Bring mich in Versuchung

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10 Jahre alt, Damien

Gelangweilt kritzelte ich wilde Muster auf die Tischplatte. Das laute Geschnatter meiner Klasse erfüllte den Raum und der Geruch belegter Brote lag in der Luft. Ihr lautes Lachen liess mich den Kopf heben.

Cass sass an ihrem Pult, ein aufgeschlagenes Heft vor sich.
Lorelie und Jessy, die Tochter unseres Beta-Wolfes, beugten sich mit interessierten Mienen darüber.
Ich kniff die Augen zusammen und erhob mich halb von meinem Stuhl.

Bunte Bilder von Wolfsrassen aus aller Welt bedeckten die Seiten des Heftes.
Daneben lag ein ganzer Stapel dämlicher Sticker, die kitschiger nicht hätten sein können. Cass klebte einen pink-gelben Sticker in das Heft und blätterte die Seite um. Das glänzende Papier raschelte kaum, es musste dick sein.

Lorelie wählte den nächsten Sticker aus, Cass hob den Kopf und lächelte ihre Feeundin fröhlich an. Das Neonlicht der Deckenlampe schimmerte in ihren Augen und liess das sonst warme Braun kühl erscheinen.
Sie sah viel zu glücklich aus.

Genervt schob ich den Unterkiefer vor, die Stuhlbeine schabten über den abgewetzten Boden, als ich mich erhob. Ich steuerte auf Derik und Jayce zu, die quatschend neben dem Eingang standen.
Als ich Cass' Pult passierte, streckte ich die Hand aus und wischte die funkelnden Sticker dabei zu Boden.
Flatternd verteilten sie sich im halben Klassenzimmer.

"He!", riefen die Mädchen empört, doch ich beachtete sie nicht.
Mit zufriedener Miene gesellte ich mich zu meinen Freunden.

Clarisia

Kritisch betrachtete ich mein Spiegelbild, meine Stirn kräuselte sich.
Zu viel.
Mit einem frustrierten Seufzer liess ich mich auf mein Bett fallen.
Der Lippenstift verklebte eklig meinen Mund und der Haarspray, den ich sonst nur für Partys benutzte, roch künstlich.

"Cass?", hörte ich Lorelies Stimme durch die Tür. "Wir sind spät dran."
"Ich komme", murmelte ich.
Ich griff nach meinem Rucksack, schlüpfte in die weissen Sandalen, die ich gestern Abend aus dem Schrank hervorgesucht hatte und trat hinaus auf den Gang.
Lorelies blaue Augen weiteten sich überrascht.
"Oh", brachte sie heraus.
"Gehen wir", sagte ich knapp.

Der dünne Stoff meines hellblauen Kleides schmiegte sich an meinen Oberkörper, locker schwang er über meine Knie, als ich die Treppe hinunterging.
Derik, der bereits halb zur Tür hinaus war, pfiff anerkennend durch die Zähne. "Mann, wie ich diese Beine den Winter über vermisst habe."
"Hör auf zu glotzen." Ich boxte ihn kräftig in die Schulter.
"Das wird nicht leicht werden", erwiderte er mit einem breiten Grinsen.

Der Morgen war kühl, vereinzelte Nebelschwaden verfingen sich in den Ästen des Waldes.
"Findest du es nicht zu kalt für ein Kleid?", fragte Lorelie zweifelnd.
Ich zuckte mit den Schultern und presste fest die Lippen zusammen, um das Klappern meiner Zähne zu vertuschen. "Ich kann nicht länger auf den Sommer warten."
"Ich auch nicht", fügte Derik mit einem anzüglichen Grinsen hinzu, doch Lorelie runzelte bloss die Stirn.
Ich rollte mit den Augen und zog meinen Ausschnitt in die Höhe, der beinahe den Spitzenrand meines BH's entblösste.

Als ich neben meinen Freunden das Klassenzimmer betrat, bemerkte ich die Blicke meiner Mitschüler. Mit gesenktem Kopf steuerte ich auf die Tische neben Jayce und Brian zu, darauf bedacht einen Sitz frei zu lassen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Jayce sich auf seinem Stuhl nach mir umdrehte.
"Möchtest du ans Fenster?", fragte ich Lorelie, während ich meinen Rucksack hastig auf den Tisch fallen liess.
Sie zuckte mit den Schultern, auffallend still, setzte sich jedoch.

Ich überschlug die Beine und ignorierte die Gänsehaut, die durch die Kälte über meinen Körper wanderte.
Mein Blick fiel auf den leeren Platz zu meiner Rechten, ungeduldig wippte ich mit den Füssen.
Wenn er heute nicht zur Schule kam, hätte ich auch meine warmen Klamotten anziehen können.

Aufbrausend, Ahnungslos, AlphaWhere stories live. Discover now