11 | Mom

3.4K 101 1
                                    

ZARALIA PETROVA
6 Jahre zuvor:

Müde schaufelte ich die Lasagne, welche ich mir warm gemacht habe, in den Mund während ich angestrengt versuche, mir die Mathe Formeln für den anstehenden Test einzuprägen. Gar kein Bock!
Wer auch immer dieses Fach erfunden hat, den hasse ich. Ich meine, das macht alles keinen Sinn. Erschüttert schnaube ich aus. Ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich checke es nicht.

Mein Vater ist in seinem Büro, während meine Mutter noch in ihrem Kunst-Atelier arbeitet. Ich habe von ihr schon vieles über zeichnen, skizzieren, malen und alles andere was mit Kunst und Kreativität zu tun hat gelernt. Meine Mutter sagt immer ich wäre ein echtes Naturtalent.

Ihr Kunst Atelier liegt in einem kleinen Hochhaus, welches man eigentlich nicht als Hochhaus bezeichnen könnte, aber dennoch viele Wohnungen, Abstellräume und Apartments hatte. Ich finde es zwar schade, dass sie fast den ganzen Tag nicht zuhause ist und erst Abends, wie jetzt gleich, nach Hause kommt, aber solange sie ihre Leidenschaft ausleben kann, machte es mich ebenfalls glücklich.

Plötzlich klingelte es.

Nanu? Wer war das denn jetzt? Wer klingelte noch so spät bei uns? Meine Mom kann es nicht sein, weil sie erstens noch auf der Arbeit sein müsste und zweitens einen eigenen Schlüssel hat. Da ich weiß, dass mein Dad sehr vertieft in seine Arbeit ist und er weiß das ich unten bin, entschloss ich mich, meine Lasagne inklusive der Matheblätter zu verlassen und in Richtung Haustüre zu laufen. Währenddessen öffnete ich mit einer App auf meinem Handy, das große Tor, welches die Straße und unser Grundstück trennt.

Dann riss ich die Türe mit etwas zu viel Energie auf. Diese verschwand jedoch sofort als ich sah wer dort stand.Es war eine Polizistin und ein Polizist welche höfliche, ernste, mitleidige und traurige Gesichtszüge zugleich hatten. Was ist passiert? Sofort schoss mir meine ganze letzte Woche durch den Kopf, um zu überprüfen ob ich irgendetwas verbrochen habe, doch mir fällt beim besten Willen nichts ein. Der Glatzkopf begann zu sprechen „ist dein Vater zufällig da? Es geht um deine Mutter." Wie auf Knopfdruck wurde ich hellhöriger denn je. Ist ihr etwas passiert!? Wurde sie kriminell!? Hat sie ein Gemälde falsch verkauft!? Was ist geschehen?

Ich nickte langsam, um das Verstehen zu geben, dass mein Vater da ist. „Ja. Ja er ist da. Ähm ich hole ihn mal schnell." antwortete ich den beiden mit trockener Stimme. War kann nur gewesen sein, dass die Polizei wegen meiner Mutter vor unserer Türe steht? Und weswegen haben sie solche Grimassen gezogen? So als würde jemand gestorben-

Nein!

Nein!

Nein. Das- Das ist sie bestimmt nicht. Es war bestimmt nur ein Vorfall auf der Arbeit und deswegen mussten sie wegen Missverständnissen zum Revier oder so etwas. Immer noch schweigend und wahrscheinlich bleich wie eine Wand laufe ich zu dem Büro von meinem Vater, welches zum Glück im Erdgeschoss liegt. Treppensteigen würde ich im Moment nämlich lieber einmal auslassen, bevor ich vor Nervosität und Angst nich umkippe.

Ohne zu klopfen drücke ich die Türklinke hinunter und laufe danach auf meinen Vater zu der währenddessen von seinen Papieren aufschaut. „Zara? Was ist los? Ist jemand wichtiges an der Türe oder wieso hat es geklingelt." fragte er mich. Ich blieb vor seinem dunkel-grau lackiertem Schreibtisch stehen und blickte ihm ebenfalls an. Er jedoch hatte statt einem überforderten Gesichtsausdruck, einen verwirrten. „Ja, dort sind zwei Polizisten die mit dir reden möchten. Sie sagen es ginge um Mom."

-

Zehn Minuten später saßen die beiden Kriminalbeamten mit uns an dem langen holz Esstisch von uns und sahen uns weiterhin mit diesen Mix-Ausdrücken an. Die Polizistin fing dann endlich an zu reden. „Mister und Miss Petrova es fällt mir schwer das nun sagen zu müssen aber es gab einen Terroranschlag in dem Gebäude, in dem Mariana Petrova arbeitet. Das besagte Hochhaus ist ohne jegliche Ahnung von irgendjemandem urplötzlich vor zwei Stunden explodiert. Es waren nur sehr wenige dabei, die überlebt haben und das auch nur mit schlimmsten Verletzungen. Ihre Frau beziehungsweise Mutter ist leider Gottes Willen nicht unter ihnen. Sie ist von uns gegangen. Unser Beileid."

Und ab diesen Worten stürzte alles in mir ab.

Ich hörte nichts mehr.
Ich sah nichts mehr.
Ich spürte nichts mehr.
Ich roch nichts mehr.
Ich schmeckte nichts mehr.

Alles übrige war von einer Sekunde auf die andere Schmerz. Das kann doch alles nicht wahr sein! Das darf nicht so ausgehen! Die ganze Situation hier muss ein Traum sein. Ja! Denn unmöglich ist das wichtigste in meinem Leben gerade vor zwei Stunden in Luft aufgegangenen.

Die Unbeholfenheit überkam mich wie eine rasante Müdigkeit. Ich fühlte mich, als ob mir der Boden unter den Füßen weggerissen worden war. Eine unbeschreibliche Leere durchzog mich, und die Trauer wog in unaufhörlichen Wellen über mich hinweg. Es war, als hätte jemand das Licht in meinem Leben ausgeknipst, und ich befand mich in einer düsteren, erdrückenden Dunkelheit.

Die Welt schien plötzlich so kalt und unbarmherzig. Ich konnte es einfach nicht fassen, dass meine Mutter, die immer für mich da gewesen war, jetzt nicht mehr in meinem Leben sein würde. Die Erinnerungen an all die Momente, die wir gemeinsam geteilt hatten, überfluteten mich und brachten sowohl Trost als auch zusätzliche Schmerzen. Die Gedanken an all die ungesagten Worte und ungelebten Augenblicke, die uns jetzt für immer verwehrt blieben, schnürten mir die Kehle zu. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand einen Teil meines Herzens herausgerissen, und ich fragte mich, wie ich jemals ohne ihre Liebe und Unterstützung weiterleben sollte.

Only oneWhere stories live. Discover now