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Jimin hatte lange bei den Kims gelegen und geweint. Seokjin hatte ihm die ganze Zeit über liebe Worte zugeflüstert, er hatte sie nicht alle aufnehmen können. Denn dazu war sein Gehirn momentan nicht in der Lage.
Jimin hatte danach Chanhyun im kleinsten Detail erklärt, was ein Schlaganfall war und wie dieser ausgelöst wurde. Chanhyun schien es verstanden zu haben, trotzdem hatte sich Namjoon darum bemüht, einen Platz bei der Therapie zu bekommen. Denn der Junge würde professionelle Hilfe benötigen.
Danbi hatten sie es ebenfalls versucht zu erklären. Sie hatte es teilweise verstanden.
Sie alle wussten, dass Appa vielleicht sterben würde.
Jimin würde sie morgen mit ins Krankenhaus nehmen, damit sie ihren Appa auch im Koma besuchen konnten. Er fand es wichtig, den Kindern alles zu zeigen. Denn ihnen sollte nichts vorenthalten werden.
Namjoon sah das anders. Er fand, dass dieser Anblick vielleicht verstörend für die Kinder sein könnte und sie nicht als letztes Bild ihren Vater an den Maschinen sehen sollten. Jimin fand, dass das Bild von Jungkook schreiend am Boden einen schlimmeren letzten Eindruck hinterließ.
Und Seokjin hielt sich komplett aus der Situation. Denn er hatte keine passende Lösung für das alles. Er fand alles ganz fürchterlich.
Gerade stand Jimin in der Küche und starrte in den Kühlschrank. Irgendwie hatte er Hunger, aber nicht wirklich Appetit auf irgendwas. Es war schon spät, sie waren lange bei den Kims gewesen. Und die Kinder waren schon längst in ihren Betten verschwunden.
Unentschlossen warf Jimin die Kühlschranktür zu, nur um danach sichtbar zusammenzuzucken. Denn Chanhyun stand plötzlich hinter ihm.
"Dad?"
"Ja mein Schatz? Du hast mich gerade stark erschreckt." Jimin fasste sich einmal an seine Brust, ehe er zaghaft lächelte. Lächeln fühlte sich falsch an.
"Ich hatte einen Unfall."
Schüchtern schaute Chanhyun zu Boden. Und Jimin hockte sich sofort vor ihn, um ihm eine Träne von der Wange zu streichen.
"Was ist passiert?"
"Ich- Ich habe Pipi in meine Hose gemacht. In mein Bett." Chanhyun schniefte einmal. "Ich habe ganz blöde geträumt."
"Oh Schatz." Jimin zog seinen Sohn sofort fest in die Arme. "Das ist ja schlimm mit deinem Traum! Warum hast du mich nicht gerufen?" "Ich hatte Angst, dass du böse wirst." "Dafür werde ich doch nicht böse." Jimin schaute an dem Jungen herunter. Und tatsächlich war seine ganze Hose nass.
"Wollen wir uns waschen und neu anziehen? Dann darfst du bei mir schlafen. Wir holen Danbi auch dazu. Dann brauchst du keine Angst mehr haben." "Und was ist, wenn ich wieder Pipi mache?"
Jimin hielt kurz inne.
"Magst du eine Windel anziehen?"
"Ist das nicht für Babys?"
"Nein, absolut nicht. Manchmal tragen auch erwachsene Menschen Windeln. Appa trägt gerade auch eine." "Magst du bei mir bleiben? Ich habe dolle Angst."
Sofort nahm Jimin den Jungen an seine Hand. "Wir gehen gemeinsam in dein Zimmer. Musst du noch mehr Pipi?" "Mh mh. Bin aufgewacht und habe dann Pipi gemacht. Ganz viel."
Jimin nickte nur verstehend. Er war ihm nicht böse, das konnte er gar nicht. Chanhyun war traumatisiert. Und das mussten sie irgendwie besiegen.
"Na komm, mein Schatz. Wir holen dir jetzt frische Klamotten und gehen schnell duschen. Dein Bett mache ich morgen frisch." "Was ist, wenn du auch einfach umfällst?" "Dann rufst du wieder bei Namjoon an, so wie du es heute morgen ganz klasse gemacht hast. Wie ein ganz großer Junge hast du das geschafft!"
Chanhyun nickte, während sie gemeinsam ins Badezimmer liefen.
Still duschte Jimin seinen Sohn ab, um ihn danach wieder anzuziehen. Und anstelle einer Unterhose trug er nun eine Windel.
"Daddy?"
"Ja?"
"Hast du auch Angst?"
"Ich habe ganz große Angst, Chanhyun. Ganz, ganz große Angst. Am meisten Angst um Appa."
"Ich auch."
Jimin hielt die Hand des Jungen nur fester, während er Danbi schlafend durch den Flur trug. Sie schlief jetzt auch bei ihm. Da waren die Kinder deutlich besser aufgehoben.
Der junge Mann hatte das Mädchen vorsichtig abgelegt, danach an beide Seiten des Bettes die alten Bettgitter von Chanhyuns Bett befestigt. Jungkook hatte diese damals aufgewahrt, falls die Kinder zeitgleich bei ihnen schlafen würden. Denn so konnte sich Jimin ohne Angst vor einem möglichen Sturz aus dem Bett hinlegen.
Jimin legte sich in die Mitte, damit beide Kinder sich an ihn kuscheln konnten. Chanhyun hielt sich sofort an Jimin fest, dieser zog Danbi eng in seine Arme. Es stand eine schwierige Zeit vor ihnen. Aber Jimin war sich sicher, dass sie das schaffen konnten.

Jimin hatte die Kinder direkt am Morgen zu den Kims gebracht. Dadurch, dass Seokjin sich momentan um seinen Säugling kümmerte, hatte er zusätzlich auch für die anderen beiden Kinder Zeit. Jimin fühlte sich schlecht. Denn er nahm Seokjin die Zeit mit seinem Baby. Dieser hatte ihm aber tausend mal versichert, dass er sich freute, irgendwie helfen zu können.
Namjoon war zusammen mit Jimin ins Krankenhaus gefahren. Und nun standen sie zu zweit vor Jungkook. Jimin hatte sich irgendwie damit abgefunden, er hatte kaum geweint.
Namjoon dafür umso stärker.
Er hatte lange gebraucht, seinen Freund in diesem Zustand zu sehen.
Jimin wusste, dass sie füreinander da waren.
Er war kurz aus dem Zimmer gegangen, um mit den Ärzten zu sprechen. Solange war Namjoon bei ihm gewesen und hatte still Jungkooks Hand in seiner gehalten.
"Was haben die Ärzte gesagt?"
Jimin zuckte einmal mit den Schultern, während er sich auf die Bettkante setzte. Sofort nahm er die zweite Hand von Jungkook in seine.
"Er ist stabil. Nicht einmal kritisch gewesen, nach der Operation. Sie sprechen davon, ihn nächste Woche aufzuwecken, wenn er von den Werten so bleibt. Dann sehen wir weiter." "Ist das ein gutes Zeichen? Ihn so früh zu uns zu holen?"
"Ja. Je länger er in diesem Zustand ist, desto schlimmer könnte es für seinen Körper im Anschluss werden. Ein künstliches Koma ist nichts, was der Körper einfach wegsteckt. Es hilft in seinem Fall ja nur, sein Gehirn zu entlasten."
Namjoon nickte verstehend.
"Kann er denn danach reden? Oder laufen und so?"
Jimin zuckte mit seinen Schultern. "Ich weiß es nicht. Ich würde es mir wünschen. Es kann sein, dass er nicht mehr derselbe ist. Er kann alles vergessen haben. Ich meine, mich hatte er vergessen. Er hat seine Frau gesucht. Und für ihn war Chanhyun ein Baby und nicht sechs Jahre alt. Ich weiß nicht, ob er das alles vergessen hat."
Still schaute Namjoon in Jungkooks schlafendes Gesicht.
"Was ist, wenn er dich vergessen hat?"
Jimin hatte Bauchschmerzen, wenn er daran dachte. Diese Frage hatte er sich gestern ebenfalls sehr häufig gestellt.
"Dann wird er mich erneut kennenlernen. Ich weiß nicht, ob er mich wieder lieben würde, aber ich wäre für ihn und die Kinder da. Bis es ihm besser geht. Und wenn er für immer im Bett bleiben sollte, nicht mehr er selber ist, dann kümmere ich mich. Er bedeutet mir zu viel, ich könnte ihn niemals zurücklassen. Ich liebe ihn."
"Wir sind immer für dich da, Jimin." Namjoon stand auf, um zu dem jungen Mann zu kommen. "Du bist erst fünfundzwanzig. Das ist kein Alter. Und du solltest das Leben leben, das dir zusteht. Wir würden dir natürlich immer mit Jungkook helfen."
Jimin lächelte dankbar.
"Aber erst kümmerst du dich um deine neue Rolle als Dad, Namjoon. Ich habe gehört, dass Hyeongjun sehr laut ist." "Oh ja, definitiv. Die ersten Nächte waren- sehr interessant." Jimin lachte laut auf, weshalb auch Namjoon lachen musste.
Lachen durfte sich nicht falsch anfühlen.
Sie durften glücklich sein.
Auch, wenn Jungkook in diesem Zustand war.
Er würde es nicht für immer sein.
Es würde wieder besser werden.
Da war Jimin sich sicher.

Au Pair ^JiKook^Where stories live. Discover now