Zurück nach Hogwarts

9.6K 380 95
                                    

Ich blieb zögernd an der Zimmertür meiner Schwester stehen. Schließlich klopfte ich zaghaft an und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, hinein.

„Petunia?", fragte ich leise, „Ich wollte mich nur von dir verabschieden". Nervös spielte ich mit dem Saum meines T-Shirts. Petunia kam schon lange nicht mehr mit zum Bahnhof, dieses Jahr würde es nicht anders sein.

Sie schwieg und arbeitete weiter konzentriert an ihrem Schreibtisch. Schließlich drehte sie sich doch um.

„Wieso?", wollte sie mit einem gehässigen Ausdruck in den Augen wissen, „Wir sehen uns doch an Weihnachten wieder".

Ich versuchte ein schwaches Lächeln. „Klar. Ich wünsche dir trotzdem ein schönes Jahr", sagte ich und drehte mich dann schnell um, damit meine Schwester nicht die Tränen in meinen Augen bemerkte.

Ich war schon fast an der Treppe, als Petunia laut und deutlich sagte: „Freak". Jetzt fing ich wirklich fast an zu weinen. Sie konnte es einfach nicht lassen! Verstohlen wischte ich mir die Tränen von der Wange und atmete tief durch.

„Da bist du ja, Liebes! Daddy hat deine Taschen schon in den Kofferraum gepackt", meinte meine Mum und strahlte mich an. Obwohl ich jetzt schon das fünfte Jahr nach Hogwarts ging, fand sie es noch immer unglaublich aufregend.

Die Fahrt nach London verlief größtenteils ruhig. Meine Eltern unterhielten sich über die Nachbarn und Dads neuen Job. Ich sah schweigend aus dem Fenster, während die Landschaft an uns vorbeiraste. Meine Aufregung steigerte sich, als wir schließlich London erreichten und der Bahnhof Kings Cross vor uns auftauchte. Ich konnte es kaum erwarten, Severus wiederzusehen!

Am Gleis 9 ¾ umarmte ich Mum und Dad nacheinander. Gib auf dich Acht, Lily", sagte meine Mutter und streichelte mir über die Wange. „Passt bitte auf Tunia auf!", bat ich sie und erneut schossen mir Tränen in die Augen. „Das werden wir. Sie liebt dich, auch wenn sie es nicht immer zeigt", wollte Mum mich aufmuntern.

Ich verkniff mir ein Schnauben: Das bezweifelte ich stark. Stattdessen nickte ich und winkte zum Abschied. Im Zug machte ich mich auf die Suche nach Severus, doch stattdessen stieß ich fast mit James Potter zusammen.

„Pass doch auf!", fuhr er mich an und fuhr sich schnell besorgt durch seine Haare, als ob er befürchtete, sie könnten nicht mehr ganz so perfekt aussehen wie vorher. Er war ein eingebildeter Idiot. Dann erkannte James mich und er erwiderte schon viel freundlicher: „Ach, du bist es, Evans! Schön dich zu sehen".

Ich rang mir ein Lächeln ab und drängelte mich dann an ihm vorbei: „Ja, ich . . . ähm, ich muss dann los. Man sieht sich". Ich war schon fast beim nächsten Abteil, als James mir noch hinter her rief: „Hoffentlich". Ich schloss einen Moment die Augen, dann schüttelte ich nur den Kopf und ging ohne Kommentar weiter. Endlich fand ich Severus alleine in einem der hinteren Abteile.

„Hey", begrüßte ich ihn erfreut. Severus grinste und räumte seine Sachen weg. Ich ließ mich seufzend in einen der Sitze fallen. Sev merkte sofort, dass etwas nicht stimmte und runzelte die Stirn. „Petunia?", riet er und ich nickte beklommen. „Lass dich von deiner blöden Schwester doch nicht immer so fertig machen. Du bist viel zu gut für sie", meinte er und lächelte mich aufmunternd an.

Doch ich blickte ihn nur böse an: „Sprich nicht so über sie". Severus ergriff schnell meine Hand. Meine Schwester war schon immer ein heikles Thema zwischen uns gewesen. „Nein, Lily, es ist doch wahr. Sie ist nur neidisch, und das weißt du. Du siehst immer nur das Gute in ihr, dabei gibt es da gar nicht so viel Gutes. Sie ist ziemlich erbärmlich, denkst du nicht? Sie ist ein Muggel!", redete er sich in Rage.

Ich sah ihn verletzt an. „Meine Eltern sind auch Muggel, Sev! Und was ist so schlimm daran, dass ich mich bemühe, in ihr das Gute zu sehen?". Sofort bereute Severus, was er eben gesagt hatte. Wir schwiegen eine Weile beide betroffen.

Dann entschuldigte er sich halbherzig. Ich hatte für ihn nur ein schwaches Nicken übrig.

Severus fing an, über seine Freunde zu erzählen, über diesen Dolohow und über Avery und Mulciber. Ich konnte niemanden von ihnen leiden. Sie alle waren grausam und brutal, ich verstand einfach nicht, wieso Severus sich mit ihnen abgab.

Während er erzählte, beobachtete ich meinen besten Freund.

Er war, wenn ich genau überlegte, das genaue Gegenteil von Potter. Seine Haare hingen in fettigen Strähnen herab und sein bleiches Gesicht war von Pickeln übersät.

Während James übertrieben doll auf sein äußeres Erscheinungsbild achte und immer nur die besten Klamotten trug, legte Severus da überhaupt keinen Wert drauf. Momentan trug er schon seinen Slytherin-Umhang, aber ansonsten besaß er nur alte, abgetragene Sachen.

Ich hatte Mitleid mit ihm: Seine Eltern waren getrennt und zu Hause hatte er niemanden, der sich für seine Probleme zu interessieren schien. Deshalb unterließ ich es an diesem Tag, mich über seine Freunde aufzuregen, bis diese im Laufe der Fahrt plötzlich in unser Abteil hereinplatzten.

„Snape", begrüßte Mulciber Severus und musterte mich abschätzig.

Sofort ließ Sev meine Hand los.

„Willst du nicht zu uns ins Abteil kommen? Wir haben interessante Neuigkeiten von Lucius!". Lucius Malfoy ging nicht mehr nach Hogwarts, er hatte sich jetzt der geheimnisvollen Gruppe von sogenannten Todessern angeschlossen. Mehr schien er vor mir nicht sagen zu wollen und Severus rang offenbar mit sich.

Schließlich wandte er sich an mich und fragte zögerlich: „Wir sehen uns ja später noch, oder?".

Ich konnte es nicht fassen! Er ließ mich tatsächlich für seine blöden Todesser-Freunde sitzen! Bestimmt hatten sie wieder irgendwelche Gemeinheiten ausgeheckt und amüsierten sich auf Kosten anderer Leute.

„Geh nur", sagte ich kühl. Erleichtert sprang Severus auf.

„Bis später!", rief er flüchtig und folgte seinen Freunden.



CollideWhere stories live. Discover now