Kapitel 17

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Ich stand vor dem Schaufenster und fühlte mich ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt. Während ich mit den Füßen auf und ab wippte, ließ ich meinen Blick durch die Fußgängerzone schweifen. Mal abgesehen von den typischen Lebensmittelläden, Drogerien und Souvenirläden gab es in der Bournemouther Shoppingmeile ausschließlich teuer aussehende Geschäfte. Markennamen, die ich teils nicht einmal aussprechen konnte, blitzten mir entgegen, aber das passte natürlich auch zu den Menschen, die hier Urlaub machten. Bournemouth war eben das Feriendomizil der reichen Weißen, wie Zayn es so schön zusammengefasst hatte.

Mein Blick blieb an einem Springbrunnen hängen, in dem Kinder im Wasser tobten. Bei so etwas war es wohl egal, aus welcher Gehaltsklasse die Eltern kamen. Alle Kinder plantschten gerne im Wasser.

Ein hageres Mädchen lief am Brunnen vorbei in meine Richtung und erregte meine Aufmerksamkeit. Ich hatte das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben. Eine große Sonnenbrille verdeckte ihre Augen, aber das schmale Gesicht mit den hervorstehenden Wangenknochen kam mir bekannt vor.

Als sie bereits fast an mir vorbei war, fiel es mir ein. „Hey, wir kennen uns doch von der Party.", sprach ich sie an und sie blieb stehen, „Olivia, richtig?"

Trotz Sonnenbrille konnte ich ihr die Verwirrung ansehen.

„Ähm, ich bin Louis. Ein Freund von Harry. Ich wohne momentan bei ihm.", versuchte ich, ihrer Erinnerung auf die Sprünge zu helfen.

„Achso, ja.", machte sie wenig begeistert.

Ich hatte sie schon während der Party zickig gefunden und wusste aus den Erzählungen der anderen, dass sie ein ganz schönes Biest sein konnte, aber mir hatte sie ja nichts getan. Mal davon abgesehen, dass auch sie eine von Harrys Ex war. Aber mal ehrlich- wer war das denn nicht?!

„Ist Harry auch hier irgendwo?", fragte sie dann doch neugierig nach.

Als ich gerade zur Antwort ansetzen wollte, kam Harry aus der Apotheke.

„Oh, hey Olivia.", begrüßte er die Brünette. Begeisterung sah anders aus, aber ich hätte auch nichts anderes von ihm erwartet.

Olivia hingegen strahlte mit einmal. „Harry, wie schön dich zu sehen!", quietschte sie und fiel ihm um den Hals, „Wie geht es dir? Ich hab von dieser Sache auf Hengistbury Head gehört. Das ist ja schrecklich. Du musst dich ja furchtbar fühlen. Taylor und du, ihr standet euch doch so unglaublich nahe."

Und da war es wieder, dieses Fünkchen Eifersucht und Unverständnis, weil ich wusste, dass Harry mit ihr geschlafen hatte. Und vielleicht auch ein kleines bisschen, weil sie gerade so an ihm hing und nicht den Anschein erweckte, als würde sie sich in absehbarer Zeit wieder von ihm lösen wollen. Ich würde es niemals zugeben, aber das ging mir gehörig gegen den Strich.

„Das Ganze macht uns doch allen zu schaffen.", raunte Harry, schob Olivia glücklicherweise relativ schnell von sich weg und brachte etwas Abstand zwischen sich und seine Exfreundin. Die fand das zwar offensichtlich nicht so toll, rückte ihm aber nicht direkt wieder auf die Pelle.

„Ja, das stimmt. Sie war ein toller Mensch." Olivia atmete tief ein und wieder aus und schüttelte dabei theatralisch ihren Kopf. „Armes Ding."

Harry blickte sie argwöhnisch an. „Ihr konntet euch doch gar nicht ausstehen."

„Wir waren nicht die besten Freundinnen... und wir hatten so unsere... Differenzen miteinander.", wählte Olivia ihre Worte mit Bedacht, „Aber sie war ein herzensguter Mensch und das wusste ich zu schätzen. So etwas Schreckliches hätte ich ihr niemals gewünscht."

Ich konnte nicht sagen, ob sie ihre Worte ernst meinte oder ob sie eine Show abzog. Hätte ich ihre Augen sehen können, wäre mir die Einschätzung mit Sicherheit leichter gefallen, aber die dunklen Gläser ihrer Sonnenbrille versperrten mir die Sicht und ich kannte sie nicht gut genug, um mir auch so ein Urteil bilden zu können.

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