ich durch den Flur, auf alles vorbereitet. Mit einem Mal geht die Tür neben mir auf und eine Gestalt ist erkennbar. Da es dunkel ist, kann ich absolut nichts erkennen, was mir hilft.

Ich schreie erschrocken auf und ohne darüber nachzudenken, werfe ich die Fernbedienung in dessen Richtung. Mit einem dumpfen Knall prallt die Fernbedienung an dem Körper ab und ich höre ein gequältes Stöhnen.

»Was zur ... ?«, keucht eine angenehm tiefe Stimme.

»Reeve?«, frage ich dann überrascht und laufe auf ihn zu.

»Wer sonst?«, brummt er nur. Ich mache das Licht an und sehe ihn an der Wand lehnen und sich seine Schulter halten.

»Was machst du hier?«

»Ich wohne hier?!«, antwortet er, als sei es selbstverständlich. Naja, ist es ja auch. »Sag mal, wolltest du mich gerade mit 'ner Fernbedienung ausknocken?«, fragt er dann ungläubig und hält den "Kampfgegenstand" hoch.

»Ich, äh ..., ich hab halt das Erstbeste genommen?«, rechtfertige ich mich. So halbwegs.

Mit einem Seufzen lässt er seinen Arm wieder fallen und lacht leise.

»Was ist so lustig?«, frage ich misstrauisch.

Er sieht mich an und schmunzelt. »Ich fasse es nicht, dass du mich damit verscheuchen wolltest.«

»Ich habe dich wenigstens getroffen und das mit Absicht.«

»Habe ich letzte Mal auch«, raunt er und zwinkert. Eine Anspielung auf unser Footballtraining.

»Ehm, und wie war das Spiel?«

»Gut. Ich meine, wir haben gewonnen, das ist cool«, sagt er leise. Sein Kopf wendet sich von mir ab und er fährt sich mit einer Hand durch die Haare. Er wirkt ... anders. So plötzlich.

»Wow, das ist .. toll. Zu gewinnen ist bestimmt ein unglaubliches Gefühl«, sage ich genauso leise, weil ich Angst habe, dass meine laute Stimme die Luft zerreißen würde.

Er dreht seinen Kopf wieder in meine Richtung und mustert mich. »Ja, das ist es. Vermutlich.« Den letzten Teil des Satzes flüstert er nur noch und ich bin mir nicht sicher, ob ich das hören sollte.

»Ich sollte vielleicht dann mal gehen. Du bist jetzt hier, und Isy schläft«, lächele ich leicht und trommele mit meinen Fingern auf meinem Oberschenkel rum.

»Du musst noch nicht gehen. Ich meine, wir könnten noch etwas Playstation spielen oder so.« Er richtet sich auf und blickt mich abwartend an. »Ich könnte dir zeigen, wie man bei Mario Kart gewinnt«, und schon ist sein freches Grinsen wieder da. Ich habe mir wirklich kurz Sorgen gemacht.

»Ich bin Profi, Hunter«, sage ich selbstbewusst und werfe mir die Haare zurück.

»Dann zeig es mir, Parrot«, sagt er auffordernd und schnalzt mit der Zunge.

»Na schön.« Ich laufe an ihm vorbei ins Wohnzimmer und setze mich auf den Boden vor dem Fernseher. Reeve kommt geschmeidig hinterher, legt das Spiel ein und setzt sich neben mich.

My Bad NeighborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt