In der Bibliothek

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Merlin, er machte es mir echt nicht leicht! Er setzte noch einen oben drauf: "Bitte sei meine Hirschkuh, Lily!" Ich biss mir fest auf die Lippe, um nicht los zu prusten. Aber im nächsten Moment drängte sich wieder das Bild von ihm und Marlene in meinen Kopf. Sein zufriedendes, von sich selbst überzeugtes Lächeln . . . sein veträumter Blick in ihren Ausschnitt . . . Das brachte mich wieder zu Besinnung und ich schüttelte heftig den Kopf.

"Du hast mich sehr verletzt und ich werde mich nicht so ausnutzen lassen, das kannst du vergessen! Ich bin nicht eine von deinen Chics, die du behandeln kannst, wie du willst! Glaubst du wirklich, du kannst mich hintergehen, einmal mit dem Finger schnipsen und schon liege ich wieder in deinen Armen? Nein, ganz sicher nicht. Halt dich fern von mir, James Potter!"

Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging. Erst als ich den Gemeinschaftsraum verlassen hatte und er mich nicht mehr sehen konnte, fing ich an zu rennen und ließ die Tränen laufen.

Verdammt, ich vermisste ihn. Und ja, ich wollte ihn zurück.

Seine haselnussbraunen Augen eben hatten mich fast verrückt gemacht und sein Atem an meinem Hals trieb mich beihnahe in den Wahnsinn! Aber ich wehrte mich gegen die Versuchung, denn nur körperliches Begehren zählte nicht.

Ich wollte nicht, dass unsere Beziehung auf dieser Basis beruhte. Er hatte einen Fehler gemacht und ich sah ihn wieder als den arroganten Typen von früher. Ich würde sicherlich nicht wieder wie ein kleines Mädchen zu ihm zurückkehren, nur weil ich mich nach seinen Berührungen und seinen Küssen sehnte.

Nein, niemals!

Ich brauchte jetzt etwas Abstand von ihm. Entschlossen stieß ich die Tür der Bibliothek auf.

Ich hatte mir natürlich meine eigenen Bücher von zu Hause mitgebracht, denn hier konnte ich wohl kaum erwarten, etwas von Jane Austen zu finden. Aber genau das brauchte ich jetzt. Also warf ich meine Tasche auf den Tisch, was Madam Pince mit einem bösen Blick quittierte.

Dann schnappte ich mir "Emma", setzte mich mit Schwung auf das Fensterbrett und fing an, zu lesen. Die Geschichte von Emma und Mr Knightley verzauberte mich jedes Mal aufs Neue, ich regte mich immer über die übertriebene Besorgnis von Mr Woodhouse auf, ärgerte mich über die endlosen, ich-bezogenen Erzählungen von Ms Bates, verliebte mich in Mr Knightley, empfand Mitleid mit Harriet und schüttelte den Kopf über die eingebildete Mrs Elton.

Ich vergaß komplett die Zeit und als ich "Emma" beendet hatte, nahm ich mir "Stolz und Vorurteil". Ich liebte alle Jane-Austen-Bücher, doch dieses war mit Abstand mein Liebstes.

Kaum hatte ich angefangen zu lesen, setzte sich jemand zu mir. Verwundert hob ich den Kopf: Es war Remus. Er sah mich verständnisvoll an.

"Hey", begrüßte ich ihn sanft, mir tat mein Verhalten von gestern Abend sehr Leid.

"Hi", meinte er. "Was liest du denn da?" Mir war natürlich klar, dass er mich nicht gesucht hatte, um mit mir über Bücher zu reden, trotzdem ging ich dankbar auf das Gesprächsthema ein. "Jane Austen", antwortete ich und hielt das Buch hoch.

"Ah", machte er, "Meine Mutter hat auch ein paar Bücher von ihr im Schrank."

"Wirklich?", fragte ich überrascht und vergaß kurz wirklich meine Probleme. "Ja, ich bin ein Halbblut. Sie liest gerne Liebesromane . . . Worum geht es bei deinem Buch?"

Erleichtert über ein so unbeschwertes Thema erzählte ich leidenschaftlich: "Also, das Ganze spielt Ende des 18. Jahrhunderts in England. Elizabeth Bennet ist schlau, begabt und hübsch, hat vier Schwestern und möchte eigentlich noch gar nicht heiraten, aber ihre Mutter - eine schreckliche Frau - kann es gar nicht abwarten, sie unter der Haube zu sehen. Weißt du, damals diente die Heirat der Lebensversicherung. Dann trifft sie auf Mr Darcy, einen reichen und hoch angesehenen Mann, er wirkt auf den ersten Blick sehr arrogant und eitel, aber das ist nur der äußere Eindruck. Auch Mr Darcy hält am Anfang nicht viel von ihr, aber später verliebt er sich unsterblich in sie. Elizabeth lässt sich jedoch von den Vorurteilen leiten und lehnt seinen Heiratsantrag ab, bis sie erkennt, dass sie einen schrecklichen Fehler gemacht hat"

CollideWhere stories live. Discover now