Kapitel 18 [überarbeitet]

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„Calum?"

Mein Bruder zuckte zusammen als er meine Stimme hinter sich hörte und drehte sich um. Er saß mit dem Rücken zu mir auf einer Holzbank, um ihn herum auf dem Tisch verteilt überall Bücher. Seine Haare standen ihm in allen Himmelsrichtungen ab.

Ich hatte den Weg bis zur Schulbibliothek ganz ohne Hilfe gefunden, auch wenn das einige Zeit gedauert hatte. Hier war ich noch nicht gewesen und interessiert hatte es mich auch nie. Nun war ich jedoch trotzdem überrascht von der Masse an Büchern, die mir entgegenschlug.

"Diane...?" Ich glaubte leichte Überraschung aus seiner Stimme hervor zu hören, doch ich ignorierte es und setzte mich neben ihn.

"Weißt du wie lange ich gebraucht habe hier hoch zu kommen? Ich glaube Christoph Columbus hat Amerika schneller gefunden als ich diese bescheuerte Bücherei... Hast du etwas Interessantes entdeckt?"

Ich deutete auf die Bücher und vielen Blätter die vor ihm lagen und ignorierte meinen Drang ihn darauf hinzuweisen, wie leichtsinnig er war, hierher zu kommen. Was hatte sich der Seher nur dabei gedacht ihn einfach aus den Augen in das Dorf laufen zu lassen?

Ich hörte ihn neben mir leise auflachen.

„Du bist lustig. Hast du eine Ahnung, wie schwer es ist irgendeine nützliche Information hier heraus zu filtern? Ich habe rein gar nichts gefunden, zumindest nichts wirklich Interessantes. Ich verstehe ja, dass die ihr Volk und so lieben, aber hier sind nur Unterrichtsmaterialien, nichts jedoch über die Geschichte. Hier sind ein paar Sachen-"

Calum wühlte in einem der Blätterhaufen und zog dann drei Blätter hervor, auf denen ich seine Handschrift erkannte.

„Und die habe ich auch direkt rausgeschrieben - aber die hören an einem Punkt einfach auf, so als würde da nichts mehr passieren. Was komisch ist, denn wenn man sich anguckt was alles geschehen ist, bevor die Aufzeichnungen verschwinden, dann ist es klar das noch irgendein wichtiges Ereignis folgen muss, irgendetwas, das die Ordnung der Waldläufer durcheinander schmeißt um eine Neue überhaupt erst zu erschaffen. Verstehst du, was ich meine?" Seine blauen Augen schauten mich abwartend an, während ich die Informationen durch mein Hirn laufen ließ.

"Okay", fing ich an und ließ meinen Blick über die aufgeschlagenen Bücher schweifen. "Das bedeutet das dem Volk - und uns - eindeutig etwas vorenthalten wird. Aber wieso sollte das geschehen?"

Meine Hand griff sich ein Buch und blätterte darin.

"Die Buchseiten fühlen sich noch relativ neu an."

Ich hob das Buch hoch und roch daran. Als ich es wieder ablegte suchte ich Calums Blick. "Also entweder schaut nie jemand in diese Bücher, oder sie sind wirklich so neu, dass sie fast ungenutzt sind.", sagte ich.

Mein Bruder strich sich nachdenklich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, und diese Geste erinnerte mich so stark an Harry, dass ich schwer schlucken und woanders hinsehen musste um meinen Tränen Einhalt zu gebieten. Glücklicherweise bemerkte er das nicht, denn er hatte bereits wieder damit angefangen in seinen Aufzeichnungen und den Büchern zu blättern.

„Du weißt bestimmt", begann er aufgeregt zu erzählen, „dass ihr von einem uralten Volk abstammt. Es wird das alte Volk genannt, die Mitglieder davon sind die Urwäldler."

Ich nickte. Davon hatte ich schon einiges gehört, vor allem im Zusammenhang mit Magie.

„Hier steht überall beschrieben, dass die Urwäldler diejenigen verstießen, die keine Magie in sich trugen. Anfänglich waren das sehr wenige und man kam mehr oder weniger damit klar, aber irgendwann wurde es mehr zu einer Seltenheit, wenn man solche Kräfte besaß. Die Urwäldler begannen damit, diejenigen zu verstoßen, die keine Magie in sich trugen, damit nur die Familien weiter Kinder innerhalb des Volkes bekommen konnten, die auch wirklich solche Linien weiterführen könnten. Das Problem war, dass man sich damit quasi ein eigenes Körperteil abschnitt. Die Urwäldler brauchten ihr Volk, um weiter gut über die Wälder und Pflanzen herrschen zu können, so wie es vorgesehen war. Die Wenigen, die bleiben durften, wurden immer mächtiger, weil keiner mehr da war der ihnen Einheit gebieten konnte, die Verstoßenen lebten auf Todes Klinge, weil sie nie gelernt hatten alleine im Wald zu überleben."

Die WaldläuferWhere stories live. Discover now