KAPITEL EINS

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6 Jahre später — 159 Jahre seit Beginn der Kim-Dynastie


DER STAHL LAG SCHWER in Taehyungs Hand, jedoch fühlte es sich schon lange nicht mehr Fremd für ihn an. Er war das Gewicht und auch die Verantwortung, die er mit dem Tragen und Schwingen eines Schwertes trug, gewohnt. Er fühlte sich nunmehr beinahe nackt, wenn er nicht das typische Gewicht seines Anderthalbhänders an seiner Seite spürte, welches ihm Sicherheit vermittelte. Nun trug er es allerdings nicht an seinem Gürtel, sondern fühlte das widerstandsfähige Leder, welches um das Griffstück gewickelt war und sich an das Leder seiner Handschuhe schmiegte in seinen Händen. Er war bereits etwas außer Atem, sein Brustkorb hob und senkte sich beschwerlicher als zuvor und er spürte auch vereinzelte Schweißtropfen seine Schläfen hinunterrinnen—aber seine Arme waren noch kräftig und nicht ermüdet. Sie hatten sich genauso sehr an das ständige Schwertkämpfen gewohnt, wie Taehyung selbst. Es machte sie—und vielmehr ihn—nicht mehr mürbe. 

Stattdessen bereitete es ihm nunmehr Genugtuung, denn er war es nicht mehr, der bei jedem Kampf im Dreck landete. Früher war es Gang und Gebe gewesen, dass er wie ein nasser Sack von Jeongguk und auch später von seinem neuen Lehrmeister, gnadenlos auf den Boden gestoßen wurde und den Sand geküsst hatte. Aber diese Zeiten waren vorbei. Und wenn er sich anstrengte, dann gewann er sogar gegen seinen Lehrmeister. Nicht immer—aber oft. 

Das dumpfe Klirren der Schwerter erklang und ein Ruck fuhr durch Taehyungs Arm, als er die Klinge hob um den Angriff zu parieren, der auf ihn zugeschnellt war. Parade—dann direkter Gegenangriff, bevor sich der Angreifer wieder sammeln konnte. Es waren immer noch Jeongguks Worte, die ihm dabei durch den Kopf spukten und an die er denken musste. Er hatte weder sie, noch hatte er ihn vergessen. Wie könnte er auch?

Sein Gegenüber strauchelte zurück, während er Taehyungs Gegenangriff parierte, blieb aber auf den Füßen. Taehyung schnellte erneut nach vorne, ein Angriff auf die ungeschützte linke Seite, dann eine Finte und den Bruchteil des Zögern des Gegners ausnutzen und erneut angreifen; die Schwerter trafen brüllend aufeinander und das Erzittern des Aufschlages ging wie eine Schockwelle durch Taehyungs ganzen Körper. 

»Du bist gut heute«, sprach Yohan und nickte anerkennend, als er wieder etwas Abstand zwischen sie gebracht hatte. Ein paar seiner Haarsträhnen hatten sich aus seinem Zopf gelöst und fielen Yohan wirr in sein Gesicht. Dabei fiel Taehyung zum ersten Mal auf, dass sich unbemerkt die ersten, kaum auffallenden weiße Strähnen unter das dunkle braun seiner Haare gemischt hatte. 

»Wie ich sehe wirst du alt.« Taehyung ließ sein Schwert sinken. »Bald muss ich mir wohl einen neuen Gegner suchen. Alte Männer zu schlagen gehört sich nicht.«

Lachend riss er sein Schwert nach oben um den Angriff zu parieren, der auf ihn niederdonnerte. 

»Du magst ein ausgezeichneter Schwertkämpfer geworden sein, aber du besitzt nun auch ein loses Mundwerk. Das ziemt sich nicht für einen Prinzen«, sagte Yohan und strich sich die losen Haarsträhnen aus der Stirn. 

Taehyung schnaubte. »Verzeiht, MyLord.« Dabei machte er eine alberne Verbeugung, was Yohan nur den Kopf schütteln ließ. 

»Ich denke wir sind fertig für heute. Ich sollte dich zurück zum Schloss bringen.«

Taehyung schüttelte den Kopf. »Ich gehe alleine.«

Yohan kniff seine Augen zusammen. »Sieh zu, dass du wirklich zurück zum Schloss gehst, und nicht unterwegs in einer Schenke verloren gehst. Ich meine das ernst«, setzte Yohan hinterher, als Taehyung nur abwinkte. »Geh zurück, ansonsten sehe ich mich dazu gezwungen dich persönlich abzuliefern. Ich verliere meinen Kopf, wenn du beim Morgengrauen nicht zurück bist.«

Die Ritter der Krone ‒ Der neue Thron | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now