Kapitel 7

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Sicht Jacky:

Das Mädchen war mittlerweile im OP, das könnte aber noch eine ganze Zeit dauern. Zudem hat Paula noch ein CT und ein Röntgen angeordnet.

Ich saß in der Cafeteria und plauderte mit Paula, bis ihr Pieper los ging.

Seitdem sitze ich hier und warte auf Informationen während ich überlege was an als nächstes tun sollte. Warum, weiß ich auch nicht, aber dieses Mädchen kommt mir unglaublich bekannt vor. Also beschließe ich, meine Mutter anzurufen. Wir haben nicht das allerbeste Verhältnis, aber verstehen uns momentan ganz gut.

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M= Jackys Mutter; J= Jacky

J: Hallo Mama! Tut mir leid dass ich dich so spät anrufe.

M: Hallo Jacky, alles gut, wie geht es dir?

J: Mir geht's super. Ich hab da mal eine Frage. Haben wir irgendwelche Verwandten in Köln?

M: Nicht dass ich wüsste, warum fragst du? Ach, warte, in der Nähe von Köln, in einer Kleinstadt, Hennef glaube ich, haben mal deine Tante und dein Onkel gelebt.

J: Warum leben sie dort nicht mehr? Sind sie umgezogen?

M: Ich habe es dir nie gesagt, aber vor circa zehn Jahren wurde ihre kleine Tochter Linnea entführt. Nach sieben Jahren ohne jegliche Informationen sprangen sie gemeinsam von einer Brücke. Ihre Tochter sah genauso aus wie du in ihrem Alter.

J: O Gott, Mama das tut mir so Leid, du hättest mir doch was sagen können. War das nicht deine Schwester?

M: Ja, wir haben uns allerdings noch nie wirklich gemocht, sie zog schon mit sechzehn aus und wir haben uns nie richtig vertragen. Ich wollte genauso wenig von ihr hören wie sie von mir.

J: Okay...

M: Warum fragst du?

J: Nun ja, in der Klinik ist ein Mädchen das mir total ähnlich sieht und ich habe das Gefühl sie zu kennen.

M: Hältst du mich auf dem Laufenden?

J: Klar. Warte mal, wie alt müsste Linnea heute sein?

M: Ich schätze mal so ungefähr 14, vielleicht 15. Sie wurde aus dem Kindergarten abgeholt und dann nie wieder gesehen. Falls sie es wirklich ist, ihre Eltern haben ihr einen Brief hinterlassen. Wenn es dir weiterhilft...

J: Danke Mama, Gute Nacht.

M: Bitte, schlaf gut.

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Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich eine Cousine habe-oder hatte. 

Ich lese noch ein bisschen was auf meinem Handy, bis Paula in die Cafeteria kommt.

"Gute Neuigkeiten, Jacky. Wir haben die Blutung gestoppt und sie liegt jetzt gerade noch auf der Intensivstation, aber voraussichtlich kann sie heute Abend wieder auf die Normalstation verlegt werden. Sie hat sich ihr rechtes Knie geprellt, eine Gehirnerschütterung, und einen Milzriss. Zwei Rippen waren gebrochen, aber wir konnten sie richten. Sie hat allerdings viele alte Verletzungen und verheilte Brüche, sie muss über Jahre hinweg misshandelt worden sein. Die Polizei kommt morgen und befragt sie- oder versucht es zumindest. Wenn du willst, kannst du zu ihr. Sie liegt auf Zimmer 11, du kennst dich ja aus." klärt Paula mich auf.

Dankbar nicke ich ihr zu und mache mich auf den Weg.

Zimmer 9, 10, 11. Ich bleibe vor der Tür stehen und trete vorsichtig ein. Das Mädchen liegt friedlich in ihrem Bett und die Geräte neben ihr piepsen gleichmäßig. Neben dem Bett steht ein kleiner Stuhl, den ich mir schnappe, ans Bett stelle und mich darauf setze.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ein leises Kichern weckt mich. Mein Kopf liegt auf dem Bett, ich hebe ihn und merke, dass das eine miese Idee war, zu schlafen, da ich jetzt miese Nackenschmerzen habe. Als ich zu dem Mädchen sehe, ist sie wach und kichert leise. Das Lachen in ihrem Gesicht steht ihr gut.

"Hi." sage ich müde und schaue auf die Uhr. 03:26. Boah. Da fällt mir das Gespräch mit meiner Mutter ein.

"Ich kann mir denken, dass es echt kacke ist, darüber sprechen zu müssen, aber weißt du noch, wie und warum dein Vater dich schlägt?" frage ich sie vorsichtig.


Sicht ???(das Mädchen):

Ich nehme all meinen Mut zusammen und versuche Jacky alles zu schildern an das ich mich erinnern kann.

"Ein Mann hat mich aus dem Kindergarten abgeholt, und ich-ich habe mich schon auf Zuhause gefreut, weil es Milchreis geben sollte." Ich unterdrücke meine Tränen, aber irgendwann gewinnen sie den Kampf und fließen an meinen Wangen herunter. Jacky sagt: "Wenn du es mir nicht erzählen möchtest, musst du nicht. Nimm dir soviel Zeit wie du brauchst.".

 Ich erzähle weiter: "Er hat mich dann in sein Auto gesetzt und da bin ich dann wohl eingeschlafen. Irgendwann waren wir angekommen und ich wachte auf. Er hob mich aus dem Auto heraus , ging mit mir zu einem Haus und ein Mann öffnete ihm die Tür, er schubste mich zu diesem und der Mann der mich entgegen nahm gab ihm viel Geld. Von da an musste ich immer putzen und- und- wenn ich nicht gehorchte schlug er mich und-" Ich brach in Tränen aus.

 Jacky setzte sich neben mich aufs Bett und nahm mich in den Arm.

Dann flüsterte sie mir ins Ohr: "Ich habe vielleicht herausgefunden wer du bist."

Ich löste mich und sah sie an. Sie wusste wer ich war? Ich wusste es selbst nicht einmal mehr. Woher konnte sie es dann wissen?

Erwartungsvoll sah ich sie an. "Ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Weil wir uns echt ähnlich sehen und ich das Gefühl habe, ich würde dich kennen, habe ich sie gefragt, ob wir Verwandte in Köln haben. Vor etwa zehn Jahren haben meine Tante und mein Onkel in Hennef gelebt, das ist hier in der Nähe. Sie hatten eine kleine Tochter, die ebenfalls aus dem Kindergarten entführt wurde. Sie hieß Linnea und sah genau so aus wie ich in ihrem Alter. Wärst du bereit dazu, einen DNA Test zu machen?"

Ich sehe sie geschockt an. Das muss ich erstmal verarbeiten. Ich nicke.


Der Wind in meinem GesichtWhere stories live. Discover now