Kapitel 33 [überarbeitet]

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Wortlos stand ich vor einem großen Spiegel. Feuer erleuchtete die geräumige Höhle, in der vier Betten standen, frisch gemacht und sauber. Nur unsere Waffen und Rucksäcke zeugten davon, dass der erdige Raum tatsächlich bewohnt werden sollte.

Ich hörte Mara nicht. Sie hatte Shay fortgebracht zur Krankenstation, wo ich sie treffen würde um Clara und Hailey zu besuchen.

Es war mir immer schwergefallen, meinen eigenen Körper zu beurteilen, aber nun viel sogar mir auf, dass ich mager geworden war. Die letzten Tage hatten mich viel gekostet. Wunden waren über meinem Körper verteilt, manche von ihnen hatte ich erst bemerkt, als das kalte Grundwasser der hier lebenden Waldläufer meinen Körper hinabgerannen war und sie gesäubert hatte.

Mein rotbraunes Haar glänzte, die Locken kräuselten sich und standen mir zum Teil vom Kopf ab. Meine Augen wirkten matt. Zähneknirschend sah ich mich selbst eisern an, als ob ich darauf warten würde eine Antwort darauf zu bekommen, wer da stand.

Doch ich wusste es. Seit meiner Erkenntnis im Wald, im Kampf gegen Tikra, war es mir klar geworden. Und der Seher ein weiteres Mal Recht behalten.

„Ihr habt wohl andere Kleidung erwartet", sagte Mara in die Stille hinein. Mein Tunnelblick löste sich auf. Ich drehte mich nicht um, fand den Blick der Waldläuferin im Glas des Spiegels. Sie hatte meine Stille und die Musterung meines Körpers falsch gedeutet und auf den schwarzen, enganliegenden Hosenanzug bezogen.

„Nein", erwiderte ich selbstsicher. „Nur eine andere Person."

Mara lächelte spöttisch und sah für einen Moment auf den Boden. Sie hatte ihre Arme hinter dem Rücken verschränkt und ihre Schultern durchgestreckt, was mir deutlich zeigte, dass sie keine Angst vor mir hatte.

„Ihr hättet Euch die Haare färben lassen können. Niemand hätte Euch erkannt."
„Ihr versteht nicht", sagte ich und schritt nun langsam auf mein Bett zu. Als ich meinen Fuß auf die Bettkante stützte und mein Messer um die Wade schnallte, spürte ich ihren Blick in meinem Rücken.

„Ich habe es nicht negativ gemeint, dass ich mich nicht erkannt habe." Wieder eine Pause meinerseits. Ich griff nach meinen Kurzschwertern, schnallte sie um die Hüfte.

„Vielmehr... überrascht."

Mara antwortete mir nicht. Als ich hörte, dass eine weitere Person den Raum betrat, drehte ich mich nun doch endgültig um. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich einen großen, mir sehr bekannten, Mann neben Mara stehen sah. Die Schatten gruben tiefe Falten in sein vernarbtes Gesicht und ließen Ceppu unendlich alt aussehen.

„Mara, würdest du uns für einen Moment alleine lassen?", fragte er und sah zu ihr herab. Sie war so viel kleiner als er, fast ein lustiges Bild gaben die Beiden ab.

Mara nickte nur stumm, dann sagte sie an mich gewandt: „Ich warte draußen."

„Ich werde sie zur Krankenstation bringen", klärte Ceppu sie sofort auf. Wieder ein Nicken von Seiten der Kriegerin, dann verschwand sie.

Ich brauchte noch zwei weitere Sekunden, bevor ich auf meinen alten Kampflehrer zulief und in seine kräftigen Arme fiel. Hinter ihm sah ich Clementine stehen, die Augen freundlich aber das Gesicht versteinert. Ich beachtete sie nicht.

„Ich bin froh, dass es Euch gut geht, junge Meisterin." Vorsichtig drückte Ceppu mich von sich, sein Blick glitt über meinen Körper wie ich es vorher getan hatte.

„Nur dank deiner Tochter", bemerkte ich und lächelte Clementine zu. Sie lächelte schüchtern zurück.

„Ich wünschte, das alles wäre anders verlaufen." Ceppus ruhige, dunkle Stimme tat gut in meinen Ohren. Irgendwie konnte ich nicht wirklich glauben, dass er tatsächlich vor mir stand, seine Hände auf meinen Armen.

Die WaldläuferWhere stories live. Discover now