Verwandlungsrituale. Nicht zu empfehlen.

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Die Zeit, in der wir nichts von Deana hören, kommt mir ewig vor. Wir haben uns im Wohnraum um den Esstisch platziert und schweigen bedrückt vor uns hin. Wie konnte das nur passieren?

„Was hat sie bloß angegriffen?", Fioras Stimme klingt zittrig und ihre Augen glänzen feucht. Clara sieht uns ratlos an.

„Es ist mir ein Rätsel. Alles schien doch sicher zu sein."

Lou wirft mir einen Blick zu und ich räuspere mich.

„Ich weiß nicht, wie das zusammenhängt, aber...", ich schlucke, „Das Amulett ist wieder eiskalt geworden. Genau in dem Moment, als sie..." Meine Stimme versagt. Fleur runzelt die Stirn.

„Das ist höchst eigenartig.", murmelt sie. Ich zucke mit den Schultern und spüre, wie sich Tränen in meinen Augen sammeln. Oh bitte, lass Deana Erfolg haben. Ich kann Lacey jetzt nicht verlieren, nicht so, nicht, bevor ich mich nicht bei ihr entschuldigen konnte. 

Nicht bevor ich ihr sagen konnte, dass sie wichtig ist. 

Die Panik und das Adrenalin weichen langsam und was übrig bleibt ist eine bleierne Ungewissheit. Wie lange dauert es, bis sie wieder in Ordnung ist? Verändert die Verwandlung zum Vampir einen eigentlich? Was, wenn ich sie gar nicht mehr wiedererkenne? Ruhe jetzt, versuche ich meine Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Das bringt mich auch nicht weiter. Endlich taucht Deana im Türrahmen auf.

„Ich habe die erste Phase eingeleitet. Jetzt müssen wir eine Weile warten, und da wir ja sowieso schon wach sind", sie wirft John einen vorwurfsvollen Blick zu, „kann ich mir gleich die Wunde anschauen." Sie nickt in Elias Richtung, der schläfrig auf einem Stuhl hängt. Das Beruhigungsmittel scheint müde zu machen. Fleur tippt ihn an und er erhebt sich schwer. Deana weist ihn auf einen Sessel vor einem Regal mit allerlei Kräutern. Daraus entnimmt sie einige Gläser kleinen, blauen Etiketten und stellt sie neben sich. Dann geht sie auf die Knie und beginnt, Elias' Wunde zu untersuchen. Sie tupft eine Tinktur auf das entzündete Fleisch und streut einige Pulver darüber, während sie unverständliche Worte murmelt, die bewirken, dass sich meine Härchen an den Armen aufrichten. Der ganze Raum scheint auf einmal von einer elektrischen Spannung erfüllt. Etwas leuchtet in einer Art Lampe auf, als Deana die letzten Worte spricht. Dann dreht sie sich zu uns.

„Gut, das sollte es sein. Die Wunde wird sich in den nächsten Stunden bessern. Jedenfalls nach meinen Berechnungen, so eine Verletzung habe ich noch nie gesehen. Wovon sagtet ihr, ist die?", sie richtet sich auf, stockt dann kurz. „Das Mädchen, eure Lacey... ihre Verletzungen sind genau dieselben."

Ich spüre, wie das Blut aus meinem Gesicht weicht, als der leise Verdacht, der in mir gereift war, einer schrecklichen Gewissheit weicht.

„Der Wolpertinger", flüstere ich.

„Sollte der nicht in Raindale sein?", Johns Stimme klingt ungläubig.

„Anscheinend ist er uns gefolgt.", Clara sieht grimmig auf die Wunde, „Das verkompliziert das ganze."

„Aber was heißt das?", meine Stimme wird schrill, „Warum verfolgt er uns?"

„Das heißt er wurde nicht einfach nur von einer Hexe geschickt um Chaos zu verursachen.", murmelt Fleur.

„Er will etwas bestimmtes.", Lous Blick schweift zu mir, „Etwas wertvolles."

Fiora, die zusammengesunken auf ihrem Stuhl gesessen hat, hebt den Blick. Ihr Gesicht ist schneeweiß, was ihren Blick, der sich nun in meinen bohrt, noch durchdringender wirken lässt.

„Das Amulett."

„Aber warum?", meine Stimme klingt hysterisch, „Was will er? Und warum greift er uns an, anstatt sich einfach das Medaillon zu holen?"

Rot wie Blut und RosenWhere stories live. Discover now