Kapitel 34

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Matheus
Wir hatten Luiz gerade ins Bett gebracht. Seit jenem Tag am Strand hatte sich sein Verhalten vollkommen verändert. Er fragte nicht mehr nach Tony und auch nicht nach dem Zeitpunkt, wann sie wieder gehen würden. Gelegentlich suchte er sogar meine Gesellschaft. Es war ein behaglicher Traum, von dem ich glaubte, er könnte kein Ende nehmen.

„Weißt du, was wir jetzt tun sollten?“

Interessiert stützte Melodie ihren Kopf auf ihre Hände. Ich hingegen packte ihre Hüfte und zog sie noch etwas näher an mich heran.

„Wir sollten das nachholen, was wir damals verpasst haben.“

Bei meinem schmutzigen Ausdruck verstand sie sofort, wovon ich sprach. Röte hatte sich auf ihre Haut niedergelassen. Doch ich meinte nicht nur das Körperliche. Wahrlich, wir hatten einige Schritte übersprungen. Ich verschränkte unsere Hände. Mein Körper erhob sich, zog ihren mit mir. Meine Finger begannen, ihr Dekolleté zu streifen. Zärtlich, aber dennoch bestimmt. Egal, wie sehr ich versuchte mich zu verbessern, so kam ich nicht darüber hinweg, ihre Gestalt als mein Eigentum anzusehen.

„Was hältst du von einem ersten Date?“

Das Knistern in der Luft war unerträglich und so entkam Melodie lediglich ein Nicken. Ihre Pupillen waren geweitet und ihre Haut erhitzt.

„Ich würde dem ganzen jedoch gerne eine körperliche Note erteilen.“

Wieder einmal war es lediglich ihr schönes Gesicht, dass mir zusprach, meine Gedanken vorzutragen.

„Eine Frage, ein Kuss.“

Hitze stieß in ihre Wangen, bei dem Gedanken an damals. Wieder ein Nicken, als Zeichen zu beginnen.

„Woran denkst du gerade?“

Ihre Frage war simpel, doch meine Antwort ebenfalls. Ich lehnte mich hinab, legte meine Hand in ihren Nacken.

„Wie gerne ich dich gerade küssen würde.“

Meine Worte versiegten in einem Kuss und bei Gott ich würde dem Ganzen nicht lange standhalten. Sie löste sich, ich ließ meine Gedanken für einen kurzen Augenblick schweifen. Ich war so kurz davor, jegliche Selbstbeherrschung über Bord zu werfen.

„Sag mir Melodie …“

Meine Hand hatte sich an ihren Schopf geschmiegt.

„… welches Leben wünschst du dir?“

An ihrer Miene erkannte ich, wie sehr sie meine Offenbarung überraschte.

„Ich möchte eine Ärztin sein, fernab von alledem hier. Du, Luiz, meine Mutter und meine Schwester sollen ein Teil davon sein.“

Ich konnte mir nicht helfen, ihrem Traum zu verfallen. Es war auch mein Wunsch dem Ganzen zu entkommen, auch wenn ich nie wirklich daran glaubte. Doch mit Melodie an meiner Seite war das Glück zum Greifen nah. Jetzt war ich dran, meiner Bezahlung nachzugehen. Wie von allein drängte ich Melodie gegen die Wand, ihr Körper mir vollkommen ausgeliefert. Erst waren es ihre Lippen, denen ich mich hingab. Doch dabei blieb es nicht. Ich wollte alles von ihr. Jeden einzelnen Zentimeter. Gerade als uns jegliche Beherrschung abhanden ging, riss uns ein dumpfes Geräusch auseinander.

„Was war das?“

„Ich weiß es nicht.“

Wir hielten Ausschau nach Luiz, doch der war nirgends zu sehen. Ich wünschte, ich könnte mir einreden, dass es eine Einbildung war, doch dem war nicht so.

„Ich glaube, es kam von außerhalb“ setzte Melodie hinzu. Eilig zog ich meine Waffe. Es war ein Weckruf aus der Welt, die ich glaubte, wir könnten sie führen.

„Bleib hinter mir“, schrie ich die Brünette an, die gerade die Tür öffnen wollte. Ängstlich klammerte sie sich an meinen Rücken, während ich langsam die Tür öffnete. Druck würde ausgeübt. Ein lebloser Mann stürzte hinein, in seinem Rücken ein Messer. Melodie konnte nicht anders, als vor Schreck zu schreien, während ich bestürzt zischte. Der Mann war einer, den mein Vater geschickt hatte, um uns zu versorgen. Es war, als würde uns das Glück der letzten Tage schließlich doch zum Verhängnis werden. Eilig suchte ich den leblosen Körper ab, in der Befürchtung einen Peilsender zu finden.

„Ist er tod?“, fragte Melodie ehrfürchtig. Ich nickte lediglich, noch immer mit der Suche beschäftigt. Wenn sie wussten, wo wir waren, dann hatte unser letztes Stündlein geschlagen. Melodies Hand fuhr zu dem Messer, das dem Mann im Rücken streckte. Lieblos zog sie es heraus und so löste sich das Bild, welches ich zuvor nicht mal wahrgenommen hatte. Ihre Haut wurde ganz fahl und als ich mich erhob, um den Grund dafür zu erfahren, verstand ich auch warum. Es zeigte ein aktuelles Bild von ihrer Mutter und ihrer Schwester, beide gefesselt und geknebelt. Ihre zitternde Hand fuhr zu ihrem Mund, als wäre sie kurz davor, einen Schrei auszustoßen.

„Das ist meine Schuld“, murmelte sie immer wieder. Ich legte meinen Arm um sie, in der Hoffnung ihren bebenden Körper zu beruhigen.

„Mama? Ich habe dich schreien gehört.“

Das hatte gerade noch gefehlt. Luiz war die Hälfte der Treppe hinabgestiegen und als wir uns umdrehten, bekam der kleine Junge auch den leblosen Mann zu sehen. Die Frau an meiner Seite presste ihren Kiefer aufeinander, drückte mir das Bild in die Hände und trat dem kleinen Jungen entgegen, der, wie erstarrt, das Erscheinungsbild in Betracht nahm. Ja, seine erste Leiche zu sehen, war kein besonders angenehmes Erlebnis. Jetzt begutachtete ich das Bild in meinen Händen und war gleichauf froh, dass Luiz gekommen war, denn die Schrift auf der Rückseite hätte der Dunkelhaarigen wahrscheinlich den Rest gegeben. Ihre Familie war Melodies Schwachstelle und was auch immer Melodies Schwachstelle war, die war auch meine. Das haben sich Tony und ihr Vater nun zu Gebrauch gemacht. Innerhalb der nächsten drei Tage sollen wir zu ihnen kommen, andernfalls wird ihre Familie sterben.

MatheusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt