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Nervös stand Jimin vor dem Spiegel in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer. Er würde gleich zu Hoseok gehen, danach würden sie gemeinsam in den ersten Club gehen. Und er freute sich. Denn eigentlich wollten sie damals an dem 30. Geburtstag des Stylisten in die Clubs von Seoul, durch Jimins plötzliche Abreise war das alles nicht möglich gewesen. Und jetzt hatten sie endlich die Gelegenheit, das alles nachzuholen.
"Wow! Park Jimin!" Pfeifend betrat Jungkook den Raum. Und kurz darauf spürte er eine Hand an seinem Hintern, das kühle Leder seiner Hose drückte sich sofort enger an ihn.
"Du bist heiß in diesem Outfit", hauchte Jungkook, er drückte sich eng an seinen Partner. "Du kannst diese Hose gerne öfter anziehen. Du hast einen göttlichen Körper." Jimin verdrehte nur die Augen.
"Hör auf Jungkook. Du bist too horny right now. You're not being reasonable right now." "Dein Englisch macht das nur besser."
Jimin drückte den Mann genervt von sich. Er war ein wenig später dran als geplant, der blöde Eyeliner wollte bei seinem zweiten Auge nicht so wie er es wollte. Es hatte ihn fürchterlich aufgeregt. Und vielleicht hatte er sich deshalb gegen Eyeliner entschieden.
Er hatte den Stift aus Versehen durchgebrochen, danach hatte er einen mentalen Zusammenbruch.
Und Jungkook nervte ihn.
"Ich bin spät dran!"
"Soll ich dich eben bringen? Noch sind die Kids wach, ich würde sie eben mitnehmen können."
"Du kannst mir meine Handtasche packen, Koo. Die liegt auf dem Bett. Und das, was daneben liegt, muss da rein."
Jimin knöpfte die oberen Knöpfe seines Hemdes wieder auf. So sah er ein wenig mehr sexy aus. Aber wollte er wirklich so sexy sein? Ein Knopf würde doch auch reichen, oder etwa nicht?
Jungkook hielt im Hintergrund des Spiegels Jimins Handtasche hoch. Und Jimin ließ nur enttäuscht den Kopf hängen. Enttäuscht von sich selber. Denn es lief nichts so, wie es sollte.
"Was ist los?"
Besorgt trat Jungkook an Jimin. Und dieser zuckte nur kurz seine Schultern hoch.
"Ich fühle mich nicht mehr gut. Alles ist gerade scheiße." "Aber wieso denn? Du siehst toll aus, du wirst gleich Zeit mit deinem Freund verbringen und du hast dich so lange auf diesen Abend gefreut!" "Schon. Aber mein Make-Up ist kacke und ich mag dieses Hemd nicht!"
"Frag doch Hoseok, ob er dir den Eyeliner zieht. Er macht das doch beruflich." "Aber wir sind spät dran! Weil ich spät dran bin!"
"Er wird doch bestimmt verständnis dafür haben, mein Schatz. Magst du einfach ein anderes Shirt anziehen?" "Und welches? Ich will eins mit Farbe, aber das ist kacke!"
Wütend feuerte Jimin sein Hemd auf den Boden. Und Jungkook lief zielstrebig zu seinem Schrank, um dort eines seiner schicken Shirts herauszunehmen.
"Gefällt dir das? Möchtest du das anziehen?" "Das ist dein liebstes Shirt. Was ist, wenn es kaputt geht? Dann bist du total enttäuscht von mir!"
Beruhigend schloss Jungkook seinen Partner in seine Arme.
"Ein Shirt kann man immer ersetzen, Jimin. Ich möchte, dass du es anziehst. Es wird dir garantiert stehen." "Bist du dir sicher?" "Ja, sonst würde ich es dir nicht anbieten."
Sanft strich Jungkook dem Mann über die Wange.
"Ich liebe dich, Jimin. Du darfst alles aus meinem Schrank nehmen, wenn du dich darin dann wohlfühlst. Versprochen."
"Okay. Danke."
Deutlich entspannter zog sich Jimin das neue Shirt an. Und direkt gefiel ihm der Anblick im Spiegel ein wenig mehr. Er sah mehr nach sich selber aus. Mehr nach Jimin.
Er fühlte sich wohl.
Und Jungkook schien glücklich.
Denn Jimin war glücklich.
"Sehe ich so gut aus?" "Sehr gut, Jimin."
Glücklich nahm Jimin seine Tasche von Jungkook entgegen. Und danach grinste er.
"Bringst du mich doch eben zu Hoseok?"

Müde drückte sich Danbi in die Arme ihres Vaters. Der Mann strich ihr seit einigen Minuten durch die Haare, das Mädchen hatte lange und intensiv geweint und schien jetzt schlichtweg am Ende ihrer Kräfte.
Jungkook hatte sich auf das Sofa gesetzt und sie gegen seine Brust gelehnt, Chanhyun schaute neben ihm gebannt zum Fernseher. Sie hatten zusammen zu Abend gegessen, danach hatte Chanhyun einen Film schauen wollen. Und das taten sie gerade.
