Schneeballschlacht im Mondschein

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Allerdings machten wir noch einen kurzen Abstecher zum Quidditchfeld. Sirius und ich flogen auf den Schulbesen aus der Kammer herum, Peter sah uns klatschend zu und Remus saß kränklich auf der Bank. Danach ließen wir uns entspannt im kalten Schnee wieder und die anderen sprachen mich auf Lily an. "Sag mal, Krone, was läuft denn da zwischen dir und Evans?", wollte Peter frech wissen. "Sei du besser leise, sonst beiße ich dir deinen winzigen Rattenschwanz ab!", drohte ich gespielt ernst und fletschte böse die Zähne. Sirius kugelte sich vor Lachen im Schnee und Peter sah mich entsetzt und verängstigt an. "Mensch, Wurmschwanz, er macht doch nur Spaß!", klärte Remus unseren Freund schmunzelnd auf. Peter griff nach etwas Schnee und innerhalb von Sekunden war die zweite Schneeballschlacht an diesem Tag ausgebrochen. Die Wolken verdeckten den Mond, sodass ich in der Dunkelheit nicht sehen konnte, wen ich überhaupt mit meinen Schneebällen traf. Es klatschte laut, als ich Peter abwarf und er laut jammerte, dann stolperte auch noch Sirius von hinten in mich hinein. Nachdem wir uns alle wieder gesammelt hatten, fragte Sirius plötzlich: "Moony? Alles in Ordnung? Du sagst ja gar nichts!" In diesem Moment lichtete sich der wolkenverhangene Himmel und der Glanz des prallen Vollmondes tauchte die Ländereien von Hogwarts in gleißendes Licht. Vollmond. Siedend heiß fiel es mir wieder ein. Wir hatten den Kalender total vergessen und nicht auf den Mondzyklus geachtet. Erstarrt vor Schreck sah ich zu Remus hinüber, dessen innere Verwandlung offenbar bereits vor einigen Minuten begonnen hatte. Sirius und Peter schauten ebenfalls voller Grauen zu unserem Freund, der sich nun unter Qualen zu winden schien. Innerhalb von Sekunden waren auch Sirius, Peter und ich in unserer Tiergestalt. Doch die Verwandlung in einen Animagus war weitaus weniger schmerzhaft als die monatliche Verwandlung in einen Werwolf. Remus' Zähne wurden immer länger, seine Hände verformten sich zu Krallen und er bekam eine Schnauze. Verdammt. Wir waren hier draußen alleine mit einem Werwolf und niemand wusste davon. Professor Dumbledore und Madam Pomfrey fragten sich bestimmt schon, wo Remus war. Wenn sie uns hier entdeckten, wäre alles vorbei: Wir würden der Schule verwiesen werden. Nach Askaban kommen. Denn als unregistrierte Animagi hatten wir das Gesetz gebrochen, das war mir klarer als je zuvor. Ich war heilfroh, dass die Mädchen drinnen waren. Sirius, der jetzt ein schwarzer Hund war, gab mir ein Zeichen und ich verstand ihn sofort: Es wäre das Beste, wenn wir Remus gemeinsam zur Heulenden Hütte treiben würden. Über alles andere könnten wir später nachdenken. Mit meinem Hirschgeweih stieß ich den Werwolf an. Er knurrte, folgte mir aber über die Wiese. Wir vier mussten wohl ein ziemlich komisches Bild abgeben: Ich stolzierte vorne, dicht hinter mir trottete Remus, als Drittes hechelte Sirius aufgeregt und am Schluss Peter flitzte den Weg entlang. Etwas beruhigt war ich erst, als ich von weitem die Peitschende Weide entdeckte. Wir hatten es fast geschafft, doch auf einmal heulte Remus laut auf und machte auf dem Absatz kehrt. Sirius bellte, doch der Werwolf hörte nicht und schoss in Richtung Gewächshäuser davon. Ohne groß Nachzudenken galoppierte ich ihm nach und Sirius und Peter setzten sich ebenfalls in Bewegung. Voller Adrenalin stampfte ich vor dem Gewächshaus mit meiner rechten Hufe auf und schnaubte. Wo bei Merlins Bart war Remus? Da ertönte von Gewächshaus 3 ein angsteinflößendes Knurren und ein Wimmern, das auch mich Erzittern ließ. Ich stakste um die Ecke und vor mir bot sich ein erschreckender Anblick: Remus stand drohend über einem kauernden Zweitklässler und fletschte die Zähne. Ich wollte gerade losstürzen, als etwas Schwarzes an mir vorbei schoss und sich auf den Werwolf stürzte. Sirius. Sie lieferten sich einen erbitterten Kampf, sodass ich es nicht wagen konnte, mich auch noch einzumischen, sonst hätten wir uns ernsthafte Verletzungen zugezogen. Remus versetzte Sirius einen kräftigen Stoß und fuhr dem Zweitklässler mit seinen krallen über die Wange, sodass dieser laut aufschrie. In diesem Moment machte Peter das Chaos komplett, als er in seiner Menschengestalt hineinstolperte: "James . . . Sirius . . . Dumbledore und McGonagall sind auf dem Weg hierher!" Er keuchte und fuchtelte wild mit seinen Armen herum. Fuck. Sirius und ich hatten keine Wahl und legten unsere Animagusgestalt ab. Wir konnten nicht riskieren, dass unser Geheimnis entdeckt wurde. Remus brüllte jetzt wütend und verriet so unseren Standort, was unser Glück war, denn schon eine Sekunde später standen die Lehrer vor uns. Professor Dumbledore erfasste die ganze Situation mit einem Blick und zu unserem Erstaunen zog er ohne mit der