Through the years (Minsung)

13 - Lee Know

Kapitel 13 - Lee Know

Januar 2020

Mit großen Augen sah Han mich an.
„Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist bei deinen Eltern?"
Er wirkte überrascht, als hätte er tatsächlich nicht damit gerechnet, dass ich während unseres Urlaubs im Dorm aufkreuzte.
„Hanie, ich habe dir doch heute Nacht geschrieben, dass wir zusammen in den Freizeitpark gehen."
Ein Ausdruck huschte über sein Gesicht, den ich nicht auf Anhieb deuten konnte. War es... Schuld? Seine Unterlippe wanderte zwischen seine Zähne.
„Ich... ich hab's nicht gelesen."
Oh Hanie.
Sein Blick wanderte betreten zur Bettdecke über seinen Beinen, während seine Finger mit einem Zipfel spielten. Anscheinend hatte er den halben Tag im Bett verbringen wollen, so wie er es sich darin gemütlich gemacht hatte. Eine große Flasche Cola und Knabbereien lagen auf dem Boden, der Laptop stand in Griffweite. Ein Hauch von schlechtem Gewissen stieg in mir auf, dass ich ihn heute wirklich aus seiner Höhle zerren wollte, doch das Gefühl schob ich schnell zur Seite. Er hatte die letzten Wochen viel zu häufig allein in seinem Zimmer verbracht, Abwechslung musste her. Außerdem war heute für Ende Januar verhältnismäßig schönes Wetter. Das wollte ich nutzen und das am besten mit ihm.

Die vergangenen Monate waren für Han ein ständiges Auf und Ab. Nach seinem Zusammenbruch im Herbst hatte sich vieles verändert. Er hatte in Absprache mit dem Management einige Auftritte ausfallen lassen, um sich voll und ganz auf seine mentale Genesung zu konzentrieren. Ich wusste, er wollte nichts lieber, als wieder mit uns auf der Bühne zu stehen und die Fans zu sehen, doch in seinem aktuellen labilen Zustand kam das einer schmalen Gratwanderung gleich.
Die Therapie kam zwar gut voran, doch wie zu erwarten war, gab es gute und schlechte Tage - obwohl mittlerweile die guten glücklicherweise überwogen.
Dennoch ließ ich ihn ungern allein, besonders über mehrere Tage. Die Band hatte sich eine Woche Urlaub gegönnt, fast alle Mitglieder waren zu ihren Familien gefahren oder hatten sich anderweitig in alle Winde zerstreut. Natürlich würde Han auch ohne einen von uns klarkommen. Womöglich konnte man mir so etwas wie Egoismus vorwerfen, doch ich wollte ihn heute an meiner Seite wissen, einfach weil ich mich durch ihn besser fühlte.

Mit einem tiefen Seufzen setzte ich mich zu ihm auf die Bettkante und sah ihn lange an. Wahrscheinlich für seinen Geschmack zu lange, er wurde etwas unruhig unter meinem Blick.
„Jisung", begann ich. Ein Schmunzeln ließ meine Mundwinkel zucken. „Da du meine Nachricht nicht gelesen hast, folgt jetzt die offizielle, persönliche Einladung: Ich würde heute wirklich gern den Tag mit dir im Vergnügungspark verbringen. Es ist schon viel zu lange her, dass wir nur zu zweit etwas unternommen haben."
War das ein Rotschimmer, der über seine Wangen huschte? Seine Augen wanderten unstetig zwischen mir und der Bettdecke hin und her, während er anscheinend mit sich rang. Ein leises Kribbeln machte sich in mir breit, als nach einer gefühlten Ewigkeit ein sichtbarer Ruck durch ihn ging und er schließlich nickte.

*

Er klebte mit dem Gesicht regelrecht am Fenster, als mein Vater das Auto langsam auf den Parkplatz steuerte.
„Ist das riesig! Hast du den Turm da hinten gesehen? Der ist doch sicher neu."
Ich lachte leise und fing den amüsierten Blick meines Vaters im Rückspiegel auf.
„Minho, du schreibst später einfach, wenn ihr geholt werden wollt?"
„Das mach ich. Vielen Dank fürs Fahren."
Schnell drängte ich Han aus dem Fahrzeug, sonst hätte er sich wahrscheinlich noch Ewigkeiten am Fenster die Nase plattgedrückt. Während er vorhin zunächst recht zurückhaltend gewirkt hatte, war nun sämtliche Anspannung aus seinem Körper gewichen. Ich ahnte, dass ihn die Vorstellung, die nächsten Stunden unter unzähligen Menschen zu verbringen, beunruhigt hatte. Doch gerade schien ihn das Ganze nicht zu stören. Mit funkelnden Augen blickte er das Eingangstor hinauf und wirkte, als könne er es kaum mehr abwarten.
„Oh Mann, es ist so lange her, dass ich hier war."