Kapitel 7

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Etwas feuchtes schlabberiges fährt über meine Wange. Ich drehe den Kopf weg und will weiterschlafen, da legt Milky sich einfach auf mich drauf. Ich öffne die Augen und betrachte den unverschämten Beagle, der mir zuerst über Gesicht geleckt hat und jetzt hechelnd auf mir liegt. Er sieht so aus als würde er mich schadenfroh angrinsen.

"Geh von mir runter", murre ich verschlafen und drücke den Hund von mir runter.

Dieses Vieh hat für einen Beagle einen enorme Kraft. Na super, jetzt bin ich wach. Ich starre auf meinen Wecker. Zehn Uhr morgens. Nicht gerade meine Aufsteh-Zeit, wenn Ferien sind. Normalerweise bekommt man mich in den Ferien vor um zwölf nicht zu Gesicht. Ich setze mich auf und mein Blick bleibt an dem Block am Fußende hängen. Ich war bis vier Uhr morgens wach und habe es tatsächlich geschafft einen ganzen Song zu schreiben, den ich persönlich gar nicht so miserabel finde. Ich ziehe den Block zu mir und lese mir den Songtext noch einmal durch. Es ist das Gefühl, dass ich habe, wenn ich mit Cam alleine bin. Ich habe es in Worte gefasst und kann es kaum erwarten, was er dazu sagen wird. Es gibt nur eine Sache, die ich vorher noch hin bekommen muss. Ich muss es schaffen, dass meine Eltern mich zu Cam gehen lassen, anstatt mit zu Tante Josie. Ich binde mir meine Haare zusammen und gehe nach unten. Milky folgt mir mit hopsenden Schritten und rennt dann in die Küche zu seinem Futternapf. Meine Eltern und Jonas sitzen schon am Küchentisch. Das ist die Chance. Ich muss fragen, so lange mein Dad noch dabei ist, wenn ich Mom alleine frage sagt sie garantiert nein. Wenn ich Dad alleine frage, dann sagt er das ich Mom fragen soll. Ich glaube manchmal hat er ein wenig Angst vor ihr. Ich lasse mich an meinen Platz neben Jonas fallen, dessen Mund schon vollkommen mit Schokoladeneis verschmiert ist. Auf seinem weißen T-Shirt ist ein riesiger brauner Fleck. Es ist mal wieder typisch. Mein kleiner Bruder bekommt alles was er möchte, selbst wenn es Eis zum Frühstück ist, und ich nicht. Ich muss um alles betteln. Es ist unfair. Ich nehme mir eine Schale und fülle sie mit Cornflakes, die ich daraufhin in Milch ertränke.

"Darf ich heute zu Cam?",  will ich wissen und sehe meinen Vater bittend an.

Wenn es mir jemand erlauben würde, dann er. Bei meiner Mom brauche ich es erst gar nicht versuchen.

"Wir gehen heute zu Tante Josie", sagt meine Mom, als wolle sie mich daran erinnern.

"Ich will aber nicht mit."

Tante Josie ist die Schwester meiner Mutter und sie ist der totale Albtraum. Sie nörgelt die ganze Zeit herum, muss alles und jeden kritisieren und jammert ständig über ihr Leben. Der einzige Grund, wieso wir sie immer noch besuchen kommen ist, weil sie eine hervorgegangende Köchin ist und ihre Desserts nicht von dieser Welt sind. Mein Dad wirft meiner Mom einen vielsagenden Blick zu.

"Wir haben Josie aber gesagt, dass wir alle kommen", hält meine Mom weiter an ihrem Plan fest.

 "Dann sagt doch einfach das ich krank bin. Das mit Cameron ist echt wichtig."

Meine Mutter beißt in ihr Brötchen.

"Lass sie doch gehen, liebes", endlich sagt mein Dad mal was.

Ich hatte schon Zweifel, dass er sich heute überhaupt nicht mehr für mich einsetzen würde.


"Na von mir aus", seufzt meine Mutter. "Danke Daddy", ich umarme ihm kurz und setze mich dann wieder auf meinen Platz und esse fertig.

 "Wie kommst du denn zu diesem Cam?", will mein Dad wissen.

Meine Mutter beginnt lautstark den Tisch ab zu räumen. Klappert mit den Tellern und dem Besteck und wirft mir finstere Blicke zu. Ich ignoriere sie einfach, wie sonst auch.

"Cam holt mich ab", erkläre ich Dad.

Mein Vater nickt und lächelt dabei ein wenig. Er vertraut mir viel mehr als meine Mom es tut. Er weiß das ich mich niemals mit den falschen Leuten abgegeben würde. Ich stelle meine leere Schüssel in die Spülmaschine und gehe wieder nach oben. Ich dusche lange und denke darüber nach, was heute zwischen mir und Cam passieren wird. Vielleicht passiert auch gar nichts. Ich hoffe aber das etwas passiert. Ich fühle mich wie auf Drogen, seitdem Cam mir gestern gesagt hat, dass er mich mag und ich kann es kaum erwarten ihn wiederzusehen. In meinem Bauch tanzen tausende Schmetterlinge vor Aufregung und mein Herz schlägt wie wild. Ich steige aus der Dusche und wickele mich in ein Handtuch. In meinem Zimmer bleibe ich vor meinem Schrank stehen und überlege was ich anziehen soll. Nach fünfzehn Minuten und einem ziemlichen Chaos ziehe ich eine Jeans und ein Top an, dass ein wenig von meinem Bauch freigibt. Ich sitze noch in meinem Zimmer rum und höre, wie meine Eltern das Haus verlassen und Jonas sich darüber beschwert, dass ich nicht mit muss und er schon. Ich kann mir ein Grinsen nicht nehmen lassen und gehe nach unten, sobald das Auto die Einfahrt verlassen hat. Cam wird erst in einer Stunde kommen. Ich halte es jetzt schon nicht mehr aus. Er soll jetzt schon kommen. Ich ziehe mein Handy aus meiner Jeans und entsperre den Display. Eine neue Nachricht von Phyllis, in der sie uns mitteilt, dass morgen ein Fotoshoot stattfindet. Oh Gott. Ich und Fotos. Jetzt bekomme ich doch ein wenig Angst. Was wenn ich neben den drei Jungs nicht gut genug aussehen werde. Ich öffne den Kühlschrank und hole mir den Rest von dem Schokolandeneis hervor. Ich könnte Cam schreiben, dass er schon früher kommen kann, aber das wäre ein wenig aufdringlich und eine Spur verzweifelt. Also beschließe ich Miri endlich mal anzurufen. Seitdem sie weg ist habe ich sie erst einmal angerufen und das ist schon ein paar Tage her. Schon nach dem ersten Klingeln nimmt sie ab.

Shy Star Where stories live. Discover now