Wimper zu zucken seinen Zauberstab und schockte Remus, der sofort über dem weinendem Zweitklässler zusammenbrach. "Minerva, ich denke, Sie sollten Mr Potter, Mr Black und Mr Pettigrew zu Madam Pomfrey bringen, am besten nehmen Sie den jungen Mr Boot gleich mit. Ich kümmere mich währenddessen um unseren Mr Lupin . . .", sagte er ruhig. Zitternd und ohne Widerspruch zu leisten folgten wir unserer Hauslehrerin. Sirius und ich trugen den Zweitklässler aus Ravenclaw, der ohnmächtig schien. Zwischendurch warfen wir uns verstohlene Blicke zu und stellten uns exakt die selbe Frage: Wie sollten wir aus diesem Schlamassel wieder rauskommen? Im Krankenflügel legte ich erschöpft Mr Boot ab, der sogleich von madam Pomfrey versorgt wurde. Ich hob den Blick und sah zu meiner Überraschung eine schwer atmende und aufgeregte Lily. Sie stand am anderen Ende des Krankenflügels und hatte Dreck im Gesicht. Bevor ich wusste, was geschah, lag sie in meinen Armen und ihr angenehmer Apfelduft stieg mir in die Nase. Sanft streichelte ich ihr über den Rücken und flüsterte meine Fragen in ihr Ohr, doch sie schüttelte immer wieder den Kopf. Schließlich löste sie sich von mir und nahm mein Gesicht in beide Hände. Mit einem wilden Blick in ihren grünen Augen musterte sie mich und strich dauernd erleichtert mit ihren Fingerspitzen über meine Wange. "Merlin", wisperte sie atemlos. "Ich bin James, schon vergessen?", sagte ich, um die verwirrende Situation etwas zu entschärfen und ihr ein Grinsen zu entlocken. Es funktionierte nicht, Lily schluckte nur schwer. "Ich bin so froh, dass dir nicht passiert ist", murmelte sie mit erstickter Stimme und lehnte ihre Stirn an meine. "Woher weißt du denn, was geschehen ist?", wollte ich verwundert wissen. Sie senkte verlegen den Blick auf den Boden des Krankenflügels. "Ich weiß schon seit einiger Zeit, dass Remus ein Werwolf ist. Als ich euch in der Bibliothek getroffen habe, war es Mitte November und offenbar hatte Remus gerade eine Verwandlung hinter sich. Jetzt ist es Mitte Dezember, und mir ist erst vor einer halben Stunde eingefallen, das heute Vollmond ist. Deshalb bin ich schnell zu Professor Dumbledore gelaufen, um ihn über euren Aufenthaltsort zu unterrichten. Ich hoffe, du bist nicht sauer deswegen?" Ihre Unterlippe zitterte. Sauer? Ich war sprachlos! "Lily", sagte ich grinsend. "Du bist mit Abstand das schlauste Mädchen, das ich kenne. Und aus diesem Grund liebe ich dich auch so." Sie wurde rot und ich ergänzte schnell: "Und natürlich bin ich nicht sauer, du hast uns das Leben gerettet!" In diesem Moment gesellte sich Professor McGonagall zu uns und verlangte eine Erklärung. Stockend berichtete ich von unserem Nachmittag draußen und von unserer Schneeballschlacht. Dann kam ich zu dem Punkt mit Remus' Verwandlung und ließ das kleine, unbedeutende Detail von unserer Animagusverwandlung aus. Obwohl ich zu gerne McGonagalls Gesicht gesehen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ihre Lieblings-Rumtreiber Animagi sind . . . "Wir wissen ja schon seit unserem ersten Schuljahr hier in Hogwarts, dass Remus ein Werwolf ist. Als er sich verwandelt hat, ist er sofort zum Gewächshaus gelaufen. Als wir ankamen, bedrohte er gerade den Zweitklässler", übernahm Sirius das Erzählen. McGonagall hörte uns die ganze Zeit ruhig zu, die Lippen zu einem schmalen Strich gezogen. Sie holte tief Luft. "Nun gut", sagte sie endlich, "Euch trifft keine Schuld, im Gegenteil, Sie haben sich ganz ehrwürdig verhalten. Das macht 20 Punkte für Sie alle drei, und natürlich auch 20 Punkte für Ms Evans' schnellen und klaren Verstand." Wir atmeten dankbar auf und McGonagall bedachte uns mit einem ihrer seltenen Lächeln. "Obwohl ich Sie bitten muss, beim nächsten Mal früher das Schloss aufzusuchen. Sie haben großes Glück gehabt, genau wie der junge Mr Boot hier. Er hatte sein Lehrbuch im Gewächshaus vergessen und wollte es holen gehen, um für den anstehenden Test zu lernen." Sie schüttelte missbilligend den Kopf über diese leichtsinnige Aktion, dann schickte unsere Hauslehrerin uns in unsere Schlafsäle. Händchenhaltend ging ich mit Lily den Weg zum Gemeinschaftsraum und wartete dann verschmitzt, bis Sirius und Peter uns alleine ließen. Lily sah bedrückt aus. "Armer Remus. Er tut mir furchtbar Leid!", flüsterte sie. Ich strich ihr liebevoll über die Wange: "Ja, mir auch. Aber ohne dich wäre er heute Nacht noch viel schlimmer dran gewesen! Obwohl er sich auch so schreckliche Vorwürfe machen wird." Düster dachte ich an seine Reaktion, wenn er morgen von seiner nächtlichen Attacke erfahren würde. Jetzt lächelte Lily: "Ich bin wirklich froh, dass er dich hat, James. Du bist ein guter Freund." Ein warmes Gefühl durchströmte mich. Grinsend küsste ich Lily und murmelte dann: "Das will ich doch auch hoffen . . ."

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