Kapitel 3

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Ich hatte oft darüber nachgedacht, mich in der Wohnung zu verschanzen. Meiner Mutter zu erzählen, was hier vor sich ging und daraufhin die Cops zu rufen. Doch wem würde das helfen? Niemandem außer mir. Meine Mutter würde keine Heilung erlangen und so entschloss ich mich ihr zu sagen, was dieser fremde Mann von mir verlangte, dass ich für eine Zeit bei ihm bleiben werde. Natürlich war sie überrumpelt, schließlich hatte sie Matheus erst heute kennengelernt. Die Wahrheit war, mir ging es genauso. Als ich dann wieder vor die Tür trat, nahm mir der Mann im schwarzen Anzug meine beschaulich gefüllte Tasche ab und begleitete mich die Stufen hinab.

„Noch konnte ich fliehen", dachte ich, als mir der Dunkelhaarige die Beifahrertür eines viel zu teuren Autos aufhielt. Doch ich ließ mich in den Ledersitz fallen und genoss das Gefühl, dass es auf meiner Haut auslöste. Dennoch sollte ich nicht hier sein. Ich sollte bei meiner Familie sein, bei dem Bett meiner Schwester und ihr etwas vorlesen bis sie einschläft.

„Wie werde ich morgen zur Arbeit kommen?"

Dein Ernst Mel? Nach dem Tag ist dies die Frage, die dich wirklich beschäftigt?

„Du wirst dort nicht mehr hingehen."

„Aber ich muss", raunte ich etwas hilflos.

„Ich kümmere mich jetzt um deine Familie, du musst dir darüber nicht länger Gedanken machen."

Diese Worte waren zu gut, als dass sie leicht meine Kehle hinab huschten.

„Das kann ich nicht annehmen ..."

„Du wirst es annehmen, denn ab heute ist es eine Selbstverständlichkeit."

Der Mann am Steuer hielt einen Moment inne. Das musste ein Traum sein. Ein merkwürdiger Traum.

„Du wirst meine Frau Melodie, folglich ist es auch meine Familie."

„Warum?", entkam es mir nun.
„Du kennst mich genauso wenig, wie ich dich kenne."

„Ich weiß, dass du immer deine Stirn verziehst, sobald dir etwas unangenehm ist. Genauso, wie jetzt gerade."

Etwas perplex fuhr meine Hand zu meiner Stirn, spürte die Falte, die sich darauf niedergelassen hatte. Ich hatte nicht mal gewusst, dass ich das tue. Die restliche Fahrt über war ich still, ganz einfach aus dem Grund, weil ich nicht wusste, was ich hätte sagen können. Vielleicht könnte ich ihm meine Arbeit anbieten, um die Schulden meiner Familie zurückzuzahlen. Ja, das könnte ich tun. Erstaunt weiteten sich meine Augen, als wir ein riesiges Tor erreichten, dahinter ein Palast. Ein Palast, umringt von einem Zaun und unzähligen Wachen. Ich hatte auch darüber nachgedacht zu fliehen und mit meiner Familie vor ihm davonzurennen, doch diesen Gedanken verwarf ich augenblicklich. Mir war es unangenehm, als Matheus mir die Autotür öffnete und mir seine Hand zustreckte. Ich fühlte tausende Augen auf mir, auch wenn niemand mich ansah außer er. Verlegen rappelte ich mich auf, ging an seiner Seite der großen Tür entgegen. Ein letzter Blick auf das Auto, als wäre es meine Flucht, die ich zurückließ. Innen war alles still, die Dunkelheit hatte die Räumlichkeiten umgeben. Nur der Mond am Himmel warf unsere schmalen Schatten auf den Boden, während der Dunkelhaarige die Tür hinter uns schloss.

„Ich habe nachgedacht", flüsterte ich jetzt.
Ich traute mich nicht, lauter zu reden, als könnte ich jemanden wecken.

„Ich könnte doch für dich arbeiten, um das Leben meiner Familie zu verdienen."

Aus einem unbekannten Grund schien ihn meine Aussage verärgert zu haben. Sein Kiefer begann zu arbeiten und schneller als ich denken konnte, wurde mein Körper gegen die Tür gepresst. Angst breitete sich aus, besonders als mich dieser kühle Blick traf.

MatheusWhere stories live. Discover now