17. Sein Lachen

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Es klopfte.
Ich stand auf und bemerkte, dass es bereits 14 Uhr war.
Langsam öffnete ich die Tür und entdeckte Lolas Sommersprossen und ihre roten Haare.
Ein leichtes Lächeln zeigte sich in ihrem Gesicht und ich lies sie rein.
"Was läuft so, Allison?", fragte sie und setzte sich auf mein Bett.
"Nichts besonderes. Gar nichts, eigentlich."
Lola nickte und blickte zum Fenster.
"Wollen wir raus?"
"Hm. Ich muss noch bisschen lernen und all das", log ich, da ich wirklich keine Lust hatte, rauszugehen.
Lola nickte.
"Okay. Du kannst ja auch noch nachkommen. Ich bin mit Will und den anderen unten beim Sportplatz!"
"Ja, vielleicht. Mal sehen", nuschelte ich und zwang mich zu einem Lächeln.
"Okay, bis später dann vielleicht", lächelte Lola und verschwand.
Ich legte mich auf mein Bett und schloss die Augen.

Warum liegst du hier so rum?, fragte eine Stimme in meinem Kopf.
Geh' raus und amüsier' dich, verdammt!
Wenn er kalt zu dir ist, dann sei eben auch kalt zu ihm. Aber lass dir doch nicht dein Leben von ihm kaputt machen, Allison. Mach was draus!

Ja, warum auch immer, diese seltsam positive Stimme hatte Recht. Auf jeden Fall fühlte es sich richtig an auf sie zu hören.
Ich stand auf und ging herunter in die Eingangshalle.
Wenn Will kalt war, konnte ich das auch.
Lange hatte ich mich nicht mehr so gefühlt. Ich fühlte mich stärker, irgendwie besser. Schnell sagte ich dem Betreuer Bescheid, dass ich raus wolle und er nickte nur.
Mein Blick blieb an seinem Schlüsselbund hängen. Ein silberner Schlüssel hing daran, er fiel auf, weil alle anderen dunkler waren.

"Wofür sind die Schlüssel?", fragte ich lächelnd und versuchte meine Neugier zurückzuhalten. Der Schlüssel sah haargenau so aus, wie der den Bella gefunden hatte!

"Also, die dunkleren sind für die Küche und die Betreuungszimmer und die helleren für den Keller und Waschraum."
Er hob erst einen dunkleren hoch, dann den silbernen.
"Ah. Interessant."
"Wie kommst du auf diese Frage?", lachte er.
"Nur so. Bin halt neugierig", gab ich zurück und ging nach draußen.

Der Schlüssel war also für Wasch- und Kellerräume.
Damit würde ich Will jetzt überraschen, dachte ich. Aber ich würde ihm gegenüber kalt bleiben, eiskalt, entschloss ich.

Der Sportplatz war nicht mehr weit weg und ich sah sie schon auf der Wiese sitzen.
"Hey!", rief Lola und winkte mir zu.
"Hi, Liz!", sagte Will und ich würdigte ihn keines Blickes, was verdammt schwierig war, weil er wie ein Magnet für meine Augen war.
Er zog mich an, er zog meine Augen auf sich.
"Was gibt's Neues?", fragte ich in die Runde und schaute jeden an, außer Will.
"Ich hab jetzt einen Ernährungsplan", teilte Bella mit und ich lächelte, ich lächelte echt, weil es mich freute, dass es mit ihr bergauf ging.
"Super!", sagte ich noch.
"Ich bekomme vielleicht bald eine Kamera. Aber nur, wenn meine Grandma das Geld zusammenkriegt. Dann könnte ich die Vögel fotografieren mit einer echten und richtigen Kamera!", träumte Lola und auch für sie freute ich mich.
"Bei mir gibt's eigentlich nichts Neues. Vielleicht bekomm ich bald Besuch von meiner Tante, mal sehen", murmelte Nick und auch ihm lächelte ich zu.
"Meine Schwester kommt bald zu Besuch. Sehr wahrscheinlich wird sie high sein und Geld wollen für ihre Drogen", sagte Will emotionslos und alles wurde ruhig.
Mein Blick traf seinen und ich legte die Stirn in Falten.
Will starrte mich an und ich blieb ausdruckslos.
Lange passierte nichts, bis Bella sich räusperte.
"Gibt's bei dir irgendwas neues, Ally?"
Ich nickte und mein Blick huschte rüber zu Bella, die mich mit ihren blauen Augen anstrahlte.
"Ja, ich weiß was über den Schlüssel."

Nachdem ich der Gruppe alles erzählt hatte, war alles erst ruhig, dann stand Will auf.
"Ich hab eine Idee: Lasst uns morgen Abend aus den Zimmern schleichen und in den Keller gehen, okay? Dafür ist es heute zu spät und besser wir schlafen einfach erst mal aus und planen noch ein bisschen."

Wir stimmten zu und blieben noch ein bisschen draußen an der frischen Luft. Bella musste gehen, weil sie noch zu ihrer Therapeutin musste, genauso wie Lola.
Ich blieb mit Nick und Will draußen, bis letztendlich auch Nick gehen musste, weil er noch was erledigen musste.
Jetzt war ich mit Will alleine, mal wieder, das war echt typisch.

Gerade wollte ich gehen, weil mir die Stille zu unangenehm war, da räusperte er sich.
"Allison?", fragte er und seine tiefe Stimme traf mich mitten ins Herz.
Seit wann nannte er mich so? Irgendwie komisch, dachte ich.
"Ja?", fragte ich und drehte mich um. Mittlerweile war er auch aufgestanden und fuhr sich durch seine dunkelblauen Haare.
"Ich muss mich wieder entschuldigen, ich bin...-", er seufzte. "Ich bin einfach nur ein Vollidiot. Tut mir leid, nur keine Ahnung - ich weiß ja auch nicht, was mit mir los war."
Eigentlich wollte ich ihm nicht so schnell vergeben, er hatte mich verletzt, doch wenn er mich so ansah, konnte ich nicht anders. Ich konnte einfach nicht.
"Ist auch egal", murmelte ich und drehte mich wieder um.
"Liz?", fragte Will.
Fragend schaute ich ihn an.
"Können wir wieder Freunde sein? So wie immer? Es ist so schön, mit dir zu reden und zu lachen, bitte. Vergib mir dafür, dass ich so ein Arsch gewesen bin."
Ich musste aus unerklärlichen Gründen grinsen. Wollte ich nicht eigentlich kalt bleiben?!
"Will! Ist schon okay, ich vergebe dir ja, es ist nicht schlimm, okay?"

Ich vermisste ihn auch.
Ich konnte nicht länger eiskalt zu ihm sein.
Ich konnte es nicht mal länger als eine halbe Stunde.

Er lächelte. "Danke."
"Du Idiot", lachte ich und er verschränkte gespielt beleidigt die Arme.
"Tzzz", gab er von sich und wir brachen kurz darauf wieder in Gelächter aus.
Es tat immer noch weh, doch sein Lachen zu hören, hellte meine Laune auf, auch wenn er der Grund für meine eigentlich miese Stimmung war.

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