Danbi hatte irgendwann mitbekommen, dass Jimin verschwunden war. Und danach hatte sie lange und laut geweint, mit der Angst, dass der Mann wieder so lange wie im Frühjahr fort sein sollte. Jungkook hatte versucht ihr zu erklären, dass Jimin nur mit einem Freund unterwegs war. Aber Danbi hatte das nicht verstanden und deshalb nicht aufgehört zu weinen. Nicht einmal ihr Lieblingseis hatte sie beruhigen können.
"Appa?"
"Ja mein Schatz?"
"Warum weint Danbi immer noch? Daddy kommt doch morgen wieder." Chanhyun schaute nicht eine Sekunde lang von dem Fernseher weg. "Danbi ist traurig, weil sie Dad vermisst. Ganz dolle." "Aber Jimin kommt morgen wieder." "Das versteht Danbi aber nicht."
"Ist sie dumm?"
"Chanhyun. Ist das eine ernst gemeinte Frage? Wenn ja, ist das gemein formuliert." "Ob Danbi zu doof ist! Und das deshalb nicht weiß!"
Laut einatmend stellte Jungkook den Film auf Pause. Und Chanhyun schaute genervt zu ihm.
"Ich will das gucken!"
"Chanhyun, du bist gerade sehr gemein. Danbi ist viel jünger als du. Sie ist noch nicht so weit im Verstehen wie du. Ich möchte, dass du netter redest." "Nein."
"Dann darfst du jetzt ins Bett."
"Aber ich will den Film gucken!"
"So nicht. Entweder du bist nett, oder du schaust keinen Film mit mir." "Aber ich kann nichts dafür! Danbi ist halt dumm!"
"Das reicht!" Wütend stand Jungkook auf, setzte Danbi dabei vorsichtig ab.
"Du bist super gemein!" "Ich will diesen Film aber gucken!"
Wütend stampfte Chanhyun auf den Boden. Und Jungkook stampfte ebenfalls wütend auf den Boden. "Wenn du so gemein bist, bin ich auch so gemein! Du warst auch einmal so wie Danbi! Und ich habe nicht gesagt, dass du dumm bist!"
"Du sagst ich bin dumm?!"
"Nein, das sage ich nicht."
"Appa denkt ich bin dumm!" Laut weinend rannte Chanhyun direkt in sein Zimmer, seine Tür knallte er laut zu. Und dadurch begann Danbi wieder zu weinen.
Tief atmete Jungkook durch.
Manchmal fragte er sich, wie er es so lange alleine mit den Kindern geschafft hatte.
Vielleicht nur, weil er keine andere Wahl gehabt hatte.
Die Kinder standen immer an erster Stelle. Und sie würden es auch immer tun.
Seufzend nahm Jungkook Danbi in seine Arme. Sie war fürchterlich müde, Chanhyuns Gefühlsausbruch hatte sie wahrscheinlich geweckt. Er würde ihm kurz Zeit zum Nachdenken geben, denn der Junge schien sie zu brauchen. Er würde auf jeden Fall gleich nach ihm schauen.
"Danbi mein Engel", hauchte Jungkook, während er sie sanft wippte. Das hatte sie schon immer beruhigt, jetzt klappte es auch mehr als hervorragend.
"Möchtest du ins Bett? Wenn du aufwachst, ist Daddy auch wieder da. Versprochen." "Bei Appa bleiben."
"Soll Appa dir etwas vorlesen? Er wartet, bis du ganz dolle schläfst. Dann bist du nicht alleine. Appa muss gleich nur nach Chan schauen." "Appa lesen." Müde steckte das Mädchen ihren Daumen in den Mund. Und Jungkook zog ihn sofort wieder heraus. "Du bekommst deinen Schnuller gleich. Nicht den Daumen nehmen."
Jungkook wusste, dass sie zu alt für den Schnuller war. Aber sie verwendete ihn nur noch dann, wenn sie wie jetzt gerade total überflutet von Reizen war. Sobald sie schlafen würde, verschwand auch wieder der Schnuller. Offiziell hatte sie gar keinen mehr, das wusste sie auch. Denn mit zwei Jahren hatte sie ihn freiwillig abgegeben, Chanhyun hatte ja als ihr Vorbild auch keinen Schnuller mehr.
Jungkook fand den Schnuller aber immer besser als den Daumen.
Vorsichtig legte er das Mädchen in ihr Bett, ehe er sich ein Bilderbuch aus ihrem Buchregal schnappte. Mit diesem und ihrem Schnuller lief er zurück ins Bett.
"Möchtest du den Schnuller haben?"
Müde nickend griff Danbi danach. Und danach fing sie zufrieden zu saugen an. Jungkook setzte sich an die Kopflehne und zog sie auf seinen Schoß. Sofort schloss Danbi die Augen.
Es dauerte keine fünf Minuten, da war das Mädchen tief und fest am Schlafen. Vorsichtig nahm Jungkook den Schnuller wieder an sich und legte das Mädchen ordentlich ins Bett, ehe er still den Raum verließ. Sanft schloss er die Tür, ihr Nachtlicht brannte auf ihrem Nachttisch, auf dem nun das Bilderbuch ruhte.
