Kapitel 12

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Die nächsten Tage, ging ich Matheus aus dem Weg, denn es wäre eine Lüge, wenn ich behaupten würde, er wäre mir gleichgültig. Im Gegenteil. Und gerade das bereitete mir Unbehagen. Ich durfte seinen Annäherungen nicht nachgeben, denn ich hatte das Gefühl, dann wäre ich für immer verloren. Es war ungefähr das zehnte Buch, was ich in dieser Zeit las. Meiner Bildung konnte es nicht schaden und die Bibliothek war ein gutes Versteck vor Matheus. Zumindest bis jetzt. Im Augenwinkel hatte sich der Dunkelhaarige im Türrahmen breitgemacht. Nervosität legte sich in mir nieder. Diese äußerte sich in meiner wandernden Sicht, die von dem Buch vor mir, zu dem Bildschirm hin und her wanderte. Es zeigte mein Zuhause, doch gerade war niemand da. Meine Mutter war bei ihrer Behandlung und Ariel war mit Bertha auf dem Spielplatz.

„Was machst du da?“

Etwas perplex hielt ich das Buch in die Höhe und studierte, wie er auf mich zukam. An seinem Äußeren konnte man nicht ablesen, dass er gerade erst verwundet wurde, doch sein Gang war nicht so geschmeidig wie sonst. Kein Wunder, er sollte ja auch noch im Bett liegen bleiben, statt hier herumzulaufen und mir nachzuspionieren.

„Das meine ich nicht, Melodie.“

Seine Hände hatten, mit einer gewissen Festigkeit, meinen Stuhl umgriffen und so konnte ich nicht anders, als der Atemlosigkeit zu verfallen. Sein Kopf senkte sich hinab, bis sein Atem gegen meinen Haarschopf prallte.

„Warum gehst du mir aus dem Weg?“

Meine Augen wurden starr vor Schreck.

„Steh auf, sieh mich an.“

Seine Stimme war so furchtbar dunkel, dass ich am liebsten jedes Geheimnis erzählen würde. Ich kam seiner Aufforderung nach, blickte in die dunklen Augen.

„Ich … ich …“ begann ich zu stottern.

Ich konnte ihm unmöglich die Wahrheit sagen, denn dann … Ich hätte keine Ahnung, was dann passieren würde. Sein forschender Ausdruck lag noch immer auf mir. Ich müsste ihm eine Antwort geben.

„Ich wollte dir in deinem Zustand nicht zur Last fallen.“

Das war nur die halbe Wahrheit, doch ihn schien es zu reichen. Zumindest im Moment. Matheus umschloss meine Hand und zog mich durchs Haus. Tony war offenbar verschwunden, denn normalerweise hielt er sich in dem geräumigen Wohnzimmer auf. Jetzt verschluckte mich die Nervosität, als ich erkannte, wohin mich Matheus führte. Geradewegs in unser Schlafzimmer. Er wird doch nicht … Doch ich täuschte mich, denn auf meiner Seite des Bettes lag ein wunderschönes eng anliegendes schwarzes Kleid in einem feinen Stoff. Etwas ehrfürchtig begann ich es zu mustern und da fiel mir wieder der Ball ein, den Matheus Vater erwähnt hatte.

„Ich weiß nicht, ob du in deinem Zustand …“

Plötzlich spürte ich seinen Atem ganz dich hinter mir und seine Hand, die leicht meine Haare nach hinten strich.

„Mach dir keine Gedanken über meinen Zustand.“

Streng drehte ich mich um. Meine Finger fuhren ganz von allein unter sein Oberteil und legten seine Wunde frei. Noch nicht einmal die Fäden waren gezogen. Matheus hingegen schien an etwas ganz anderes zu denken, während ich so seine nackte Haut berührte.

„Du siehst nicht aus, als würdest du heute auf eine Tanzveranstaltung gehen.“

Mit einem dunklen Ausdruck fuhr seine Hand in meinen Nacken, übte Druck aus.

„Wie sehr es mir auch gefällt, dass du dich um mich sorgst, so solltest du mir dennoch nicht widersprechen.“

Ich war nicht gewillt, nachzugeben.

„Das solltest du wirklich nicht, denn gerade macht mich das wirklich geil.“

Meine Augen wurden groß, meine Hand verschwand und ihm entkam nur ein raues Lachen.

„Wenn es dich beruhigt, die Ärzte haben mir die Erlaubnis gegeben, solange ich es langsam angehen lasse. Außerdem …“

Jetzt drehte er mich um und deutete auf das schöne schwarze Kleid.

„… wird es mir tausendmal besser gehen, wenn ich dich darin sehe.“

***

Etwas unbehaglich fuhr ich über den schönen Stoff, während ich mein Ebenbild im Spiegel musterte. Meine goldenen Locken legten sich sanft über meine Schultern und das Kleid betonte jedes Stück meines Körpers. Ich kam mir fremd vor. Ich konnte mein eigenes Spiegelbild nicht erkennen.

„Du siehst …“

Ich warf einen Blick über meine Schulter. So hatte ich Matheus noch nie gesehen. Sprachlos.

„… umwerfend aus.“

Einen kurzen Moment lehnte er sich gegen den Türrahmen und genoss das Spektakel. Jetzt kam er auf mich, legte sanft seine raue Hand auf meinen nackten Rücken. Es begehrte mich danach, die Augen zu schließen, doch dies wäre ein Eingeständnis meiner Niederlage gewesen. Ich sollte mir die Frage stellen, wie mir die künftige Veranstaltung nützen könnte, anstatt darüber nachzudenken, wo ich seine Hand noch haben wollte. Jetzt hielt er vor meine Augen ein kleines Schächtelchen.

„Ich glaube, den hier, könntest du, für heute Abend gebrauchen.“

Kurz darauf klappte er die Schatulle auf und ein eleganter Ring kam zum Vorschein.

„Was ist das?“, fragte ich überrumpelt.

„Ein Ring“ summte er amüsiert, während er meine Hand ergriff und das Schmuckstück über meinen linken Ringfinger stülpte. Er passte wie angegossen.

„Das sehe ich.“

„Ach, das meinst du.“

Er hielt einen Moment inne, als würde ihn meine Einfältigkeit gefallen.

„Das ist dein Verlobungsring.“

Noch immer skeptisch drehte ich mich zu ihm um, ein Blick noch immer bei dem Schmuckstück gefangen. Ich hatte noch nie etwas so Edles getragen.

„Geht das nicht normalerweise mit einer Frage und einer Antwort einher?“

Er trug diese begehrenswerten Grübchen, während er sich zu mir hinab lehnte.

„Normalerweise schon, doch in unserem Fall, war das alles etwas anders.“

Behutsam setzte er mir einen Kuss auf die Wange. Da lag solch ein furchtbares Knistern in der Luft und ich ahnte, dass es sich durch den ganzen Abend ziehen wird.

MatheusUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum