Und obwohl man jetzt den Eindruck haben könnte, wir sehen uns still und stumm "Dr. Who" an, während ich Audrey beobachte, unterhalten wir uns nebenbei auch. Wir stellen die krudesten Theorien auf, geben Meinungen zu den Monstern ab und schwärmen für verschiedene Schauspieler. Als wir bei Folge 11 sind ist es bereits 20 Uhr und ich höre den Schlüssel in der Tür. "Meine Mum und meine Schwester kommen heim", sage ich, während ich mir mit den Fingern durch die Haare fahre. "Soll ich gehen?"; Nein, Nein, Nein... "Das musst Du nicht. Also, meinetwegen nicht" - ich atme tief durch "Wir können auch nach oben gehen und da wenigstens die Folge, die wir angefangen haben, noch zu Ende gucken". Sie nickt "Ich geh schon mal nach oben, ja? Oder soll ich bleiben?"; "Geh ruhig - ich kläre das mit meiner Mum, vorstellen kannst Du dich später immer noch". Mein Blick folgt ihren Bewegungen, als sie die Treppe hinaufsteigt und Sekunden später spüre ich auch schon Emely an meinem Bein hängen. "Na, Wirbelwind? Wie wars?". "Das erzählt sie Dir morgen", höre ich meine Mutter sagen, die mich in den Arm nimmt und begrüßt "Emely geht jetzt nämlich ganz schnell schlafen, so wie sie mein Auto zugegähnt hat". Ich strubbele ihr durchs Haar - "Na, dann auf! Zähne putzen! Bevor der Karies in Deine Zähne kriecht". Sie hält sich geschockt den Mund und rennt nach oben ins Bad. "Danke", lacht meine Mutter.

Kurz habe ich ihr erzählt, warum zwei Tassen auf dem Tisch stehen und ich Dr. Who schon wieder von vorne anfange. Sie hat mich ein wenig aufgezogen und schnell nach oben geschickt, mit der Aussage, sie würde das Desaster hier unten aufräumen - was eigentlich kein richtiges Desaster war. Nur ein bisschen Geschirr. "Du hast ein eigenes Bad, dass ist ziemlich cool. Und ich mag die schwarzen Bodenfliesen." - Ich werde sofort belagert, als ich das Zimmer betrete. "Ja, ich mag es auch ziemlich gerne. Früher hat mich das Parfüm meiner Mutter oft in den Wahnsinn getrieben. Mittlerweile habe ich mein Duschgel im ganzen Bad für mich" Ich lache und sie stimmt ein, während ich zum Schreibtisch gehe, um meinen Laptop hochzufahren. "Der Hirsch ist übrigens noch schöner geworden, als er in der Rohzeichnung schon war". Sie hatte sich scheinbar einmal komplett im Zimmer umgesehen, was mich nicht sonderlich störte. Oberflächlich war in meinem Zimmer nicht unbedingt viel erkennbar. "Ich bin auch ganz zufrieden mit ihm" - ich überlege kurz - "Magst Du ihn haben?" Ihre Augen blitzen auf, bevor sie sagt "Nein, dass kann ich nicht annehmen". "Warte, ich schreibe eine Widmung drauf, dann musst Du es annehmen".

Dein Blau war die passende Farbe. Ein Dank an Audrey.

