Kapitel 28

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Matheus
Das Blut klebte überall an mir und auch im Allgemeinen war meine körperliche Verfassung mehr als beschissen. Sie hatten mir mehrere Rippen gebrochen und dahingehend, dass sich der Raum unentwegt drehte, hatte ich mir wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Wie es wohl meinen Männern ging? Sie wünschten sich wahrscheinlich die Probleme, die ich gerade hatte. Hätte mich Melodie nicht gerettet, dann wäre ich jetzt bei ihnen unter der Erde. Doch der Preis, er war zu hoch. Bei dem Gedanken an die Zukunft wünschte ich mir, ich wäre tot. Ich wünschte, mich würde ebenfalls jemand erlösen. Ich sah einfach keinen Ausweg. Die Hoffnung war dahin. Ein Klappern riss mich aus meinen Tagträumereien. War es schon so weit? Das Gefühl für die Zeit ging einem restlos verloren. Warum war ich auch so dumm, auf die Intrige von Melodies Vater hereinzufallen? Ich hätte wissen müssen, dass er mich als Druckmittel benutzen wollte. Scharf zog ich die Luft ein, als ich entdeckte, wer mir Gesellschaft leisten wollte. Offenbar war es noch nicht so weit, denn der Verräter Tony begann mein ramponiertes Ebenbild zu mustern. Wäre ich nicht noch immer an diesen Stuhl gebunden, so würde ich ihn zu Tode prügeln. Fraglich, ob ich das in meinem Zustand überhaupt schaffen würde.

„Mein zukünftiger Schwiegervater hat wahrhaftig nicht gespart.“

„Was willst du hier, Tony?“

Ich musste das Blut hinunterschlucken, bevor ich erneut etwas herausbringen konnte.

„Gibt es keine Hochzeit, auf die du dich vorbereiten musst?“ brachte ich garstig hervor.
Der Mann, der einst mein Freund war, lehnte sich jetzt vor.

„Ich will dir lediglich meinen Verrat erklären.“

Ich konnte es nicht lassen ihn anzuspucken, doch er schien so Herr seiner Rolle, dass er es ignorierte.

„Du hast Melodie die Freiheit genommen, ihre Familie. Du hast ihr alles genommen und dennoch hat sie sich in dich Monster verliebt. Du hast sie zum Weinen gebracht. Du hast sie unglücklich gemacht.“

Ich biss mir auf die Lippen, denn alles, was er sagte, war keine Lüge. Ich war nicht gut zu Melodie und das schlimmste wusste er noch nicht einmal. Doch für unser Kind brachte ich es nicht übers Herz, es ihm zu sagen.

„Deshalb musste ich sie dir nehmen. Es tut mir leid, auf welche Weise das stattfand.“

Mein Kopf fiel auf meine Brust.

„Du bist ein elendiger Lügner.“

Mein Gegenüber stieß beleidigt die Luft aus.

„Willst du etwa behaupten, du hättest sie nicht unglücklich gemacht?“ 

„Doch und das werde ich auf ewig bereuen.“

Ich schnappte vergeblich nach Luft. Eine gebrochene Rippe drangsalierte meinen einen Lungenflügel.

„Aber du bist nicht ihr Retter. Du bist ein bemitleidenswerter Mann, der nie bekommen wird, was er will. Ihre Liebe.“

Er reckte sich in die Höhe.

„Du hast recht, mein Freund. Deshalb war es auch meine Idee, dich hierherzulocken. Es war wirklich herzallerliebst, als Melodie mir gestand, dass sie dich liebt. Da wurde mir auch klar, dass du verschwinden musst, damit ihr Herz für mich frei ist. Dass du lebst, verdankst du nur ihrem Vater. Würde es nach mir gehen, wärst du längst tot.“

Diese Worte von einem ehemaligen Freund zu hören, zerbrach in mir etwas, von dem ich glaubte, es wäre längst zerbrochen. Verzweiflung machte sich breit. Ich wollte nicht, dass dieses Monster an Melodies Seite sein wird. Doch was sollte ich jetzt noch tun?

„Ich muss jetzt gehen. Eine Hochzeit wartet auf mich.“

Verdammter Bastard! In dem Augenblick, indem er sich umdrehte, schwor ich mir etwas. Ich werde Melodie niemals aufgeben. Ich werde sie finden, schon allein um meine Fehler wiedergutzumachen.

Melodie
Unglücklich sah ich hinauf zu dem schönen Ebenbild, das ich gab. Mein Kleid war wunderschön, die Location fantastisch hergerichtet, draußen vor dem Anwesen herrschte lockere Stimmung. Trotz alledem erinnerte mich der glücklichste Tag meines Lebens an einen Albtraum. Der Mann, den ich heiraten würde, war nicht Matheus, meine Mutter und meine Schwester würden nicht kommen. Es glich viel mehr dem schrecklichsten Tag meines Lebens.

„Du siehst wunderschön aus, Liebes.“

Mein Vater hatte im Türrahmen Platz genommen. Er war hier, um mich abzuholen. Mein Geist war so kurz davor, einfach zusammenzubrechen und der Welt einen Krieg zu erklären. Mein Herz fühlte sich furchtbar schwer an. Sogleich würden Ketten so schwer wie Beton an mein selbst gelegt, schön verpackt in eine gut geschmückte Zeremonie. Doch das war nicht das Einzige, das mir Sorgen bereitete. Heute Nacht müsste ich mit Tony das Bett teilen. Ich müsste es tun, um es glaubwürdig zu gestalten, dass dieses Kind von ihm wäre. Nicht auszudenken, was mein Vater sonst tun würde.

„Kann ich ihn noch einmal sehen?“

Sowohl mein Vater als auch ich wussten, von wem ich sprach. Er trat jetzt an mich heran, streichelte zaghaft meine Wange.

„Die Hochzeit wartet.“

Ich nickte lediglich steinern und legte meine Hand an seinen Oberarm.

„Tust du mir ein Gefallen? Lächle für mich.“

MatheusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt