Gamdor sollte hingerichtet werden? Wieder wusste Háwena nicht was sie fühlen sollte. So viele Emotionen stürzten auf sie ein. Einerseits war sie erleichtert darüber, dass er bald nicht mehr da sein würde, ihr nie mehr zu nahe kommen würde. Andererseits war sie betrübt darüber, dass ein so begnadeter Krieger den Tod durch seinesgleichen erfahren sollte. Hatte er so ein Ende wirklich verdient?

Éomer, welcher ihren inneren Konflikt erkannte, legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter, um die Schildmaid nicht zu erschrecken.

„Es ist die der Einzige Weg, dich in Sicherheit zu wissen. Glaube mir, ihn für den Rest seines Lebens in eine Zelle zu sperren, wäre für ihn noch Grausamer, als der Tod. Eine Verbannung kommt nicht in Frage, denn er wird seinen Groll nicht ablegen. Er wird einen Weg finden dir zu schaden. Das haben auch die Krieger erkannt. Sie haben ihre Wahl getroffen und so wird es geschehen." Bedrückt gab Háwena ihm mit einem nicken zu verstehen, dass sie verstanden hatte und senkte den Kopf. Gamdor hatte sie noch nie gemocht. Auch sie hatte seine Person nicht gemocht. Doch hatte sie ihn immer mit Respekt behandelt und sein Können als Krieger immer geschätzt.

„Es wäre gut, wenn du heute Mittag dabei sein würdest. Doch könnte ich es auch verstehen, wenn du dem Schauspiel lieber fern bleiben möchtest." drang Éomers stimme leise an ihr Ohr. Im stillen dankte sie dem baldigen König, dass er ihr die Wahl ließ, doch wusste Háwena, dass es nur einen Weg gab. Sie wusste, dass sie Anwesend sein musste. Sie musste mit eigenen Augen sehen, dass es vorbei war. Außerdem durfte sie dem Volk nicht zeigen, dass sie Angst hatte. Sie musste stark sein. Sie würde das schaffen. Denn Háwena wusste, dass sie nicht allein sein würde. Entschlossen sah sie Éomer in die Augen. „Ich werde dort sein."

Wieder einmal spielte die Zeit ihr perfides Spiel. Während die Schildmaid badete und somit die Spuren, der vergangenen Stunden von ihrem Körperwusch, schien es ihr, als würde die Zeit stehen bleiben. Mit zitternden Händen wusch sie sich und machte sich nach dem Bad zurecht. Als sie schließlich wieder in ihrem Gemach auf dem Bett saßund darauf wartete, dass sie abgeholt wurde, kam es ihr vor, als würden Sekunden zu Minuten und Minuten zu Stunden werden. Dabei wollte sie einfach nur, dass es vorbei war.

Als es dann plötzlich an die Tür klopfte, schreckte sie aus ihren Gedanken hoch. „Geht es dir gut? Bist du bereit?" wollte Alred wissen, nachdem er ihr Gemach betreten hatte. Mit ausdrucksloser Mine nickte die Schildmaid und erhob sich. Dankbar erfasste sie Alreds Arm, welcher er ihr darbot und schenkte ihm ein zaghaftes lächeln, welches ihre Augen jedoch nicht erreichte. Háwena war froh, dass der Krieger da war und sie etwas stützte. Er vermittelte ihr Sicherheit. Seit ihre Tarnung aufgeflogen war, war er für sie da und schützte sie, wofür sie ihm auf ewig dankbar sein würde. So auch heute. „Es ist bald vorbei." raunte er ihr leise zu, worauf sie wieder nickte.

In Gedanken versunken bemerkte sie gar nicht, wie sie die Gänge durchschritten und die goldenen Hallen verließen. Erst, als sie den Marktplatz Edoras' erreichten, hob sie ihren Blick und sah sich um. Der Platz war wahrlich überfüllt. Menschen aus ganz Edoras mussten sich hier eingefunden haben. Sogar in den Fenster der nahegelegenen Häusern, ebenso auf den Mauern konnte sie Menschen erkennen.  Auch die Gefährten konnte sie neben sich erkennen, während Éomer ein Stück vor ihr Stand. Gamdor währenddessen, stand auf einer freien Fläche auf dem Marktplatz. Seine Hände waren auf dem Rückengefesselt, vier Krieger standen bei ihm, damit er nicht floh.

