Kapitel 13

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Der Aufstieg dauerte nicht lange und auch die Steigung wäre wohl selbst für körperlich eingeschränkte Personen gut machbar. Trotzdem beugte ich mich erstmal vornüber, um mich mit den Händen auf meinen Oberschenkeln abzustützen, als wir oben angekommen waren. Meine Kondition ließ eindeutig zu wünschen übrig. Ich spielte zwar Fußball im Verein, aber der Platz war nunmal ebenerdig und das jahrelange Rauchen hatte sicherlich auch sein Übriges dazu getan.

„Schau, die Sonne geht gerade unter.", klang Harrys dunkle Stimme an mein Ohr, während sich seine warme Hand in meinen Nacken legte.

Ich richtete mich wieder auf und erstarrte bei dem Anblick, der sich mir bot. Ich war alles andere als ein Romantiker, der von Strandspaziergängen bei Sonnenuntergang träumte, aber diesem Naturschauspiel konnte auch ich mich nicht verwehren. Wir befanden uns etwa hundertfünfzig Meter über dem hellen Sandstrand von Bournemouth Beach. Im Gegensatz zu der seichten Steigung, die wir empor gewandert waren, fiel die Klippe vor uns steil in Richtung Meer ab, welches in scheinbar völliger Stille vor uns ruhte. Am Horizont versank die Sonne als gelber Feuerball langsam in den Untiefen des Atlantiks und färbte dabei den Himmel um sich herum in unzählbaren Orange- und Rottöne. Noch nie hatte ich die Abenddämmerung so wahrgenommen wie in diesem Augenblick.

Harry legte seine Arme um Zayns und meine Schultern und zog uns beide an sich, woraufhin wir jeweils einen Arm um seine Taille schlangen und gemeinsam diesen magisch anmutenden Moment genossen. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Niall, der neben uns im Schneidersitz im Gras hockte. Hinter ihm stand Liam mit seinem Smartphone und machte Fotos, die mit Sicherheit gute Postkartenmotive abgeben würden.

Erst als die Sonne fast vollständig im Blau des Ärmelkanals verschwunden war, erwachten wir aus unserer Starre. Harry küsste erst Zayn und dann mich kurz auf die Schläfe und löste sich anschließend von uns. Mich überkam ein plötzliches Bedürfnis nach Nähe, das mir offenbar ins Gesicht geschrieben stand, denn im nächsten Moment zog mich Zayn an sich und hauchte ebenfalls einen Kuss in meinen Haaransatz. Zusammen gingen wir zu den anderen, die etwas ratlos beieinander standen.

„Und nun?", fragte Harry, dem erneut die Skepsis anzusehen war.

„Also ich hab Hunger. Wer will noch kalte Pancakes?", wollte Niall wissen und begann euphorisch in seinem Rucksack zu kramen, was ihm ungläubige Blicke von uns anderen einbrachte.

„Du hast doch nicht ernsthaft Pancakes dabei, oder?" Ich trat einen Schritt näher an den Iren heran, um einen Blick auf die Tupperdose werfen zu können, die er aus seiner Tasche gezogen hatte.

„Na logisch. Mum hat extra mehr gemacht. Ich hab auch noch eine Flasche Cider dabei." Stolz hielt er die grüne Flasche Apfelschaumwein in die Höhe.

„Niall", jammerte Liam vorwurfsvoll, „wir sind doch nicht zum Picknicken hier, sondern weil wir nach Hinweisen suchen wollen."

„Es geht doch auch beides.", murrte Niall und stopfte die Flasche beleidigt zurück in seinen Rucksack.

„Niall hat Recht.", mischte sich Harry ein, „Wir haben immer noch Sommerferien und sollten Spaß haben."

„Gut. Aber dann sehen wir uns hier erst etwas um und dann wird gegessen. Sonst ist es nachher komplett dunkel und wir sehen nichts mehr. Ich hab nur eine Taschenlampe dabei." Liams Tonfall ließ keine Einwände mehr zu und so nickten wir alle brav. Von Niall kam sogar ein „Ja, Daddy."

„Hast du wirklich eine Taschenlampe dabei?", fragte Zayn ungläubig, als wir uns auf den Weg zum Tatort machten. Ich konnte bisher weder Absperrband, noch sonst einen Hinweis auf polizeiliche Ermittlungen entdecken, aber Harry lief zielgerichtet den Weg entlang.

„Nicht nur irgendeine Taschenlampe, sondern eine Nitecore – MH11.", erklärte Liam, „Das ist der Allrounder unter den Taschenlampen. Superleicht und kompakt und trotzdem mega hell. Die wiegt nur knapp hundert Gramm, hat aber eintausend Lumen und eine Leuchtweite von fast zweihundert Meter."

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