Jungkooks Weg führte ihn zu Chanhyuns Zimmer.
Leise klopfte er an und wartete auf eine Antwort. Es könnte ja schließlich sein, dass der Junge noch nicht zum Reden bereit war.
"Darf Appa mit dir reden?"
Kurz war es still, danach wurde von innen vorsichtig die Tür einen Spalt weit geöffnet.
"Hat Appa mich lieb?"
Verweint schaute Chanhyun zu Jungkook, der sofort sanft nickte. "Appa liebt dich ganz dolle, Channie. Wollen wir reden?" "Okay." Die Tür ging wieder zu, Jungkook stand wie vor einigen Sekunden alleine im Flur. Aber nicht lange, da öffnete Chanhyun die Tür erneut. In seinem Arm hatte er seinen Stoffhasen, in seiner Hand ein Taschentuch. Still lief er zurück ins Wohnzimmer, kletterte dort auf das Sofa zurück und schaute danach auf seinen Hasen.
Jungkook setzte sich mit ein wenig Abstand neben ihn auf das Sofa.
"Möchtest du anfangen?"
"Ja."
Chanhyun atmete zittern durch.
"Danbi hat eine dumme Frage gestellt", begann er dann, "und ich habe gesagt, dass sie dumm ist." Chanhyun zog die Schultern hoch.
Jungkook hatte seinen Kindern beigebracht, nach einer Auseinandersetzung jeglicher Art das Gespräch aufzusuchen. Danach durfte jeder seine Situation schildern, seine Gefühle und Gedanken preisgeben, ehe nach einer Lösung gesucht wurde. Eigentlich klappte das immer. Es gab selten Fälle, in denen Jungkook harsch zu den Kindern werden musste.
"Und dann hast du gemeckert."
Chanhyun zeigte mit seinem Zeigefinger auf seinen Vater. "Du bist."
"Okay." Jungkook atmete ebenfalls tief durch. Er versuchte immer alles neutral zu betrachten.
"Danbi ist drei Jahre jünger als du", fing er an. "Sie kennt nicht so viel, wie du kennst. Was für dich vielleicht dumm ist, ist für sie neu. Weil sie noch nicht in so einer Situation war. Aber direkt zu behaupten, sie wäre dumm, ist gemein. Du hättest deine Aussage anders formulieren können."
Chanhyun schien nachzudenken.
Und danach nickte er ergeben.
"Was hätte ich sagen können?"
"Mh." Jungkook dachte ebenfalls kurz nach. "Vielleicht so etwas: Danbis Frage ist komisch? Danach hättest du mir erklären können, warum du sie komisch findest. Für mich war die Situation so: für dich ist es selbstverständlich, dass Jimin morgen wieder da ist. Weil du weißt, was Freunde treffen ist. Das weiß Danbi aber nicht. Für sie ist der Abschied deshalb anders gewesen. Diese Situation war neu für sie. Du kanntest diese Situation. Also war ihre Frage berechtigt, und nicht dumm. Verstehst du jetzt, warum ich so direkt geworden bin?"
Still nickte Chanhyun. Und danach umarmte er den Hasen ganz fest.
"Ja Appa. Tut mir leid, dass ich gemein war." "Dir ist schon verziehen. Brauchst du eine Umarmung?" "Ja."
Sofort kletterte Chanhyun zu Jungkook in den Schoß. Und Jungkook hielt ihn ganz fest.
"Wollen wir deinen Film zu Ende schauen? Du scheinst ihn echt zu mögen." "Ja. Sehr." "Dann schauen wir zu Ende. Obwohl es schon sehr spät ist." "Darf ich lange aufbleiben?" "Nur den Film schauen, wir gehen jetzt schon Zähne putzen. Und morgen bist du ganz leise, wenn du aufwachst. Damit Daddy gut schlafen kann. Ist das ein guter Kompromiss?" "Ja. Du musst auch Zähne putzen." "Ich putze mir auch die Zähne, versprochen."
Chanhyun sprang aus Jungkooks Armen und flitzte direkt ins Badezimmer.
Und Jungkook war froh, dass sie diese Situation so gut aus der Welt bekommen hatten. Mittlerweile wurde Chanhyun immer öfter frech. Er testete anscheinend seine Grenzen aus, Jungkook fand es auf Dauer sehr oft sehr anstrengend. Er hoffte, dass ihm die Situation mit dem angefragten Schulwechsel gut tun würde. Denn in der letzten Woche hatte ihm die Schule viel mehr als zuvor gefallen. Aber ab Montag müsste er erst wieder auf seine eigentliche Schule, bis der Entschluss eines Schulwechsels komplett gefallen war. Jungkook hoffte auf das Beste. Aber sie müssten letztendlich Chanhyun selber entscheiden lassen, wenn die Zeit dafür gekommen war.

Au Pair ^JiKook^Where stories live. Discover now