„Ihr Menschen von Rohan. Auch, wenn viele bereits wissen, warum wir uns heute hier eingefunden haben, so will ich euch trotzdem berichten, was sich zugetragen hat." Begann Éomer zu sprechen. Und tatsächlich erzählte er den Menschen, was genau vorgefallen war. Er berichtete, was Gamdor ihr angetan hatte und was er sicherlich nochgetan hätte, wenn ihr niemand zu Hilfe gekommen wäre. Ebenso sagte er, dass nicht er das Urteil gefällt hatte, sondern seine Krieger es waren, nachdem sich diese beraten hatten. Schließlich trat er zu Gamdor und richtete das Wort an diesen. Noch immer so laut, dass ihn die Menschen hören konnten. „Gamdor, Krieger Rohans. Stets warst du dem König treu ergeben und hast stets treu an meiner Seite gekämpft. Darum will ich dich erneut fragen. Bereust du deine Tat?" Nur wenige Sekunden vergingen, als auch schon Gamdors Antwort erklang: „Ja, ich bereue es." Sprach der Krieger laut. Doch nach einer kurzen Pause Sprach er erneut. „Ich bereue es in der Tat. Ich bereue, dass ich es nicht zu Ende bringen konnte! Ich bereue es, dass ich das Weib nicht unter mir habe quieken hören. Ich bereue es, dass sie noch immer lebt!" schrie der Krieger voller Verachtung. Da wurden Stimmen aus der Menge laut. Sie schrien und beschimpften den Krieger. Worte wie 'Bastard' und 'Verräter', drangen an das Ohr der Schildmaid. Erst, als Éomer seine Hand hob, beruhigte sich die Menge wieder.

„Ich bedauere deine Worte und wünschte, es wären andere gewesen. Doch du hast dich entschieden. Und somit habe ich keine andere Wahl, als das Urteil zu verkünden." Noch einmal sah er den Krieger an. Wut und Bedauern war in Éomers Augen zu erkennen.

„Gamdor, Gamlings Sohn. Die Krieger haben sich beraten und sie haben entschieden. Nun sollen du und die Bewohner Edoras erfahren, welches Urteil dich ereilt. Sie entschieden sich für: deinen Tod!"

Gamdor, welcher mit diesem Urteil wohl nicht gerechnet hatte, wurde Kreideweiß im Gesicht und seine Augen weiteten sich. „NEIN!" schrie er, und versuchte sich loszureißen. Doch die vier Krieger hielten ihn an Ort und Stelle.

Durch Háwenas Körper ging ein leichtes zittern. Trotz allem bedauerte auch sie es, dass der Krieger nun sein Leben lassen würde. Auf ein Zeichen von Éomer, zwangen die Krieger den verurteilten Gamdor auf die Knie. Noch immer schrie er und versuchte sich zu befreien, doch war es zwecklos. Auf ein weiteren Zeichen wurde ein Holzblock auf den Platz gerollt.

Die Schildmaid war froh darüber, dass Alred an ihrer Seite war und sie stützte. Denn sie fürchtete, dass ihr ohne seinen Halt die Beine versagen würden.

Langsamschritt Éomer auf Gamdor zu. „Hast du noch irgendwelche letzten Worte, ehe dich das Schicksal ereilt?" wollte Éomer wissen. Doch Gamdor spukte dem baldigen König nur vor die Füße. Wieder gab dieser ein Zeichen, woraufhin Gamdors Oberkörper auf den Holzblock gedrückt wurde. Langsam zog Éomer sein Schwert aus der Scheide und hielt es hoch über seinen Kopf. „Möge Eru dir gnädig sein und dir deine Tat verzeihen. Denn wir werden es nicht." Nach diesen Worten schwang Éomer sein Schwert. Es war, als zerteilte die scharfe Klinge mit einem zischen die Luft, ehe es schließlich Gamdors Kopf vom Körper des Kriegers trennte. Mit einem dumpfen Geräusch, fiel der Kopf des Kriegers auf die Erde. Während die Menge jubelte ,zuckte Háwena leicht zusammen und grub ihre Finger tiefer in Alreds Arm. Der Krieger war tot. Es war vorbei.

Wie das Leben so spielt - Herr der Ringe - Éomer ffOù les histoires vivent. Découvrez maintenant