KAPITEL ELF

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DAS NASENBEIN DES GENERALS knackte unter Taehyungs Faust und vor Überraschung stolperte Kim Namjoon einen Schritt zurück. Aber für die unbändige Wut in Taehyung war das noch lange nicht genug. Es gab eine ellenlange Liste an Dingen, für die Kim Namjoon weitaus schlimmeres verdiente, als nur eine gebrochene Nase.

»Du elender Bastard!«, entkam es brüllend seiner Kehle. Taehyung vergaß in diesem Moment völlig, wo er sich befand und was um ihn herum passierte. Das Einzige, was er wahrnahm, war der Mörder seines Bruders, der sich mit einem geschockten Ausdruck im Gesicht eine Hand vor die Nase hielt, aus der Blut strömte. »Wie kannst du hier stehen, nachdem was du getan hast!« Als er nach dem Kragen des Generals griff, schien dieser sich zu besinnen und Taehyung kraftvoll von sich wegzustoßen, als dieser erneut nach einem Hieb ausholte. »Du hättest hängen sollen, nicht Hoseok!« Taehyung war blind vor Wut. Er hatte völlig vergessen, wer er war und warum er hier war. Er nahm den Schrei einer Frau zu seiner Seite kaum wahr. Er sprang nach vorn und der Kinnhaken hätte dem General den Kopf nach hinten geschlagen, hätten sich in dem Moment nicht zwei kräftige Arme um seinen Oberkörper geschlungen, die ihn zurück rissen.

Der Schlag ging ins Leere.

»Taehyung!«, donnerte es in seinen Ohren, aber der Zorn hatte völlig Besitz von Taehyung ergriffen. General Kim hatte den Befehl gegeben Hoseok zu hängen. Der Krieg war bereits vorbei gewesen und Hoseok hatte seine Strafe mit den unzähligen Peitschenhieben schon längst gezollt. Kim Namjoon hätte den Befehl, Hoseok hängen zu lassen, nicht geben müssen. Aber er hatte es getan.

Taehyung spürte heiße Tränen in seinen Augenwinkeln brennen, als er sich mit einem Ruck aus Yohans kräftigen Griff losriss und zurück stolperte.

»Wir hatten im Armeelager unsere Differenzen«, versuchte General Kim den Anwesenden den Tumult ihres Aufeinandertreffens zu erklären. Der Schock stand sowohl dem König und seiner Gattin ins Gesicht geschrieben, aber auch der jungen Frau, die zu dem General geeilt war, sobald Taehyung von ihm abgelassen hatte.

»Differenzen?«, spuckte Taehyung zornig aus. Dabei nahm er mit Genugtuung wahr, dass das Bluten der gebrochenen Nase des Generals nicht aufzuhören schien. Dabei dachte Taehyung an den erniedrigenden Tritt, als er mit gefesselten Händen bereits auf dem Boden des Kommandozeltes gesessen hatte, mit dem Namjoon ihn in die Bewusstlosigkeit getrieben hatte. Er dachte daran, wie Kim Namjoon teilnahmslos danebengestanden hatte, als sein Vater mit der Peitsche den kompletten Rücken Hoseoks aufgerissen hatte. Er dachte daran, wie verraten sich Jimin gefühlt hatte, als Namjoon fortgegangen war, um die Prinzessin von Raellé zu heiraten. Und dann dachte Taehyung an die Worte von Roux.

Er versuchte sich zu sammeln und holte mehrmals tief Luft, bis er nicht mehr nur das Rauschen seines eigenen Blutes im Ohr vernahm. »Mein Verhalten ist nicht zu entschuldigen, aber bitte habt Nachtsicht, Eure königliche Majestät«, presste Taehyung hervor und machte eine tiefe Verbeugung vor dem König. Er bildete sich ein, auf den eleganten Gesichtszügen des Königs gar Genugtuung zu sehen. Hatte Taehyung ihm etwa augenblicklich einen Grund gegeben, ihn zurückzuschicken? Die Verhandlungen ihrer beiden Reiche im Keim zu ersticken? Oder hielt sich sein Wohlwolle gegenüber Kim Namjoon auch in Grenzen?

»General Kim hat nach dem Krieg den Befehl gegeben, meinen Bruder zu hängen. Ich habe die Nachricht seines Todes erst vor kurzem erhalten, meine Trauer ist noch frisch. Verzeiht mir bitte diesen Mangel an Kontrolle.« Die Worte kamen nur schwer von seinen Lippen, aber er musste versuchen die Situation zu entschärfen, bevor der König selbst sich von seinem Handeln beleidigt fühlte.

Das Blut des Generals tropfte dunkelrot auf die Steine vor der Treppe und das Geräusch jedes einzelnen Bluttropfen, der leise auf dem Stein aufschlug, brachte Taehyung Genugtuung. Aber noch lange nicht genug.

Die Ritter der Krone ‒ Der neue Thron | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now