Die Kappe des Stiftes hatte ich im Mund und ich drücke ihr die Zeichnung ohne weitere Worte in die Hände, während ich den Laptop aufs Bett trage. "Magst Du liegen oder Dich hinsetzen?" - sie sieht mich etwas verwirrt an, aber auf ihren Lippen liegt ein Lächeln. Ich muss schon wieder stark durchatmen, um zu realisieren, was ich hier eigentlich mache. Woher ich den Mut nahm, so mit ihr umzugehen, wusste ich nicht. Ihre Nähe fühlt sich vertraut an, auch wenn sie mir so gesehen nicht vertraut ist. "Liegen ist okay!", sagt sie und erst in dem Moment realisiere ich, was ich gerade mit der Frage angerichtet habe. Mein Herz pocht in meinen Ohren, während sie sich neben mich legt, als ich die Decke hochhalte. Ist das für sie wirklich kein Problem? Die Folge geht viel zu schnell vorbei und unter der Decke kann ich ihre Wärme spüren, ab und an berühren meine Beine die ihren und ihre Haare kitzeln an meiner Wange. Als der Abspann spielt, starren wir beide schweigend auf den Bildschirm. Die letzten 45 Minuten waren so angenehm gewesen, voller Lachen. Auch wenn das Schweigen sich jetzt nicht unangenehm anfühlt, ist es ungewohnt nach der ganzen Zeit. Ich bin mir sicher, sie kann mein Herz pochen hören. Ihren Atem vernehme ich jedenfalls gleichmäßig neben mir. "Soll ich Dich noch runter bringen?". Sie nickt und streckt sich, "Mein Tag war heute anstrengend", gähnt sie und hält sich sichtlich peinlich berührt die Hand vor den Mund. Ich grinse. "Ja, lach Du nur", nuschelt sie. Als sie ihre Sachen packt, kann ich nicht anders, als jede ihrer Bewegungen zu beobachten. Wie gerne würde ich sie jetzt von hinten umarmen, meinen Kopf auf ihre Schulter legen, in ihrer Halsbeuge vergraben und ihren Geruch wahrnehmen, der jetzt in meinem ganzen Bett zu hängen scheint. Ich würde so gerne ihre Nähe spüren, sie nicht nur körperlich näher kennenlernen. "Ja, ich komme", ich unterdrücke das Seufzen und folge ihr leise die Treppen hinunter. Die Uhr tickt laut im Flur.

Unten stehen wir an der Tür und ich blicke an ihr vorbei in die Nacht. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Wenn ich könnte, würde ich sie jetzt an mich ziehen, ihren Duft wahrnehmen und spüren wollen, wie sich ihre Lippen anfühlen. Aber ich muss mich zusammenreißen. Ich muss. Da darf nichts sein und am Besten, ich sehe sie nicht wieder - vermutlich, irgendwie. Verdammt, Florence! Reiß Dich zusammen! Aber das ist leichter gesagt, als getan. "Es war schön", sagt sie, und ich kann ein Lächeln auf ihren Lippen erkennen, da durch das schwache Licht im Haus, auch ein wenig nach hier draußen fällt. Als ein Wind ihr die Haarsträhne ins Gesicht bläst, reagiere ich reflexartig, um sie ihr sanft aus dem Gesicht zu streichen. Ich zucke vor meiner eigenen Reaktion zusammen und nehme die Hand an mich. Sie lächelt mich weiter an und ich weiß immer noch nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich blicke weg. "Es war wirklich schön, aber mach, dass Du nachhause kommst" - mein Lächeln muss unbeholfen wirken, "ich will Dich nicht aufhalten". "Du hältst mich nicht auf, Florence", sagt sie sanft und ich spüre ihre Hand auf meiner Wange. Ihr Daumen zeichnet kleine Kreise, während sie meinen Kopf in ihre Richtung dreht. Während ich mich auf ihr Lächeln verlasse und sagen will, dass wir das gerne wiederholen können, spüre ich für einen kurzen Moment ihre Lippen auf den meinen. Sie hält meine Wange, zeichnet Kreise und küsst mich so sanft, als könnte ich zerbrechen. Ihre Lippen sind weicher, als ich es mir vorgestellt habe - als sie von mir lässt, spüre ich eine kurze Kälte in mir aufsteigen. Sie lächelt mich an und bevor ich was sagen kann, sehe ich nur noch, wie ihr Mantel aus unserer Einfahrt verschwindet. Als ich ins Haus trete, merke ich, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten habe. Verwirrt gehe ich nach oben und sehe den Stift auch dem Couchtisch.

Ich: Du hast Deinen Stift hier vergessen.
Sie: Ein guter Grund, nochmal zu kommen, nicht? Schlaf gut.

Ich drehe mich auf die Seite und spüre mein Herzklopfen noch immer stark.

Something Good. II girlxgirlWhere stories live. Discover now