Kapitel 21

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Matheus

Ein ungutes Gefühl suchte mich heim. Vielleicht waren es die Worte des Mannes, den wir vor einigen Wochen umbrachten. Ich würde Glück benötigen, wenn ich vorhatte, Melodie zu beschützen. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab, auch wenn ich die Wachen verdoppelt hatte und zusätzlich Tony bei ihr ließ. Die Souza Familie hatte es darauf abgesehen mir zu schaden und Melodie war die perfekte Zielscheibe. Erst recht, wo sie jetzt unser ungeborenes Kind unter ihrem Leibe trug. Ich war so voll Freude und dennoch musste ich seufzen. Ich war ungerecht zu ihr, doch damals sah ich keinen anderen Weg, um sie an mich zu binden. Zu groß war die Angst, sie würde meiner Abscheulichkeit entfliehen wollen. Ich hätte es ihr nicht verübeln können, denn auch ich wollte bisweilen dem Ganzen entfliehen. Ein einfaches Leben führen, weit weg von Morden und Familienfehden, doch die Bequemlichkeit und die Möglichkeit Gutes damit zu tun, hielt mich an Ort und Stelle. Angst überkam mich jetzt, als ich keine Wachen vor der Tür entdeckte. Sie lagen nicht am Boden, sie waren einfach verschwunden. Meine Schritte wurden eilig und doch besänftigte ich mich mit dem Gedanken, dass Tony sie abgezogen haben muss, aus welchem Grund auch immer. Wäre es die Souza Familie gewesen, so wären sie doch alle tot, nicht wahr?

„Melodie?“, rief ich unsicher in das große Haus hinein, in der Hoffnung, ihre liebliche Stimme zu hören. Mich verlangte es gerade danach, ihr die Vollkommenheit meiner Entschuldigung entgegenzubringen. Ich weiß, dass es falsch war. Doch ich trug die Zuversicht in mir, wenn sie erst einmal unser Kind in sich trug, so würde sie vergessen, was ihre Träume waren. Sie würde bei mir bleiben und sich nicht unnötig in Gefahr bringen. Wenn ihr etwas zugestoßen war, dann … Ich wüsste nicht, welche Form von Wut ich dann entfesseln würde. Ich schnappte nach Luft, denn noch immer war das Haus vollständig in Stille getaucht und je weiter ich suchte, desto leerer wurde der Ort in meinem Herzen, denn niemand war hier.

Melodie

Der Untergrund war weich und warm und wahrscheinlich hätte ich noch eine Weile darin schwelgen können, hätte mich ein Geräusch nicht in das Bewusstsein gezogen. Ich schreckte auf und bekam ein fremdes Zimmer zu sehen. Die Laken des Bettes sahen anders aus, kein Fenster weit und breit, da war kein Schränkchen neben der Tür. Hatte mich Matheus in ein anderes Zimmer gebracht? Mit einem Mal erreichte mich das Wissen des gestrigen Tages. Die Schwangerschaft, der Streit und schließlich Tony, der am Boden lag. Wer auch immer Tony niedergestreckt hat, der muss mich auch entführt haben, denn ich nahm nicht an, dass ich noch länger in Matheus Haus war. Wie von allein zog ich all meine Glieder zusammen und blickte mich panisch um, als könnte besagte Person hier überall lauern. Doch niemand war hier. Ich war allein. Ehe mich die Verzweiflung über meine Situation vereinnahmen konnte, schlüpfte ich unsicher aus dem Bett heraus. Ich sah an mir hinab. Zumindest trug ich noch dieselben Sachen wie gestern. Wie von allein fuhr meine Hand jetzt zu meinem Bauch.

„Hab keine Angst, dein Vater wird Berge versetzen, um uns hier herauszubekommen.“

Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Offenbar verlor ich nun wirklich mein Verstand. Vorsichtig in der Besinnung kaum ein Geräusch von mir zu geben, tappte ich in dem kleinen Zimmer herum. Es war ein ganz normales Zimmer. Ein großes Bett, ein Schrank mit Frauenkleidung darin und ein anliegendes Bad. Man könnte fast glauben, ich hätte es schon immer bewohnt. Doch ich sollte mich nicht damit aufhalten, denn wer auch immer mich hierhergebracht hatte, derjenige würde bald wiederkommen. Gerade als ich beginnen wollte, ein Plan zu schmieden, wurde die Türklinke nach unten gedrückt und ein mittelalter Mann streckte den Kopf durch die Tür. Er trug helle Haare und einen dümmlichen Ausdruck. Jetzt begann er zu lächeln.

„Du bist wach“, sprach er erfreut. Ich nahm an, er würde jetzt wieder die Tür schließen und seinem Boss Bescheid geben, doch stattdessen schlüpfte er in den Raum hinein. Anzüglich begann seine Sicht über mich zu schweifen. Es war so deutlich, was er dachte und er besaß nicht mal den Anstand, es zu verbergen. Eilig streckte ich meine Hand aus, als er gewillt war, mir immer näher und näherzukommen. Mein Verstand ahnte Böses.

MatheusWhere stories live. Discover now