Northern Lake

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13 Jahre alt, Damien

Geblendet kniff ich die Augen zusammen und hob eine Hand zum Schutz gegen die Sonne an meine Stirn.
Meine nackten Zehen krallten sich in den lehmigen Boden und frisch gespriesstes Gras kitzelte an meinen Fusssohlen.
Der Wind war noch kühl, doch das Wasser war heute zum ersten Mal warm genug, um darin zu baden.

Ich schüttelte meine nassen Haare aus und schlang das Handtuch um meine Schultern.
Plötzlich stand sie vor mir.
Cass lachte und ihr Gesicht begann dabei zu strahlen. Der Blick ihrer warmen, leuchtenden Augen glitt flüchtig über mein Gesicht.
Ihr marineblauer Badeanzug klebte nass an ihrem Körper, Seewasser tropfte aus ihren langen, dunklen Haaren.

Ich musste zugeben, dass sie tatsächlich hübsch aussah. Für einen kurzen Moment entgleiste mir meine Miene und ich wusste nicht, was sie darauf erkennen konnte.
"Scher dich weg, Cass", bemerkte ich kühl, nachdem ich meine Fassung wiedererlangt hatte. "Du verdirbst die Aussicht."

Das Lächeln verschwand augenblicklich von ihrem Gesicht. "Du bist so ein Arsch, Damien."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Wenigstens habe ich einen", entgegnete ich und nickte auf ihren Hintern.
Cass sah verletzter aus, als ich es beabsichtigt hatte.

Sie stakste davon, in einer fliessenden Bewegung warf sie die nassen Haare auf den Rücken, die mit einem lauten Klatschen auf ihrer Haut aufschlugen.
Mit einem gereizten Murren beobachtete ich, wie ihre Gestalt im Schatten der Apfelbäume verschwand.
Seither sah ich sie nie mehr wie zuvor.

Damien

Seitdem sie in mein Zimmer gekommen war und behauptet hatte, dass wir uns geprägt hatten, war Cass allgegenwärtig.
Sie schien richtig an meinen Fersen zu kleben, wie ein unerwünschter, nerviger Schatten. Allmählich beschlich mich das Gefühl, dass sie mit Absicht überall auftauchte, wo ich hinging.

Meine Füsse lenkten mich wie von selbst hinunter in die Küche. Und sie war da.
In der Schule fand mein Körper den Weg wie ein Kompass durch die Cafeteria. Und sie war da.
Donnerstags konnte ich es nicht lassen meine Schwester im Tanzstudio zu besuchen. Und natürlich war sie da.

Ein gereiztes Murren entwich meiner Kehle. Ich holte tief Luft, wappnete mich innerlich und stiess die Tür zu meinem Elternhaus auf.
"Damien!" Meine Mutter wuselte auf mich zu, die Hände voller Mehl, eine bunte Schürze um ihre Taille gebunden.
Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und ich erwiderte ihre Begrüssung, indem ich sie kurz in meine Arme zog, darauf bedacht kein Mehl abzubekommen.

"Sie sind oben", meinte meine Mutter, ein Leuchten in den bernsteinfarbenen Augen.
"Danke, Mam", murmelte ich.
Ich straffte die Schultern und erklomm die Treppe, indem ich zwei Stufen auf einmal nahm.
Aus der Küche hörte ich das leise Lachen meiner Mutter, offenbar amüsiert über meinen Enthusiasmus.
Doch je schneller ich oben war, desto schneller konnte ich wieder gehen.

Ich klopfte an die Tür, die Gespräche verstummten.
"Komm rein", hörte ich die Stimme meines Vaters.
Unter seinem strengen Blick trat ich in den Raum. Ein weisser, luftiger Vorhang fing das Licht der Nachmittagssonne auf.
Der Beta-Wolf meines Vaters begrüsste mich mit einem breiten Lächeln und ich erwiderte die Geste mit einem Nicken.

"Du kommst bestimmt für den Lernstoff", bemerkte der Beta-Wolf.
Die platinblonden Haare und die himmelblauen Augen hatte er an Jessy weitergegeben. Er griff nach einer dicken Mappe.
Silbermondrudel, konnte ich die Überschrift entziffern.
"Vielen Dank." Ich klemmte die Mappe unter meinen Arm und kramte eines der dicken Bücher aus dem Regal. "Da sollte ihr Rudel vermerkt sein, oder?"

Ich hob den Blick und sah den Beta-Wolf fragend an.
"Ja, die Stammbäume sollten aufgezeichnet sein und ihre Kultur eigentlich auch", antwortete er mit ernster Miene.
"Ich erwarte, dass du angemessen vorbereitet bist." Die Stimme meines Vaters klang forsch.
"Natürlich." Ich senkte den Blick und nickte. "Ich werde mein Bestes geben."

Aufbrausend, Ahnungslos, AlphaWhere stories live. Discover now