KAPITEL VIER

Beginne am Anfang
                                    

Zwei große Bierkrüge wurden vor ihnen auf den Tisch gestellt, der Schaum schwappte dabei über den Rand hinaus und lief an den Seiten der Krüge hinab, was Taehyung von seinen Gedanken über die Reise ablenkte. Wortlos hoben Vila und er die beiden Krüge hoch, stießen an und ließen das kühle Bier ihre Rachen hinab rauschen.

»Glaubst du, dass wir nach Kirin zurückkehren werden?«, fragte Vila und überraschte Taehyung damit. Er wollte sich besinnungslos saufen und nicht darüber nachdenken, ob sie die Reise nach Raellé und den dortigen Königshof überhaupt überleben würden.

Er zuckte mit seinen Schultern. »Vermutlich.« Er leerte den Bierkrug und stellte ihn mit zu viel Wucht zurück auf die Tischplatte. »Ich bezweifle, dass die Raellianer einen erneuten Krieg provozieren wollen. Raellé hat endlich den Aufschwung erlebt, welches das Königreich benötigt hat, denkst du, sie riskieren das, nur um meinen Kopf aufzuspießen?«

»Vermutlich nicht«, entgegnete Vila. »Aber bei dieser Reise steht ja nicht nur dein Kopf auf dem Spiel, meinen würde ich tatsächlich auch gerne noch behalten. Ich habe noch nicht genug Bier getrunken und Frauen gefickt, als dass ich schon ins Gras beißen möchte. Außerdem muss ich dich noch in einem Schwertkampf besiegen, bevor ich in Frieden ruhen kann.«

»Träum weiter.«

Vila schnaubte und blickte stattdessen der jungen Frau nach, die dicht an ihrem Tisch vorbei ging und neue Bierkrüge vom Schankwirt abholte. Sie hob ihre Hand, um Nachschub für sie zu bestellen, aber Taehyung wusste, dass es Vila nicht nur darum ging und er war sich sicher, dass die Soldatin den Rest der Nacht nicht allein verbringen würde.

Zu Taehyungs Bedauern verhalf ihm der fließende Alkohol nicht dabei, seine Gedanken an die Reise zu verdrängen. Nach Sabora zu reiten war vermutlich seine einzige Chance, um mehr über Jimin und seinen Verbleib zu erfahren. Und er wollte nichts dringender als das. Dennoch keimten Zweifel in ihm auf. Sabora lag sehr weit westlich im Königreich Raellé, was bedeutete, dass sie das gesamte Königreich durchqueren mussten. Auch wenn offiziell Frieden zwischen den beiden Königreichen herrschte, war dieser fragil. Die raellische Bevölkerung hasste den Osten, Taehyung war sich dessen bewusst. Sie würden unerkannt bleiben müssen, damit sie auf der Reise durch Raellé nicht in einem Hinterhalt von Söldnern, ehemaligen Soldaten oder Bauern geraten, und umgebracht wurden. Sie würden auf Banner, Embleme und Wappen auf ihren Rüstungen verzichten müssen, was bedeutete, dass sich Taehyung bis zum Morgen noch eine andere, leichtere Rüstung besorgen musste. Und wenn sie den Königshof in Sabora erreicht hatten, was würde sie dann erwarten? Die Aussicht auf zermürbende Verhandlungen mit Beratern und dem König selbst ließ Taehyung unwillig mit den Zähnen knirschen. Er hoffte, dass diese Bemühungen es wert waren und er die Möglichkeit bekam, etwas über Jimin herauszufinden; einen Weg ihn zu kontaktieren, oder ihn vielleicht sogar aufzusuchen.

»Hör auf dir denen Kopf zu zerbrechen«, mahnte Vila. »Du hast mir gerade gesagt, dass wir die Scheiße überleben, aber jetzt siehst du aus, als würdest du das Bezweifeln. Das gefällt mir nicht.«

Ihre Blicke kollidierten über den Tisch hinweg. Glaubte er daran, dass sie es überleben würden? Sein Onkel musste davon ausgehen, sonst würde er nicht Yuri und seinen einzigen männlichen Erben schicken. Und auch wenn Taehyung seinen Onkel für einen intelligenten und gerissenen Mann hielt — er konnte dennoch nicht die Zukunft voraussehen und sich sicher sein.

Ein lautes Grölen ertönte hinter ihnen und Taehyung wandte sich um, nur um zu sehen, wie ein Mann einem anderen mit geballter Faust ins Gesicht schlug. Ein Tumult brach an dem Tisch los, zwei Männer sprangen auf und mischten sich ein, was allerdings nicht zur Schlichtung des Streites führte.

»Man kann sich nicht einmal mehr in Ruhe besaufen«, kam es von Vila, die ihren Bierkrug leerte und ebenfalls zu den streitenden Männern schaute.

Zu Taehyungs Überraschung erkannte er zwei der Männer, Soldaten seines Onkels. Als die Stimmen lauter wurden, sich mehr der Anwesenden einmischten und dann der erste Stuhl durch den Schankraum flog, war sich Taehyung sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die erste Patrouille an Soldaten die Taverne stürmen würde. Die Musiker waren bereits verstummt und packten eilig ihre Sachen. »Trink aus«, zischte er zu Vila und schüttete sich das kühle Bier, welches sie kurz vorher als Nachschub bekommen hatten, die Kehle hinab. »Wir sollten verschwinden.«

Die Ritter der Krone ‒ Der neue Thron | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt