»Niemand kann etwas für seine Trauer«, erwiderte der König zu Taehyungs Überraschung. »Da können die Emotionen schon einmal mit einem durchgehen.« Selbst Yohan, der nahe hinter Taehyung stand, wohl immer noch jederzeit dazu bereit ihn erneut festzuhalten, sollte er erneut den General anfallen, atmete hörbar irritiert aus. War es dem König etwa egal, dass Taehyung vor den Augen aller den General angegriffen hatte? »Wir wollen hoffen, dass dies der einzige Zwischenfall dieser Art war und Euer Aufenthalt unter einem besseren Stern steht als die Ankunft. Zumal die Nerven bestimmt aufgrund der langen Reise angespannt sind.«

Taehyung konnte nicht glauben, dass der König — König Seokjin von Raellé! — ihn gerade vor Augen und Ohren aller verteidigte! Hätte König Jaesun hätte Taehyung für so ein Fehlen an Respekt und Bloßstellung der eigenen Familie verprügelt, bis er auf dem Boden läge.

Jemand hatte dem General ein Tuch gereicht, welches er sich vor die Nase hielt und sein Blick traf Taehyungs. Dieser Mann war der Mörder seines Bruders und Taehyung würde den General dies nicht vergessen lassen. Aber auch in den Augen Kim Namjoons funkelte mit  einer Abneigung, die Taehyung nur allzu sehr an das Gift Yuris erinnerte.

Zweifel kamen in Taehyung auf, ob ihr Besuch am Königshof Früchte tragen würde. Er wusste, wie enttäuscht sein Onkel sein würde, wenn er mit schlechter Nachricht nach Kirin zurückkehren würde. Würde er es ihm verzeihen können, wenn es Taehyungs Schuld war?

»Ich denke, wir alle sollten nun hineingehen«, fuhr König Seokjin fort. »Ihr bezieht Eure Gemächer, ruht Euch aus und dann Speisen wir zusammen.« Der König und seine Gattin, an deren Hand ein junges Mädchen sich festhielt, wandten sich um und schritten die Treppen hinauf, die restlichen Berater und anderen Adelige folgten ihnen, wobei mehrere sich beim Gehen noch einmal umwandten und zu Taehyung blickten. 

»Ich kann nicht glauben, was für ein Dummkopf du bist!« Der Schlag von Yohan auf seinen Hinterkopf tat weh. »Dass du dein Königreich und deinen Onkel so beschämst, ist eine Schande!«, donnerte er los, sobald die Königsfamilie im Inneren des Schlosses verschwunden war. »Wir sind gerade erst angekommen und schon bereitest du Ärger! Du bist der verschissene Prinz! Benimm dich so!« Yohans Gesichtsausdruck war resigniert, als er enttäuscht den Kopf schüttelte.

»Hast du nicht gehört, was Prinz Taehyung gesagt hat?« Es war Vila, die ihr Pferd einem Stallburschen in die Hand gedrückt hatte und zu ihnen getreten war. »Hätte jemand meinen Bruder umgebracht und diese Person würde vor mir stehen, hätte ich auch nicht an mir halten können.« Vila hatte ihre Augenbrauen mitleidig zusammengezogen. »Es tut mir leid, ich wusste das von Eurem Bruder nicht.«

Taehyung wollte ihr Mitleid nicht. Er war verärgert darüber, dass er sich am fremden Hof so eine Blöße gegeben hatte, auch wenn er sich anscheinend keine Strafe dafür eingehandelt hatte, was ihn irritierte.

»Du hast dich da nicht einzumischen«, blaffte Yohan sie an, aber auch seine Gesichtszüge wurden weicher. »Euer Verlust muss schmerzen, Eure Hoheit.«

Taehyung antwortete ihnen beiden nicht. Stattdessen folgte er dem jungen Pagen, der ihn mit zittriger Stimme darum bat, ihm zu seinem zugewiesenen Gemach zu folgen. Im Hintergrund vernahm er, wie Yohan Seojun dazu aufforderte, sich als Leibwächter vor dem Raum zu positionieren und ihrem Prinzen auf Schritt und Tritt zu verfolgen.

Während der Page ihn durch das Schloss führte, ignorierte Taehyung seine Umgebung und nahm das beeindruckende Drumherum kaum wahr. Er interessierte sich nicht für die prunkvollen Wandteppiche, die alten Ritterrüstungen, die hohen Decken in den Hallen, durch die sie schritten und die endlosen Treppen, die in einen Turm hinauf führten.

»Dies ist Euer Gemach, Eure königliche Hoheit.« Der Page öffnete eine Tür und hielt sie Taehyung auf. »Euer Reisegepäck wird jeden Moment hochgebracht. Wenn Ihr etwas benötigt, lasst es mich wissen.«

Die Ritter der Krone ‒ Der neue Thron | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt