Part 23

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Der dreizehnte war ein Freitag. Der Unglückstag schlechthin, heißt es schon seit Jahren. Ein Zeichen? Wohl kaum, ich war alles andere als abergläubisch. An diesem Freitag braute sich im Himmel Doncasters ein Gewitter zusammen. Mal wieder. Besonders im Juli und August war es total heftig hier. Mindestends einmal in der Woche schüttete es wie aus Kübeln. Doch das Wetter konnten die Menschen noch nicht beeinflussen. Es gab einmal einen Autor, der sagte, die Bevölkerung schafft sovieles, von Tag zu Tag mehr, doch sie kann sovieles beeinflussen oder gar aufhalten, doch die Natur ist und bleibt ein Gegner, den sie nie besiegen wird.

Er hatte Recht und wie Recht dieser Schriftsteller hatte. Mein Blick schweifte in Harrys Zimmer umher. Die Wände waren in schlichtem hellgrün, fast schon mint gehalten. Der Schreibtisch akkurat aufgeräumt, als gehöre das Zimmer einem Mädchen. Da fiel mir ein, dass Mom kurz nach Harrys Abreise einen großen Hausputz durchgeführt hatte. Und das Zimmer meines Bruders wurde hierbei wohl kaum verschont. Ich schmunzelte. Sie wollte sich wahrscheinlich ablenken oder es verdrängen. Egal, hauptsache arbeiten, um die Probleme um sich herum zu vergessen. Typisch Mom, so war sie. Ein Arbeitstier, um mich kurz zu halten.

Ich hielt inne und mein Blick blieb an Harrys Pinnwand hängen. Mit einem Ruck erhob ich mich vom Roll-Sessel und näherte mich der Pinnwand. Was waren das denn für Fotos?

Bilder, die ich zuvor noch nie gesehen habe. Bethany, Bethany und nochmals Bethany. Immer nur war Beth und er darauf zu sehen. Einmal eine Fororeihe mit den beiden, worauf sie Grimassen schnitten, lachten, knutschten. Ein anderes Mal, an dem die beiden auf einem Festival waren und beide Bandanas um die Köpfe trugen und lässig das Victory-Zeichen zeigten. Auf dem nächsten Bild waren sie auf einer dunkelgrünen Wiese. Sie lag auf dem Boden, während Harry sie mit einzelnen Grashalmen im Gesicht kitzelte. Die Sonnenstrahlen, die am Himmel standen verlieh dem Bild etwas ganz besonderes. Kein Wunder das Harry nicht wie ein paar seiner Kumpels die Fotos und alle Erinnerung an die Ex verbrannt hatte. Dafür waren sie viel zu wertvoll.

Sie waren ein süßes Paar. Sie mit ihren langen welligen hellbraunen Haaren. Er mit seinen krausen, wilden und störrischen Locken, mit seinem umwerfendem Grinsen, welches er immer draufhatte, wenn man auch nur ihren Namen in den Mund nahm. Gott, liebte er sie. Wirklich schade, dass es mit den beiden in die Brüche ging. Ich mochte Beth.

Erst jetzt fiel mir auf, dass sein Zimmer voller Erinnerungen war. Der erste gewonnene Pokal in der Jugendliga, zahlreiche Eintrittskarten von Liverpool, Manchester, London. Harry nahm einige Kilometer auf sich, nur um seinem Lieblingsverein tatkräftig anzufeuern und anschließend bei einem Sieg mit seinen Kumpels diesen Triumph zu feiern, zu gröhlen, zu singen, als gäbe es kein Morgen.

Außerdem hing direkt über seinem Bett ein Bild von Mom, Gem und mir. Wir waren noch ganz klein. Keine acht und kuschelten uns zu Mom auf eine kleine Couch, als der Fotograf den Auslöser drückte. Über dem Schreibtisch hing eine Abbildung von David Beckham, mit einem Autogramm darauf. Nicht zuletzt die Bilder von Beth. Mein Herz machte einen Sprung. Ich fand es unendlich süß, dass er die Bilder aufgehoben hat.

Ich löste mich aus der vermeintlichen Starre und verließ das Zimmer meines Bruders. Plötzlich hatte ich den Drang irgendetwas zu unternehmen. Egal was, nur irgendetwas.

"Mom ich geh' noch ein bisschen raus. Vielleicht zum Tinsleys, weiß noch nicht."

"Kann ich mitkommen?" kam es gleich darauf und fügte dann noch hinzu, "mir fällt zu Hause doch auch die Decke auf den Kopf." Sie senkte den Kopf und starrte auf den glänzendem Laminatboden. Ich zögerte, eigentlich wollte ich alleine etwas machen. Aber auf der anderen Seite wollte ich sie nun wirklich nicht so wie ein Häufchen Elend zu Hause lassen. Ich stimmte zu und sie lächelte, freute sich wie ein kleines Mädchen, welches eine Kugel Eis bekam.

Ein kurzer Blick nach draußen verriet mir, dass sich das Wetter null gebessert hat. Es regnete immer noch und der Donner ließ die dünnen Küchenteller zittern. Ich schnappte mir meine Autoschlüssel, hechtete gemeinsam mit Mom fast in Rekordgeschwindigkeit in meinen roten Polo und startete den Motor.

Nach zwanzig Minuten würgte ich das Auto ab und schlug meine Kapuze über den Kopf. Misstrauisch glitt mein Blick nach oben. Fehlanzeige, es blieb ein dunkel trübes Gebräu über uns.

Mom bestellte einen Espresso, ich einen Latte Macchiato mit extra viel Schaum, so wie ich ihn liebte. Nach einigen Minuten kamen unsere Getränke. Mom hing selbst auch der ein oder anderen Erinnerung hinterher, ich hingegen rührte gedankenverloren in meinem Latte herum, löffelte den leckeren Milchschaum ab, starrte nach draußen auf die verlassene Straße. Die Gehwege waren wie nach oben geklappt und keine Seele dachte daran bei diesem Wetter das Haus zu verlassen. Nach einer Weile hatten wir ausgetrunken und begaben uns auf den nach Hause Weg.

Ein weiterer Freitag verging ohne das ich mich gemeinsam mit meinem Bruder aufs Wochenende freuen kann. Ohne das er mir von seinem Tag erzählte. Ohne das ich am Wochenende ein Wort mit ihm wechseln konnte.

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Wieviel Grad hat es bei euch? Bei uns 36, zuviel des guten, ha. Widmung geht an: @LottieBanana hehe.

Ich wünsche euch noch ein schönes Wochenende. :)

Stay fresh,
Nina

Football TeacherNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