Von Toasts, Schule und Idioten.

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Der erste Tag nach den Sommerferien.

Es ist sechs Uhr morgens und ich suche mir verschlafen meine Klamotten zusammen. Wie schaffen es meine Klassenkameraden nur, sich morgens noch durchzustylen?

Respekt vor jedem, der so früh die Geduld hat, die Farben seines Outfits anzupassen. Ich schnappe mir ein T-Shirt und eine Jeans und verschwinde im Badezimmer, bevor jemand anderes aus der Familie aufwacht. 

Ich ziehe mich an, schminke mich und überlege gerade, was ich mit meinen Haaren machen soll, als es an der Tür klopft.

"Nelly, mach auf!! Andere müssen auch noch ins Bad!"

Ich verdrehe genervt die Augen und öffne meiner Mutter die Tür. 

"Ich bin erst seit zehn Minuten drin gewesen."

Sie hebt vielsagend die Augenbrauen und verschwindet im Bad. Ich binde meine Haare schnell zu einem Pferdeschwanz, wie meistens eigentlich, und gehe runter, um zu frühstücken. Mein Vater sitzt schon am Tisch und reicht mir einen Toast.

"Na, hast du gut geschlafen?"

Am Montagmorgen nach den Ferien? Wohl eher nicht. Ich brumme irgendetwas unverständliches vor mich hin und mein Vater grinst vergnügt.

"Viel Spaß in der Schule", flötet er und verschwindet aus der Tür, bevor ich meinen Toast nach ihm werfen kann. Also seufze ich und esse besagten Toast stattdessen.

Als ich fertig bin, ist es seltsamerweise schon wieder halb acht und ich muss mich beeilen, um noch pünktlich zu kommen. Wie schafft es die Zeit nur immer, mich auszutricksen? Zum Glück ist die Schule nur eine Viertelstunde entfernt. Hier in Raindale ist sowieso nichts weiter weg als eine halbe Stunde. Ich packe also meinen Ranzen und renne aus der Tür.

Zwei Minuten später renne ich wieder zurück, weil ich meinen Schlüssel vergessen habe.

Sicherheitshalber checke ich noch mal, ob ich mein Handy und mein Portmonee dabei habe, dann mache ich mich wirklich auf den Weg.

Meine Schule liegt mitten in der Innenstadt von Raindale und ist praktischerweise direkt neben einem Bäcker, der wahrscheinlich das Geschäft seines Lebens mit Pausenbroten verdient. Die sind aber auch besonders lecker, deshalb kaufe ich mir gleich zwei. Und ein Croissant. Eins der Brote kann ich ja meiner besten Freundin Lacey abgeben. Oder es einfach selbst essen. Hm, mal sehen.

Lacey steht schon vor dem Schultor und wartet auf mich. Sobald sie mich entdeckt, hüpft sie auf und ab und winkt. Ich grinse und winke zurück. Sobald ich bei ihr angekommen bin, plappert sie wie ein Wasserfall auf mich los. Ich grinse weiter und entspanne mich. Lacey mag ja ein bisschen hyperaktiv sein, aber ich habe sie trotzdem lieb. Ohne sie würde ich es hier echt nicht aushalten.

Auf einmal durchläuft mich ein seltsames, unangenehmes Kribbeln. Ich zucke zusammen und bleibe stehen. Was war das denn?

"...und dann müssen wir nächste Woche unbedingt noch diesen neuen Club ausprobieren, der soll echt- Alles gut bei dir?"

Lacey schaut mich besorgt an. 

"Jaja, alles okay." 

Ich schüttele mich und gehe wieder los. Lacey schaut ein bisschen skeptisch, aber dann hat sie wieder ein neues Gesprächsthema gefunden:

"Hast du schon von den Neuen gehört, die hier hingezogen sind?"

Ich schaue sie fragend an.

"Gestern sind sie angekommen. Familie Bellaforte. Meinst du, sie könnten Asiaten sein?"

Sie schenkt mir einen hoffnungsvollen Blick.

"Bellaforte? Glaub ich nicht. Klingt eher italienisch oder so."

Lacey zieht ein enttäuschtes Gesicht. Ihre Eltern sind mit ihr aus Korea hergezogen, als sie sieben war, sehr zu meinem Glück. Es gefällt ihr zwar inzwischen in der Stadt, aber sie sucht immer noch verzweifelt nach 'ihresgleichen'. Was wirklich totaler Quatsch ist. Aber das wird sie schon auch noch verstehen.

"Außerdem gibt es doch noch diesen Jack.", erinnere ich sie. Jack ist vor drei Jahren hergezogen und geht in die Klasse unter uns. Nicht, dass Lacey besonders viel mit ihm zu tun hätte. 

"Das gilt nicht.", murrt sie. "Mit dem kann ich nicht reden." 

"Dafür hast du ja auch mich, oder?"

Sie nickt fröhlich und hakt sich bei mir ein. 

"Du hast Recht. Also, meinst du wir sollten ihnen eine Willkommensparty geben?"

"Was?!"

"Na, eine Willkommensparty. Damit sie gleich ein paar Leute kennenlernen und sich besser einleben."

Ich grinse sie an.

"Und natürlich, damit du mehr über sie rausfindest, oder?"

Lacey grinst entwaffnend zurück.

"Klar.", ihr Gesichtsausdruck verdüstert sich. "Und damit in diesem Kaff mal was passiert."

Ich ziehe es vor zu schweigen. Raindale ist mein Zuhause seit ich denken kann, und ich bin eigentlich ganz zufrieden damit. Aber Lacey sehnt sich nach ein bisschen Abwechslung und Spannung, die das Leben hier einfach nicht zu bieten hat. 

"Hast du eigentlich schon von dieser neuen Vampirserie gehört?", fragt sie. Lacey ist der totale Vampirfreak.

"...nein?", sage ich vorsichtig. 

"Die musst du mit mir schauen! Jeden Donnerstag um 16:00 Uhr im Fernsehen. Wir treffen uns bei mir, abgemacht?"

Ich seufze ergeben und nicke. Gegen Lacey habe ich sowieso keine Chance.

Rot wie Blut und RosenNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